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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Sexualtheorie.

Diese Thatsachen waren höchst bedeutsam, aber anzufangen
war mit ihnen nicht viel, da man, abgesehen von den Moosen,
das weibliche Organ der betreffenden Pflanzen nicht kannte
und einstweilen nur aus der Aehnlichkeit der vegetabilischen
Spermatozoiden mit denen der Thiere errathen konnte, daß
sie möglicherweise die sexuelle Bedeutung der letzteren haben
könnten.

Da kam plötzlich Licht in die Sache, als 1848 der Graf
Lesczyc-Suminsky an dem vermeintlichen Cotyledon der
Farnkräuter (dem Prothallium) außer den Antheridien noch eigen-
thümliche Organe entdeckte, in deren Innerem der Embryo oder
das junge Farnkraut entsteht. Waren auch die Angaben über
Entwicklung und Bau dieser weiblichen Organe, sowie die des
Embryos in sehr wesentlichen Puncten unrichtig, so war doch
der Weg gewiesen, wo die Befruchtung durch die Spermatozoiden
zu vermuthen sei und da man bereits durch Vaucher's und
Bischoff's frühere Arbeiten die Keimungsgeschichte der übrigen
Gefäßkryptogamen einigermaßen kannte, so eröffnete sich nun
auch ein Weg, die Befruchtungsorgane derselben da zu suchen,
wo sie wirklich zu finden sind. Dabei war allerdings zuerst eine
von Schleiden aufgestellte unrichtige Ansicht über die Bedeutung
der kleinen Sporen der Rhizokarpeen zu beseitigen, was zum
Theil schon durch Nägeli's genannte Entdeckung und gleich-
zeitig durch Untersuchungen von Mettenius geschah. Da gab
1849 Hofmeister eine zusammenhängende Beschreibung der Keim-
ung von Pilularia und Salvinia, in welcher die für den Sexual-
act entscheidenden Momente klar gelegt, zumal die Bedeutung
der Spermatozoiden für die Befruchtung der Eizellen im Archi-
gonium nachgewiesen wurde. Dasselbe that Hofmeister gleich-
zeitig bei einer von den Rhizokarpeen und Farnen weit verschie-
denen Gattung (Selaginella), wo ebenfalls die Spermatozoiden
aus kleineren Sporen sich entwickeln, um die in dem Prothallium
der großen Sporen entstandenen Archegonien zu befruchten. In-
dem Hofmeister die Keimungsvorgänge dieser Pflanzen mit denen
der Farne und Moose verglich, wurde vor Allem ein ganz neues

Geſchichte der Sexualtheorie.

Dieſe Thatſachen waren höchſt bedeutſam, aber anzufangen
war mit ihnen nicht viel, da man, abgeſehen von den Mooſen,
das weibliche Organ der betreffenden Pflanzen nicht kannte
und einſtweilen nur aus der Aehnlichkeit der vegetabiliſchen
Spermatozoiden mit denen der Thiere errathen konnte, daß
ſie möglicherweiſe die ſexuelle Bedeutung der letzteren haben
könnten.

Da kam plötzlich Licht in die Sache, als 1848 der Graf
Leſczyc-Suminsky an dem vermeintlichen Cotyledon der
Farnkräuter (dem Prothallium) außer den Antheridien noch eigen-
thümliche Organe entdeckte, in deren Innerem der Embryo oder
das junge Farnkraut entſteht. Waren auch die Angaben über
Entwicklung und Bau dieſer weiblichen Organe, ſowie die des
Embryos in ſehr weſentlichen Puncten unrichtig, ſo war doch
der Weg gewieſen, wo die Befruchtung durch die Spermatozoiden
zu vermuthen ſei und da man bereits durch Vaucher's und
Biſchoff's frühere Arbeiten die Keimungsgeſchichte der übrigen
Gefäßkryptogamen einigermaßen kannte, ſo eröffnete ſich nun
auch ein Weg, die Befruchtungsorgane derſelben da zu ſuchen,
wo ſie wirklich zu finden ſind. Dabei war allerdings zuerſt eine
von Schleiden aufgeſtellte unrichtige Anſicht über die Bedeutung
der kleinen Sporen der Rhizokarpeen zu beſeitigen, was zum
Theil ſchon durch Nägeli's genannte Entdeckung und gleich-
zeitig durch Unterſuchungen von Mettenius geſchah. Da gab
1849 Hofmeiſter eine zuſammenhängende Beſchreibung der Keim-
ung von Pilularia und Salvinia, in welcher die für den Sexual-
act entſcheidenden Momente klar gelegt, zumal die Bedeutung
der Spermatozoiden für die Befruchtung der Eizellen im Archi-
gonium nachgewieſen wurde. Dasſelbe that Hofmeiſter gleich-
zeitig bei einer von den Rhizokarpeen und Farnen weit verſchie-
denen Gattung (Selaginella), wo ebenfalls die Spermatozoiden
aus kleineren Sporen ſich entwickeln, um die in dem Prothallium
der großen Sporen entſtandenen Archegonien zu befruchten. In-
dem Hofmeiſter die Keimungsvorgänge dieſer Pflanzen mit denen
der Farne und Mooſe verglich, wurde vor Allem ein ganz neues

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[474/0486] Geſchichte der Sexualtheorie. Dieſe Thatſachen waren höchſt bedeutſam, aber anzufangen war mit ihnen nicht viel, da man, abgeſehen von den Mooſen, das weibliche Organ der betreffenden Pflanzen nicht kannte und einſtweilen nur aus der Aehnlichkeit der vegetabiliſchen Spermatozoiden mit denen der Thiere errathen konnte, daß ſie möglicherweiſe die ſexuelle Bedeutung der letzteren haben könnten. Da kam plötzlich Licht in die Sache, als 1848 der Graf Leſczyc-Suminsky an dem vermeintlichen Cotyledon der Farnkräuter (dem Prothallium) außer den Antheridien noch eigen- thümliche Organe entdeckte, in deren Innerem der Embryo oder das junge Farnkraut entſteht. Waren auch die Angaben über Entwicklung und Bau dieſer weiblichen Organe, ſowie die des Embryos in ſehr weſentlichen Puncten unrichtig, ſo war doch der Weg gewieſen, wo die Befruchtung durch die Spermatozoiden zu vermuthen ſei und da man bereits durch Vaucher's und Biſchoff's frühere Arbeiten die Keimungsgeſchichte der übrigen Gefäßkryptogamen einigermaßen kannte, ſo eröffnete ſich nun auch ein Weg, die Befruchtungsorgane derſelben da zu ſuchen, wo ſie wirklich zu finden ſind. Dabei war allerdings zuerſt eine von Schleiden aufgeſtellte unrichtige Anſicht über die Bedeutung der kleinen Sporen der Rhizokarpeen zu beſeitigen, was zum Theil ſchon durch Nägeli's genannte Entdeckung und gleich- zeitig durch Unterſuchungen von Mettenius geſchah. Da gab 1849 Hofmeiſter eine zuſammenhängende Beſchreibung der Keim- ung von Pilularia und Salvinia, in welcher die für den Sexual- act entſcheidenden Momente klar gelegt, zumal die Bedeutung der Spermatozoiden für die Befruchtung der Eizellen im Archi- gonium nachgewieſen wurde. Dasſelbe that Hofmeiſter gleich- zeitig bei einer von den Rhizokarpeen und Farnen weit verſchie- denen Gattung (Selaginella), wo ebenfalls die Spermatozoiden aus kleineren Sporen ſich entwickeln, um die in dem Prothallium der großen Sporen entſtandenen Archegonien zu befruchten. In- dem Hofmeiſter die Keimungsvorgänge dieſer Pflanzen mit denen der Farne und Mooſe verglich, wurde vor Allem ein ganz neues

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/486>, abgerufen am 22.11.2024.