Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner. Betracht kommenden Schriftsteller sind diejenigen, welche dieFrage ohne eigene Beobachtungen und Experimente glaubten be- handeln zu können, und aus allgemeinen Gründen das von den Beobachtern Festgestellte entweder einfach acceptirten wie Leib- nitz, Burckhard und Vaillant, oder aus philosophischen Gründen von Neuem zu beweisen suchten, wie Linne und seine Schüler, oder endlich die Sexualität einfach verwarfen, wie Tournefort und Pontedera. Endlich wäre Patrick Blair zu nennen, der selbst nichts leistete, sondern einfach die gesammten Resultate des Camerarius sich aneignete und zum Lohn dafür sogar von deutschen späteren Schriftstellern auch als einer der Begründer der Sexualtheorie angeführt wird. 1) Sehen wir zunächst, was durch weitere Experimente und Wieder vergehen zwei Jahrzehnte, bis ein neues Experiment 1) Man vergl. P. Blair's: Botanik essays in two parts 1720 p. 242 bis 276; das unverschämte Plagiat an Camerarius erstreckt sich sogar bis auf die erwähnte Ode. 2) Dieß nach Koelreuter's Bericht in dessen: Historie der Versuche
über das Geschlecht der Pflanzen in opuscula bot. argum. von Mikan p. 188. Logan's Werk: Experim. et meletemata de plant. generatione ist mir unbekannt geblieben; nach Pritzel erschien es 1739 in Haag Koelreuter citirt eine Londoner Ausgabe von 1747. Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner. Betracht kommenden Schriftſteller ſind diejenigen, welche dieFrage ohne eigene Beobachtungen und Experimente glaubten be- handeln zu können, und aus allgemeinen Gründen das von den Beobachtern Feſtgeſtellte entweder einfach acceptirten wie Leib- nitz, Burckhard und Vaillant, oder aus philoſophiſchen Gründen von Neuem zu beweiſen ſuchten, wie Linné und ſeine Schüler, oder endlich die Sexualität einfach verwarfen, wie Tournefort und Pontedera. Endlich wäre Patrick Blair zu nennen, der ſelbſt nichts leiſtete, ſondern einfach die geſammten Reſultate des Camerarius ſich aneignete und zum Lohn dafür ſogar von deutſchen ſpäteren Schriftſtellern auch als einer der Begründer der Sexualtheorie angeführt wird. 1) Sehen wir zunächſt, was durch weitere Experimente und Wieder vergehen zwei Jahrzehnte, bis ein neues Experiment 1) Man vergl. P. Blair's: Botanik essays in two parts 1720 p. 242 bis 276; das unverſchämte Plagiat an Camerarius erſtreckt ſich ſogar bis auf die erwähnte Ode. 2) Dieß nach Koelreuter's Bericht in deſſen: Hiſtorie der Verſuche
über das Geſchlecht der Pflanzen in opuscula bot. argum. von Mikan p. 188. Logan's Werk: Experim. et meletemata de plant. generatione iſt mir unbekannt geblieben; nach Pritzel erſchien es 1739 in Haag Koelreuter citirt eine Londoner Ausgabe von 1747. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0435" n="423"/><fw place="top" type="header">Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner.</fw><lb/> Betracht kommenden Schriftſteller ſind diejenigen, welche die<lb/> Frage ohne eigene Beobachtungen und Experimente glaubten be-<lb/> handeln zu können, und aus allgemeinen Gründen das von den<lb/> Beobachtern Feſtgeſtellte entweder einfach acceptirten wie <hi rendition="#g">Leib</hi>-<lb/><hi rendition="#g">nitz</hi>, <hi rendition="#g">Burckhard</hi> und <hi rendition="#g">Vaillant</hi>, oder aus philoſophiſchen<lb/> Gründen von Neuem zu beweiſen ſuchten, wie <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é</hi></hi> und ſeine<lb/> Schüler, oder endlich die Sexualität einfach verwarfen, wie<lb/><hi rendition="#g">Tournefort</hi> und <hi rendition="#g">Pontedera</hi>. Endlich wäre <hi rendition="#g">Patrick Blair</hi><lb/> zu nennen, der ſelbſt nichts leiſtete, ſondern einfach die geſammten<lb/> Reſultate des <hi rendition="#g">Camerarius</hi> ſich aneignete und zum Lohn<lb/> dafür ſogar von deutſchen ſpäteren Schriftſtellern auch als einer<lb/> der Begründer der Sexualtheorie angeführt wird. <note place="foot" n="1)">Man vergl. P. <hi rendition="#g">Blair</hi>'s: <hi rendition="#aq">Botanik essays in two parts</hi> 1720<lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 242 bis 276; das unverſchämte Plagiat an <hi rendition="#g">Camerarius</hi> erſtreckt ſich<lb/> ſogar bis auf die erwähnte Ode. </note></p><lb/> <p>Sehen wir zunächſt, was durch weitere Experimente und<lb/> Beobachtung wirklich zu Tage gefördert wurde. Der Erſte,<lb/> welcher Experimente mit hermaphroditen Blüthen anſtellte, um<lb/> die Sexualität der Pflanzen überhaupt zu erweiſen, ſcheint<lb/><hi rendition="#g">Bradley</hi> (<hi rendition="#aq">New improvements in gardening</hi> 1717 <hi rendition="#aq">I p.</hi> 20)<lb/> geweſen zu ſein. Er pflanzte zwölf Tulpen auf einen von an-<lb/> deren Tulpen abgelegenen Platz des Gartens und nahm ihnen,<lb/> ſobald ſie ſich zu öffnen anfingen, Antheren weg; der Er-<lb/> folg war, daß nicht eine derſelben Samen hervorbrachte, wäh-<lb/> rend an einer anderen Stelle desſelben Gartens 400 Tulpen<lb/> maſſenhaft Samen lieferten.</p><lb/> <p>Wieder vergehen zwei Jahrzehnte, bis ein neues Experiment<lb/> gemacht wird. <hi rendition="#g">James Logan</hi>, <note place="foot" n="2)">Dieß nach <hi rendition="#g">Koelreuter</hi>'s Bericht in deſſen: Hiſtorie der Verſuche<lb/> über das Geſchlecht der Pflanzen in <hi rendition="#aq">opuscula bot. argum.</hi> von <hi rendition="#g">Mikan</hi><lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 188. <hi rendition="#g">Logan</hi>'s Werk: <hi rendition="#aq">Experim. et meletemata de plant. generatione</hi><lb/> iſt mir unbekannt geblieben; nach <hi rendition="#g">Pritzel</hi> erſchien es 1739 in Haag<lb/><hi rendition="#g">Koelreuter</hi> citirt eine Londoner Ausgabe von 1747.</note> Gouverneur von Pennſyl-<lb/> vanien, ein geborner Irländer, hatte in jeder Ecke ſeines Gar-<lb/> tens, der vierzig Fuß breit und ungefähr achtzig lang war,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [423/0435]
Verbreitung der neuen Lehre ihre Anhänger und Gegner.
Betracht kommenden Schriftſteller ſind diejenigen, welche die
Frage ohne eigene Beobachtungen und Experimente glaubten be-
handeln zu können, und aus allgemeinen Gründen das von den
Beobachtern Feſtgeſtellte entweder einfach acceptirten wie Leib-
nitz, Burckhard und Vaillant, oder aus philoſophiſchen
Gründen von Neuem zu beweiſen ſuchten, wie Linné und ſeine
Schüler, oder endlich die Sexualität einfach verwarfen, wie
Tournefort und Pontedera. Endlich wäre Patrick Blair
zu nennen, der ſelbſt nichts leiſtete, ſondern einfach die geſammten
Reſultate des Camerarius ſich aneignete und zum Lohn
dafür ſogar von deutſchen ſpäteren Schriftſtellern auch als einer
der Begründer der Sexualtheorie angeführt wird. 1)
Sehen wir zunächſt, was durch weitere Experimente und
Beobachtung wirklich zu Tage gefördert wurde. Der Erſte,
welcher Experimente mit hermaphroditen Blüthen anſtellte, um
die Sexualität der Pflanzen überhaupt zu erweiſen, ſcheint
Bradley (New improvements in gardening 1717 I p. 20)
geweſen zu ſein. Er pflanzte zwölf Tulpen auf einen von an-
deren Tulpen abgelegenen Platz des Gartens und nahm ihnen,
ſobald ſie ſich zu öffnen anfingen, Antheren weg; der Er-
folg war, daß nicht eine derſelben Samen hervorbrachte, wäh-
rend an einer anderen Stelle desſelben Gartens 400 Tulpen
maſſenhaft Samen lieferten.
Wieder vergehen zwei Jahrzehnte, bis ein neues Experiment
gemacht wird. James Logan, 2) Gouverneur von Pennſyl-
vanien, ein geborner Irländer, hatte in jeder Ecke ſeines Gar-
tens, der vierzig Fuß breit und ungefähr achtzig lang war,
1) Man vergl. P. Blair's: Botanik essays in two parts 1720
p. 242 bis 276; das unverſchämte Plagiat an Camerarius erſtreckt ſich
ſogar bis auf die erwähnte Ode.
2) Dieß nach Koelreuter's Bericht in deſſen: Hiſtorie der Verſuche
über das Geſchlecht der Pflanzen in opuscula bot. argum. von Mikan
p. 188. Logan's Werk: Experim. et meletemata de plant. generatione
iſt mir unbekannt geblieben; nach Pritzel erſchien es 1739 in Haag
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