Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.der Wahrheit kein Plätzgen über, um für sich eine Ganz unser wird die Wahrheit nicht 2) ohne Es lässt sich aber diese wichtige Lehre "von der
der Wahrheit kein Plätzgen über, um für ſich eine Ganz unſer wird die Wahrheit nicht 2) ohne Es läſst ſich aber dieſe wichtige Lehre „von der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0036" n="22"/> der Wahrheit kein Plätzgen über, um für ſich eine<lb/> Hütte zu bauen. <hi rendition="#i">Wie könnt ihr glauben, da ihr Ehre<lb/> von einander nehmet?</hi> (Joh. V. 44.) Wenn wir die<lb/> Wahrheit nicht <hi rendition="#i">von ganzem Herzen</hi> lieben, ſo lieben<lb/> wir etwas anders von ganzem Herzen. Iſt dieſes<lb/> Andere — Gott: ſo lieben wir eben darum die<lb/> Wahrheit von ganzem Herzen, weil ſie ein <hi rendition="#i">Stral</hi> aus<lb/> dem Lichte iſt, das <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Gott</hi></hi> heiſst. Iſt dieſes Andere —<lb/> nicht Gott: ſo wird dieſs Andere von ganzem Herzen<lb/> geliebt — die Liebe Gottes und der Wahrheit als eine<lb/><hi rendition="#i">feindſelige Neigung</hi>, im Herzen nicht recht aufkommen<lb/> laſſen. Das <hi rendition="#i">erſte Gebot</hi> (Matth. XXII. 37.) iſt alſo auch<lb/> in Abſicht auf die Wahrheit das erſte Gebot: und was<lb/> Jeſus von der Liebe Gottes ſagt, das gilt auch von der<lb/> Wahrheitsliebe. Denn wer die Wahrheit nicht über<lb/> alles liebt, der <hi rendition="#i">ſucht</hi> und <hi rendition="#i">findet</hi> ſie nicht, <hi rendition="#i">verſteht</hi> ſie<lb/> nicht, <hi rendition="#i">behält</hi> ſie nicht — ſie wird <hi rendition="#i">nicht ſein</hi>.</p><lb/> <p><hi rendition="#i">Ganz unſer wird die Wahrheit nicht</hi> 2) <hi rendition="#i">ohne<lb/> Selbſtverläugnung</hi> und <hi rendition="#i">ohne fortſchreitende Reinigung<lb/> des Herzens von Eigenliebe</hi> aller Art und beſonders von<lb/><hi rendition="#i">Eitelkeit</hi>. Denn wir können die Wahrheit <hi rendition="#i">nicht von<lb/> ganzem Herzen</hi> lieben, ohne alles zu haſſen und zu<lb/> unterdrücken, was ihr widerſtreitet. Und die <hi rendition="#i">Eigen-<lb/> liebe</hi> und beſonders die <hi rendition="#i">Eitelkeit</hi> widerſtreitet ihr auf<lb/> mancherley Weiſe. Alſo iſt der Muth, die Eigenliebe<lb/> zu verläugnen, eines mit dem Muth, die Wahrheit<lb/> über alles zu lieben.</p><lb/> <p>Es läſst ſich aber dieſe wichtige Lehre „von<lb/> der Unentbehrlichkeit der Selbſtverläugnung, um mit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0036]
der Wahrheit kein Plätzgen über, um für ſich eine
Hütte zu bauen. Wie könnt ihr glauben, da ihr Ehre
von einander nehmet? (Joh. V. 44.) Wenn wir die
Wahrheit nicht von ganzem Herzen lieben, ſo lieben
wir etwas anders von ganzem Herzen. Iſt dieſes
Andere — Gott: ſo lieben wir eben darum die
Wahrheit von ganzem Herzen, weil ſie ein Stral aus
dem Lichte iſt, das Gott heiſst. Iſt dieſes Andere —
nicht Gott: ſo wird dieſs Andere von ganzem Herzen
geliebt — die Liebe Gottes und der Wahrheit als eine
feindſelige Neigung, im Herzen nicht recht aufkommen
laſſen. Das erſte Gebot (Matth. XXII. 37.) iſt alſo auch
in Abſicht auf die Wahrheit das erſte Gebot: und was
Jeſus von der Liebe Gottes ſagt, das gilt auch von der
Wahrheitsliebe. Denn wer die Wahrheit nicht über
alles liebt, der ſucht und findet ſie nicht, verſteht ſie
nicht, behält ſie nicht — ſie wird nicht ſein.
Ganz unſer wird die Wahrheit nicht 2) ohne
Selbſtverläugnung und ohne fortſchreitende Reinigung
des Herzens von Eigenliebe aller Art und beſonders von
Eitelkeit. Denn wir können die Wahrheit nicht von
ganzem Herzen lieben, ohne alles zu haſſen und zu
unterdrücken, was ihr widerſtreitet. Und die Eigen-
liebe und beſonders die Eitelkeit widerſtreitet ihr auf
mancherley Weiſe. Alſo iſt der Muth, die Eigenliebe
zu verläugnen, eines mit dem Muth, die Wahrheit
über alles zu lieben.
Es läſst ſich aber dieſe wichtige Lehre „von
der Unentbehrlichkeit der Selbſtverläugnung, um mit
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |