Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

heiten den Krieg angekündet haben, und die-
sen Krieg auch auf Kirchenkanzeln gerne fort-
gesetzt wissen möchten: oder die politische
Gährung des Zeitalters, das allemal die Pre-
diger mit in die bürgerlichen Händel verflicht,
und sie zu Beförderern seiner Absichten machen
will: oder die gemeinsame Schwachheit der
Menschen, die die treffende Wahrheit nicht hö-
ren mögen: oder die Trägheit und Gefühllosig-
keit des Predigers, die ohne alle Ueberlegung
und Vorbereitung ausspricht, was der Zufall
auf die Zunge legt.

VIII.

Wenn sich die christliche Moral durch ihr
Grundgesetz der Sittlichkeit, durch ihre Ange-
messenheit für alle Stuffen der Moralität und
Immoralität der Menschen, durch ihren Zu-
sammenhang mit der Religion, durch ihre Ein-
flüsse auf das dauerhafte Wohlseyn einzeler
Menschen, der Familien, der Kirche, der Län-
der auszeichnet: so wird es wohl ein schädli-
cher Fehler seyn, nicht das zur Summe aller
Gebote machen, was Jesus dazu machte, und
nicht die Hauptsache Hauptsache seyn lassen,
die Jesus dazu machte; nicht da Kraft suchen

lehren,

heiten den Krieg angekündet haben, und die-
ſen Krieg auch auf Kirchenkanzeln gerne fort-
geſetzt wiſſen möchten: oder die politiſche
Gährung des Zeitalters, das allemal die Pre-
diger mit in die bürgerlichen Händel verflicht,
und ſie zu Beförderern ſeiner Abſichten machen
will: oder die gemeinſame Schwachheit der
Menſchen, die die treffende Wahrheit nicht hö-
ren mögen: oder die Trägheit und Gefühlloſig-
keit des Predigers, die ohne alle Ueberlegung
und Vorbereitung ausſpricht, was der Zufall
auf die Zunge legt.

VIII.

Wenn ſich die chriſtliche Moral durch ihr
Grundgeſetz der Sittlichkeit, durch ihre Ange-
meſſenheit für alle Stuffen der Moralität und
Immoralität der Menſchen, durch ihren Zu-
ſammenhang mit der Religion, durch ihre Ein-
flüſſe auf das dauerhafte Wohlſeyn einzeler
Menſchen, der Familien, der Kirche, der Län-
der auszeichnet: ſo wird es wohl ein ſchädli-
cher Fehler ſeyn, nicht das zur Summe aller
Gebote machen, was Jeſus dazu machte, und
nicht die Hauptſache Hauptſache ſeyn laſſen,
die Jeſus dazu machte; nicht da Kraft ſuchen

lehren,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="111"/>
heiten den Krieg angekündet haben, und die-<lb/>
&#x017F;en Krieg auch auf Kirchenkanzeln gerne fort-<lb/>
ge&#x017F;etzt wi&#x017F;&#x017F;en möchten: oder die politi&#x017F;che<lb/>
Gährung des Zeitalters, das allemal die Pre-<lb/>
diger mit in die bürgerlichen Händel verflicht,<lb/>
und &#x017F;ie zu Beförderern &#x017F;einer Ab&#x017F;ichten machen<lb/>
will: oder die gemein&#x017F;ame Schwachheit der<lb/>
Men&#x017F;chen, die die treffende Wahrheit nicht hö-<lb/>
ren mögen: oder die Trägheit und Gefühllo&#x017F;ig-<lb/>
keit des Predigers, die ohne alle Ueberlegung<lb/>
und Vorbereitung aus&#x017F;pricht, was der Zufall<lb/>
auf die Zunge legt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>VIII.</head><lb/>
          <p>Wenn &#x017F;ich die chri&#x017F;tliche Moral durch ihr<lb/>
Grundge&#x017F;etz der Sittlichkeit, durch ihre Ange-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;enheit für alle Stuffen der Moralität und<lb/>
Immoralität der Men&#x017F;chen, durch ihren Zu-<lb/>
&#x017F;ammenhang mit der Religion, durch ihre Ein-<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;e auf das dauerhafte Wohl&#x017F;eyn einzeler<lb/>
Men&#x017F;chen, der Familien, der Kirche, der Län-<lb/>
der auszeichnet: &#x017F;o wird es wohl ein &#x017F;chädli-<lb/>
cher Fehler &#x017F;eyn, nicht das zur <hi rendition="#i">Summe</hi> aller<lb/>
Gebote machen, was Je&#x017F;us dazu machte, und<lb/>
nicht <hi rendition="#i">die</hi> Haupt&#x017F;ache Haupt&#x017F;ache &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die Je&#x017F;us dazu machte; nicht da <hi rendition="#i">Kraft</hi> &#x017F;uchen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lehren,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0125] heiten den Krieg angekündet haben, und die- ſen Krieg auch auf Kirchenkanzeln gerne fort- geſetzt wiſſen möchten: oder die politiſche Gährung des Zeitalters, das allemal die Pre- diger mit in die bürgerlichen Händel verflicht, und ſie zu Beförderern ſeiner Abſichten machen will: oder die gemeinſame Schwachheit der Menſchen, die die treffende Wahrheit nicht hö- ren mögen: oder die Trägheit und Gefühlloſig- keit des Predigers, die ohne alle Ueberlegung und Vorbereitung ausſpricht, was der Zufall auf die Zunge legt. VIII. Wenn ſich die chriſtliche Moral durch ihr Grundgeſetz der Sittlichkeit, durch ihre Ange- meſſenheit für alle Stuffen der Moralität und Immoralität der Menſchen, durch ihren Zu- ſammenhang mit der Religion, durch ihre Ein- flüſſe auf das dauerhafte Wohlſeyn einzeler Menſchen, der Familien, der Kirche, der Län- der auszeichnet: ſo wird es wohl ein ſchädli- cher Fehler ſeyn, nicht das zur Summe aller Gebote machen, was Jeſus dazu machte, und nicht die Hauptſache Hauptſache ſeyn laſſen, die Jeſus dazu machte; nicht da Kraft ſuchen lehren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/125
Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/125>, abgerufen am 18.04.2024.