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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Neue Gegner der Sexualität etc. etc.
würdigen, die Erscheinungen der Natur auf das Schema von
Ursache und Wirkung zurückzuführen. Wie einst Linne die
Sexualität der Pflanzen philosophisch mit ganz nebensächlicher
Beachtung des experimentellen Verfahrens geglaubt hatte, be-
weisen zu können, so fand sich jetzt in Schelver ein Naturphi-
losoph, welcher umgekehrt aus philosophischen Gründen die Un-
möglichkeit der Sexualität bei Pflanzen darthun wollte. Wie
Linne dieselbe aus dem Wesen oder Begriff der Pflanze folgerte,
so glaubte Schelver sie aus dem Wesen oder Begriff der Pflanze
negiren zu müssen; logisch genommen hatte der Eine soviel Recht,
wie der Andere, denn die Frage selbst konnte eben nicht auf
diesem Wege, sondern nur durch Experimente erledigt werden.
Indessen hielten es doch auch unsere Naturphilosophen für zweck-
mäßig, ihren Theorieen eine empirische Stütze zu geben und diese
fanden sie in den Experimenten Spallanzanis. 1) Dieser
hatte 1786 unter dem Titel Experiences pour servir a
l'histoire de la generation des animaux et des plantes

(Genf 1786) außer seinen Versuchen über die Befruchtung der
Thiere auch solche über die der Pflanzen publicirt, von denen
uns hier natürlich ausschließlich die letzteren interessiren, bei
deren Beschreibung aber eine sehr mangelhafte Literaturkenntniß
des Autors sich verräth, wie schon daraus hervorgeht, daß er
Caesalpin zu denen rechnet, welche die Sexualität der Pflanzen
angenommen hätten. Seine Versuche selbst zeugen von einer
sehr geringen Kenntniß der biologischen Voraussetzungen, nach
denen sich die Kultur der Versuchspflanzen zu richten hat, über-
haupt geringe botanische Einsicht, wie sie Dilettanten eigen zu

1) Lazaro Spallanzani, geboren 1799 zu Scandiano in Modena,
gest. zu Pavia 1799, wo er lange als Professor der Naturgeschichte wirkte.
Seine Untersuchungen betrafen die verschiedensten Fragen der Naturwissen-
schaften vorwiegend aber solche der Thierphysiologie, die er aber, wie es
scheint, mit derselben Hast bearbeitete, wie sie in seinen Versuchen über die
Sexualität der Pflanzen hervortritt. Ein längerer Artikel in der Biographie
universelle anc. et mod.
giebt ausführliche Nachricht über seine wissen-
schaftliche Thätigkeit.

Neue Gegner der Sexualität etc. etc.
würdigen, die Erſcheinungen der Natur auf das Schema von
Urſache und Wirkung zurückzuführen. Wie einſt Linné die
Sexualität der Pflanzen philoſophiſch mit ganz nebenſächlicher
Beachtung des experimentellen Verfahrens geglaubt hatte, be-
weiſen zu können, ſo fand ſich jetzt in Schelver ein Naturphi-
loſoph, welcher umgekehrt aus philoſophiſchen Gründen die Un-
möglichkeit der Sexualität bei Pflanzen darthun wollte. Wie
Linné dieſelbe aus dem Weſen oder Begriff der Pflanze folgerte,
ſo glaubte Schelver ſie aus dem Weſen oder Begriff der Pflanze
negiren zu müſſen; logiſch genommen hatte der Eine ſoviel Recht,
wie der Andere, denn die Frage ſelbſt konnte eben nicht auf
dieſem Wege, ſondern nur durch Experimente erledigt werden.
Indeſſen hielten es doch auch unſere Naturphiloſophen für zweck-
mäßig, ihren Theorieen eine empiriſche Stütze zu geben und dieſe
fanden ſie in den Experimenten Spallanzanis. 1) Dieſer
hatte 1786 unter dem Titel Experiences pour servir à
l'histoire de la génération des animaux et des plantes

(Genf 1786) außer ſeinen Verſuchen über die Befruchtung der
Thiere auch ſolche über die der Pflanzen publicirt, von denen
uns hier natürlich ausſchließlich die letzteren intereſſiren, bei
deren Beſchreibung aber eine ſehr mangelhafte Literaturkenntniß
des Autors ſich verräth, wie ſchon daraus hervorgeht, daß er
Caeſalpin zu denen rechnet, welche die Sexualität der Pflanzen
angenommen hätten. Seine Verſuche ſelbſt zeugen von einer
ſehr geringen Kenntniß der biologiſchen Vorausſetzungen, nach
denen ſich die Kultur der Verſuchspflanzen zu richten hat, über-
haupt geringe botaniſche Einſicht, wie ſie Dilettanten eigen zu

1) Lazaro Spallanzani, geboren 1799 zu Scandiano in Modena,
geſt. zu Pavia 1799, wo er lange als Profeſſor der Naturgeſchichte wirkte.
Seine Unterſuchungen betrafen die verſchiedenſten Fragen der Naturwiſſen-
ſchaften vorwiegend aber ſolche der Thierphyſiologie, die er aber, wie es
ſcheint, mit derſelben Haſt bearbeitete, wie ſie in ſeinen Verſuchen über die
Sexualität der Pflanzen hervortritt. Ein längerer Artikel in der Biographie
universelle anc. et mod.
giebt ausführliche Nachricht über ſeine wiſſen-
ſchaftliche Thätigkeit.
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[457/0469] Neue Gegner der Sexualität etc. etc. würdigen, die Erſcheinungen der Natur auf das Schema von Urſache und Wirkung zurückzuführen. Wie einſt Linné die Sexualität der Pflanzen philoſophiſch mit ganz nebenſächlicher Beachtung des experimentellen Verfahrens geglaubt hatte, be- weiſen zu können, ſo fand ſich jetzt in Schelver ein Naturphi- loſoph, welcher umgekehrt aus philoſophiſchen Gründen die Un- möglichkeit der Sexualität bei Pflanzen darthun wollte. Wie Linné dieſelbe aus dem Weſen oder Begriff der Pflanze folgerte, ſo glaubte Schelver ſie aus dem Weſen oder Begriff der Pflanze negiren zu müſſen; logiſch genommen hatte der Eine ſoviel Recht, wie der Andere, denn die Frage ſelbſt konnte eben nicht auf dieſem Wege, ſondern nur durch Experimente erledigt werden. Indeſſen hielten es doch auch unſere Naturphiloſophen für zweck- mäßig, ihren Theorieen eine empiriſche Stütze zu geben und dieſe fanden ſie in den Experimenten Spallanzanis. 1) Dieſer hatte 1786 unter dem Titel Experiences pour servir à l'histoire de la génération des animaux et des plantes (Genf 1786) außer ſeinen Verſuchen über die Befruchtung der Thiere auch ſolche über die der Pflanzen publicirt, von denen uns hier natürlich ausſchließlich die letzteren intereſſiren, bei deren Beſchreibung aber eine ſehr mangelhafte Literaturkenntniß des Autors ſich verräth, wie ſchon daraus hervorgeht, daß er Caeſalpin zu denen rechnet, welche die Sexualität der Pflanzen angenommen hätten. Seine Verſuche ſelbſt zeugen von einer ſehr geringen Kenntniß der biologiſchen Vorausſetzungen, nach denen ſich die Kultur der Verſuchspflanzen zu richten hat, über- haupt geringe botaniſche Einſicht, wie ſie Dilettanten eigen zu 1) Lazaro Spallanzani, geboren 1799 zu Scandiano in Modena, geſt. zu Pavia 1799, wo er lange als Profeſſor der Naturgeſchichte wirkte. Seine Unterſuchungen betrafen die verſchiedenſten Fragen der Naturwiſſen- ſchaften vorwiegend aber ſolche der Thierphyſiologie, die er aber, wie es ſcheint, mit derſelben Haſt bearbeitete, wie ſie in ſeinen Verſuchen über die Sexualität der Pflanzen hervortritt. Ein längerer Artikel in der Biographie universelle anc. et mod. giebt ausführliche Nachricht über ſeine wiſſen- ſchaftliche Thätigkeit.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/469>, abgerufen am 22.11.2024.