Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.chen -- diese Seele der apostolischen Predigten, auf Der allerschädlichste Fehler des Predigers Die Liebe hoffet das Bessere und glaubt das Ein schädlicher Fehler ist es 4) die verdorbenen krum-
chen — dieſe Seele der apoſtoliſchen Predigten, auf Der allerſchädlichſte Fehler des Predigers Die Liebe hoffet das Beſſere und glaubt das Ein ſchädlicher Fehler iſt es 4) die verdorbenen krum-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0130" n="116"/> chen — dieſe Seele der apoſtoliſchen Predigten, auf<lb/> unſre Kanzeln wiederbringen werden? Unverſtänd-<lb/> liche, ältere Scholaſtik hat lange genug geherrſcht: ſie<lb/> wird doch nicht durch eine neuere, eben ſo unver-<lb/> ſtändliche Spekulation wieder von den Todten erweckt<lb/> werden? Sollte wohl der Prediger vergeſſen können,<lb/> daſs eine Predigt, die die Menſchen nicht zur <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Quelle<lb/> des Guten</hi></hi> treibt, unnütz, und eine unnütze Predigt<lb/> ſo wenig der Verantwortung entgehen werde, als ein<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">müſſiges Wort</hi>?</hi></p><lb/> <p>Der <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">allerſchädlichſte</hi></hi> Fehler des Predigers<lb/> wäre 3) wohl dieſer, wenn er zuerſt, theils durch<lb/> ſeine Leidenſchaften, theils durch die von denſelben<lb/> beſtochene Vernunft die <hi rendition="#i">natürliche Moral verderbte,<lb/> und denn mit dieſer ſelbſtverderbten natürlichen Moral<lb/> die chriſtliche Glaubens- und Sittenlehre verbeſſern und<lb/> durch dieſes ſein neuverbeſſertes Evangelium das <hi rendition="#g">alte<lb/> verdrängen wollte</hi></hi>.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Liebe</hi></hi> hoffet das Beſſere und glaubt das<lb/> Schlimmere nicht. Gott gebe, daſs ſie nie durch Er-<lb/> fahrung widerlegt werde!</p><lb/> <p>Ein <hi rendition="#i">ſchädlicher Fehler</hi> iſt es 4) die verdorbenen<lb/> Geſinnungen, Denkarten und Sitten ſeines Zeitalters<lb/> mit dem Evangelium ausgleichen, und den Frieden<lb/> zwiſchen dem Wort Gottes und der unbändigen Sinn-<lb/> lichkeit herſtellen wollen, <hi rendition="#i">ohne dieſer wehe zu thun</hi>.<lb/> Denn da ſich das Evangelium zum Genius des verdor-<lb/> benen Zeitalters verhält wie eine gerade Linie zu einer<lb/> <fw place="bottom" type="catch">krum-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0130]
chen — dieſe Seele der apoſtoliſchen Predigten, auf
unſre Kanzeln wiederbringen werden? Unverſtänd-
liche, ältere Scholaſtik hat lange genug geherrſcht: ſie
wird doch nicht durch eine neuere, eben ſo unver-
ſtändliche Spekulation wieder von den Todten erweckt
werden? Sollte wohl der Prediger vergeſſen können,
daſs eine Predigt, die die Menſchen nicht zur Quelle
des Guten treibt, unnütz, und eine unnütze Predigt
ſo wenig der Verantwortung entgehen werde, als ein
müſſiges Wort?
Der allerſchädlichſte Fehler des Predigers
wäre 3) wohl dieſer, wenn er zuerſt, theils durch
ſeine Leidenſchaften, theils durch die von denſelben
beſtochene Vernunft die natürliche Moral verderbte,
und denn mit dieſer ſelbſtverderbten natürlichen Moral
die chriſtliche Glaubens- und Sittenlehre verbeſſern und
durch dieſes ſein neuverbeſſertes Evangelium das alte
verdrängen wollte.
Die Liebe hoffet das Beſſere und glaubt das
Schlimmere nicht. Gott gebe, daſs ſie nie durch Er-
fahrung widerlegt werde!
Ein ſchädlicher Fehler iſt es 4) die verdorbenen
Geſinnungen, Denkarten und Sitten ſeines Zeitalters
mit dem Evangelium ausgleichen, und den Frieden
zwiſchen dem Wort Gottes und der unbändigen Sinn-
lichkeit herſtellen wollen, ohne dieſer wehe zu thun.
Denn da ſich das Evangelium zum Genius des verdor-
benen Zeitalters verhält wie eine gerade Linie zu einer
krum-
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