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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Phytodynamik.
anderen wirksamen Theilen, bringe deßhalb mit sehr großer
Kraft in die Röhren und Zellen, wenn er durch die Sonne er-
wärmt wird.

2) Im Lauf des 18. Jahrhunderts mehrte sich nach und
nach die Zahl der phytodynamischen Erscheinungen, denen die
Physiologen mehr oder weniger Beachtung schenkten; auch wurden
wiederholt Versuche zur mechanischen Erklärung derselben gemacht,
die aber meist ganz ungenügend ausfielen, da man die ver-
schiedenartigsten Bewegungen confundirte, ihre Abhängigkeit von
äußeren Einflüssen nicht genau erkannte und von dem anatomi-
schen Bau der beweglichen Theile, bei dem gänzlichen Verfall
der Phytotomie in jener Zeit, nur höchst unklare Vorstellungen
hatte. Die wichtigste Rolle bei den Erklärungen spielte die
Feuchtigkeit und Wärme, deren Wirkungsweise jedoch immer nur
in ganz allgemeinen Ausdrücken angedeutet wurde; man sprach
von den mechanischen Vorgängen in der Pflanze ungefähr so,
wie Jemand, der nur ganz unbestimmte Vorstellungen von den
Eigenschaften des Dampfes und dem inneren Bau einer Dampf-
maschine besitzt, über die Bewegungen derselben reden würde.
Es kam der Mehrzahl der Schriftsteller, dem Zeitgeist entsprechend,
offenbar mehr darauf an, im Allgemeinen nur zu bekennen, daß
sie die Lebenserscheinungen der Pflanzen nicht auf ein unbe-
kanntes Seelenprincip, sondern auf mechanisch- physikalische Ur-
sachen zurückführen wollten, ohne jedoch den Erscheinungen die-
jenige Anstrengung des Verstandes zu widmen, welche gerade
auf diesem Gebiet ganz allein zu theoretischen Ergebnissen führen
kann.

Daß Linne, der 1751 die periodischen Bewegungen der
Blüthen, 1755 die der Laubblätter zum Gegenstand seiner Be-
trachtung machte, sich auf eine mechanische Erklärung derselben
nicht weiter einließ, lag ganz in seiner Art; er begnügte sich, die
Aeußerlichkeiten dieser Erscheinungen an zahlreichen Pflanzenarten
zu konstatiren, sie zu classificiren und die periodischen Bewegungen
mit einem neuen Namen zu belegen, indem er die nächtlichen
Stellungen als Pflanzenschlaf bezeichnete; diesen Ausdruck nahm

Geſchichte der Phytodynamik.
anderen wirkſamen Theilen, bringe deßhalb mit ſehr großer
Kraft in die Röhren und Zellen, wenn er durch die Sonne er-
wärmt wird.

2) Im Lauf des 18. Jahrhunderts mehrte ſich nach und
nach die Zahl der phytodynamiſchen Erſcheinungen, denen die
Phyſiologen mehr oder weniger Beachtung ſchenkten; auch wurden
wiederholt Verſuche zur mechaniſchen Erklärung derſelben gemacht,
die aber meiſt ganz ungenügend ausfielen, da man die ver-
ſchiedenartigſten Bewegungen confundirte, ihre Abhängigkeit von
äußeren Einflüſſen nicht genau erkannte und von dem anatomi-
ſchen Bau der beweglichen Theile, bei dem gänzlichen Verfall
der Phytotomie in jener Zeit, nur höchſt unklare Vorſtellungen
hatte. Die wichtigſte Rolle bei den Erklärungen ſpielte die
Feuchtigkeit und Wärme, deren Wirkungsweiſe jedoch immer nur
in ganz allgemeinen Ausdrücken angedeutet wurde; man ſprach
von den mechaniſchen Vorgängen in der Pflanze ungefähr ſo,
wie Jemand, der nur ganz unbeſtimmte Vorſtellungen von den
Eigenſchaften des Dampfes und dem inneren Bau einer Dampf-
maſchine beſitzt, über die Bewegungen derſelben reden würde.
Es kam der Mehrzahl der Schriftſteller, dem Zeitgeiſt entſprechend,
offenbar mehr darauf an, im Allgemeinen nur zu bekennen, daß
ſie die Lebenserſcheinungen der Pflanzen nicht auf ein unbe-
kanntes Seelenprincip, ſondern auf mechaniſch- phyſikaliſche Ur-
ſachen zurückführen wollten, ohne jedoch den Erſcheinungen die-
jenige Anſtrengung des Verſtandes zu widmen, welche gerade
auf dieſem Gebiet ganz allein zu theoretiſchen Ergebniſſen führen
kann.

Daß Linné, der 1751 die periodiſchen Bewegungen der
Blüthen, 1755 die der Laubblätter zum Gegenſtand ſeiner Be-
trachtung machte, ſich auf eine mechaniſche Erklärung derſelben
nicht weiter einließ, lag ganz in ſeiner Art; er begnügte ſich, die
Aeußerlichkeiten dieſer Erſcheinungen an zahlreichen Pflanzenarten
zu konſtatiren, ſie zu claſſificiren und die periodiſchen Bewegungen
mit einem neuen Namen zu belegen, indem er die nächtlichen
Stellungen als Pflanzenſchlaf bezeichnete; dieſen Ausdruck nahm

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[584/0596] Geſchichte der Phytodynamik. anderen wirkſamen Theilen, bringe deßhalb mit ſehr großer Kraft in die Röhren und Zellen, wenn er durch die Sonne er- wärmt wird. 2) Im Lauf des 18. Jahrhunderts mehrte ſich nach und nach die Zahl der phytodynamiſchen Erſcheinungen, denen die Phyſiologen mehr oder weniger Beachtung ſchenkten; auch wurden wiederholt Verſuche zur mechaniſchen Erklärung derſelben gemacht, die aber meiſt ganz ungenügend ausfielen, da man die ver- ſchiedenartigſten Bewegungen confundirte, ihre Abhängigkeit von äußeren Einflüſſen nicht genau erkannte und von dem anatomi- ſchen Bau der beweglichen Theile, bei dem gänzlichen Verfall der Phytotomie in jener Zeit, nur höchſt unklare Vorſtellungen hatte. Die wichtigſte Rolle bei den Erklärungen ſpielte die Feuchtigkeit und Wärme, deren Wirkungsweiſe jedoch immer nur in ganz allgemeinen Ausdrücken angedeutet wurde; man ſprach von den mechaniſchen Vorgängen in der Pflanze ungefähr ſo, wie Jemand, der nur ganz unbeſtimmte Vorſtellungen von den Eigenſchaften des Dampfes und dem inneren Bau einer Dampf- maſchine beſitzt, über die Bewegungen derſelben reden würde. Es kam der Mehrzahl der Schriftſteller, dem Zeitgeiſt entſprechend, offenbar mehr darauf an, im Allgemeinen nur zu bekennen, daß ſie die Lebenserſcheinungen der Pflanzen nicht auf ein unbe- kanntes Seelenprincip, ſondern auf mechaniſch- phyſikaliſche Ur- ſachen zurückführen wollten, ohne jedoch den Erſcheinungen die- jenige Anſtrengung des Verſtandes zu widmen, welche gerade auf dieſem Gebiet ganz allein zu theoretiſchen Ergebniſſen führen kann. Daß Linné, der 1751 die periodiſchen Bewegungen der Blüthen, 1755 die der Laubblätter zum Gegenſtand ſeiner Be- trachtung machte, ſich auf eine mechaniſche Erklärung derſelben nicht weiter einließ, lag ganz in ſeiner Art; er begnügte ſich, die Aeußerlichkeiten dieſer Erſcheinungen an zahlreichen Pflanzenarten zu konſtatiren, ſie zu claſſificiren und die periodiſchen Bewegungen mit einem neuen Namen zu belegen, indem er die nächtlichen Stellungen als Pflanzenſchlaf bezeichnete; dieſen Ausdruck nahm

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/596>, abgerufen am 22.11.2024.