Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen dessen hier zu erwähnende Dissertation: De vasis plantarumspiralibus 1758 sich übrigens durch sorgfältige Literaturangaben und eigene phytotomische Untersuchungen vor ähnlichen Producten jener Zeit vortheilhaft auszeichnet. Die von Malpighi, Nieu- wentyd, Wolff, Thümmig, Hales beigebrachten Beweise für den Luftgehalt der Holzgefäße fand Reichel ungenügend. In abgeschnittenen, mit der Schnittfläche in das rothe Dekokt des Fernambukholzes eingestellten Zweigen holziger und krautiger Pflanzen fand er ganz richtig, daß die rothe Färbung sich in allen Gefäßbündeln, auch in denen der Blüthen und Früchte ver- breitete. Bei der mikroskopischen Beobachtung aber fand er die rothe Flüssigkeit zum Theil auch in den Hohlräumen der Gefäße, woraus er voreilig folgerte, daß dieselben auch im natürlichen Zustand nicht Luft, sondern Saft führen. Seine Beschreibung und Abbildung zeigt jedoch, daß nur einige Gefäße und diese nur zum Theil mit der rothen Flüssigkeit sich gefüllt hatten. Reichel ließ dabei ebenso wie seine zahlreichen Nachbeter die Frage außer Acht, ob denn die Gefäße vor dem Versuch mit Luft oder Flüssigkeit gefüllt waren, ob denn dasselbe Resultat auch dann eintreten würde, wenn Pflanzen mit ganz unverletzten, lebendigen Wurzeln die farbige Flüssigkeit aufnehmen, wenn also keine durchschnittenen Gefäße mit der letzteren in Berührung kommen. Nichts hinderte schon damals, die einfache Ueberlegung zu machen, daß die Gefäße eines durchschnittenen, in Flüssigkeit gestellten Zweiges, gerade dann wie enge Glasröhrchen capillar wirken müssen, wenn sie im natürlichen Zustand mit Luft erfüllt sind, und daß bei dem Versuch die Transspiration der Blätter das Aufsteigen des rothen Saftes in den Hohlräumen der Ge- fäße begünstigen müsse, wie schon aus anderen und besseren Versuchen von Hales zu schließen war. Allein diese einfache Ueberlegung wurde nicht gemacht, vielmehr das Versuchsergebniß ganz gedankenlos hingenommen, und dem wohlbegründeten Ur- theil Malpighi's und Grew's, daß die Gefäße Luft führen, die ganz unbegründete Behauptung entgegengestellt, daß sie im natürlichen Zustand saftleitende Organe seien; so war auf Grund Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen deſſen hier zu erwähnende Diſſertation: De vasis plantarumspiralibus 1758 ſich übrigens durch ſorgfältige Literaturangaben und eigene phytotomiſche Unterſuchungen vor ähnlichen Producten jener Zeit vortheilhaft auszeichnet. Die von Malpighi, Nieu- wentyd, Wolff, Thümmig, Hales beigebrachten Beweiſe für den Luftgehalt der Holzgefäße fand Reichel ungenügend. In abgeſchnittenen, mit der Schnittfläche in das rothe Dekokt des Fernambukholzes eingeſtellten Zweigen holziger und krautiger Pflanzen fand er ganz richtig, daß die rothe Färbung ſich in allen Gefäßbündeln, auch in denen der Blüthen und Früchte ver- breitete. Bei der mikroſkopiſchen Beobachtung aber fand er die rothe Flüſſigkeit zum Theil auch in den Hohlräumen der Gefäße, woraus er voreilig folgerte, daß dieſelben auch im natürlichen Zuſtand nicht Luft, ſondern Saft führen. Seine Beſchreibung und Abbildung zeigt jedoch, daß nur einige Gefäße und dieſe nur zum Theil mit der rothen Flüſſigkeit ſich gefüllt hatten. Reichel ließ dabei ebenſo wie ſeine zahlreichen Nachbeter die Frage außer Acht, ob denn die Gefäße vor dem Verſuch mit Luft oder Flüſſigkeit gefüllt waren, ob denn dasſelbe Reſultat auch dann eintreten würde, wenn Pflanzen mit ganz unverletzten, lebendigen Wurzeln die farbige Flüſſigkeit aufnehmen, wenn alſo keine durchſchnittenen Gefäße mit der letzteren in Berührung kommen. Nichts hinderte ſchon damals, die einfache Ueberlegung zu machen, daß die Gefäße eines durchſchnittenen, in Flüſſigkeit geſtellten Zweiges, gerade dann wie enge Glasröhrchen capillar wirken müſſen, wenn ſie im natürlichen Zuſtand mit Luft erfüllt ſind, und daß bei dem Verſuch die Transſpiration der Blätter das Aufſteigen des rothen Saftes in den Hohlräumen der Ge- fäße begünſtigen müſſe, wie ſchon aus anderen und beſſeren Verſuchen von Hales zu ſchließen war. Allein dieſe einfache Ueberlegung wurde nicht gemacht, vielmehr das Verſuchsergebniß ganz gedankenlos hingenommen, und dem wohlbegründeten Ur- theil Malpighi's und Grew's, daß die Gefäße Luft führen, die ganz unbegründete Behauptung entgegengeſtellt, daß ſie im natürlichen Zuſtand ſaftleitende Organe ſeien; ſo war auf Grund <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0536" n="524"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen</fw><lb/> deſſen hier zu erwähnende Diſſertation: <hi rendition="#aq">De vasis plantarum<lb/> spiralibus</hi> 1758 ſich übrigens durch ſorgfältige Literaturangaben<lb/> und eigene phytotomiſche Unterſuchungen vor ähnlichen Producten<lb/> jener Zeit vortheilhaft auszeichnet. Die von Malpighi, Nieu-<lb/> wentyd, Wolff, Thümmig, <hi rendition="#g">Hales</hi> beigebrachten Beweiſe für<lb/> den Luftgehalt der Holzgefäße fand Reichel ungenügend. 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Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen
deſſen hier zu erwähnende Diſſertation: De vasis plantarum
spiralibus 1758 ſich übrigens durch ſorgfältige Literaturangaben
und eigene phytotomiſche Unterſuchungen vor ähnlichen Producten
jener Zeit vortheilhaft auszeichnet. Die von Malpighi, Nieu-
wentyd, Wolff, Thümmig, Hales beigebrachten Beweiſe für
den Luftgehalt der Holzgefäße fand Reichel ungenügend. In
abgeſchnittenen, mit der Schnittfläche in das rothe Dekokt des
Fernambukholzes eingeſtellten Zweigen holziger und krautiger
Pflanzen fand er ganz richtig, daß die rothe Färbung ſich in
allen Gefäßbündeln, auch in denen der Blüthen und Früchte ver-
breitete. Bei der mikroſkopiſchen Beobachtung aber fand er die
rothe Flüſſigkeit zum Theil auch in den Hohlräumen der Gefäße,
woraus er voreilig folgerte, daß dieſelben auch im natürlichen
Zuſtand nicht Luft, ſondern Saft führen. Seine Beſchreibung
und Abbildung zeigt jedoch, daß nur einige Gefäße und dieſe
nur zum Theil mit der rothen Flüſſigkeit ſich gefüllt hatten.
Reichel ließ dabei ebenſo wie ſeine zahlreichen Nachbeter die
Frage außer Acht, ob denn die Gefäße vor dem Verſuch mit
Luft oder Flüſſigkeit gefüllt waren, ob denn dasſelbe Reſultat
auch dann eintreten würde, wenn Pflanzen mit ganz unverletzten,
lebendigen Wurzeln die farbige Flüſſigkeit aufnehmen, wenn alſo
keine durchſchnittenen Gefäße mit der letzteren in Berührung
kommen. Nichts hinderte ſchon damals, die einfache Ueberlegung
zu machen, daß die Gefäße eines durchſchnittenen, in Flüſſigkeit
geſtellten Zweiges, gerade dann wie enge Glasröhrchen capillar
wirken müſſen, wenn ſie im natürlichen Zuſtand mit Luft erfüllt
ſind, und daß bei dem Verſuch die Transſpiration der Blätter
das Aufſteigen des rothen Saftes in den Hohlräumen der Ge-
fäße begünſtigen müſſe, wie ſchon aus anderen und beſſeren
Verſuchen von Hales zu ſchließen war. Allein dieſe einfache
Ueberlegung wurde nicht gemacht, vielmehr das Verſuchsergebniß
ganz gedankenlos hingenommen, und dem wohlbegründeten Ur-
theil Malpighi's und Grew's, daß die Gefäße Luft führen,
die ganz unbegründete Behauptung entgegengeſtellt, daß ſie im
natürlichen Zuſtand ſaftleitende Organe ſeien; ſo war auf Grund
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