ist, auf die Struktur der Spiralgefäße oder Tracheen, von denen er ganz besonders hervorhebt, daß sie immer von einer Scheide von Holzfasern umgeben sind. Indessen verfiel Malpighi noch nicht auf die sonderbaren Vorstellungen über die Natur der Spiralgefäße, denen sich später Grew und die anderen Phyto- tomen hingaben.
Wir können hier die zahlreichen Exkurse auf die Assimilation und Saftbewegung übergehen; hervorzuheben sind dagegen Mal- pighi's Beschreibungen und Abbildungen der Knospentheile, des Gefäßbündelverlaufs in verschiedenen Pflanzentheilen, ganz besonders auch seine Blüthen- und Fruchtanalysen und die für ihre Zeit sehr sorgfältige Untersuchung der Samen und Embryonen, deren Betrachtung uns jedoch vom Hauptthema zu weit ab- führen würden.
Wenn Malpighi's Werk mehr den Eindruck einer genial hingeworfenen Skizze macht, bei der es dem Autor wesentlich nur auf Feststellung der Grundzüge der Architektur der Pflanze an- kommt, so erscheint dagegen das bei Weitem umfangreichere Werk von Nehemiah Grew1), The anatomy of plantes (1682) als ein in allen Einzelheiten sorgfältig durchgearbeitetes Lehrbuch; die geschmackvolle Eleganz Malpighi's ist hier durch eine oft weitschweifige, gründliche Ausführlichkeit ersetzt; während bei Malpighi nur gelegentlich die philosophischen Vorurtheile seiner Zeit anklingen und ihn dann gewöhnlich zu Mißgriffen veranlassen, ist dagegen Grew's Darstellung zwar überall von den philosophisch- theologischen Vorstellungen des damaligen Englands durchwebt; da- für aber entschädigt uns auf der anderen Seite eine bessere systematische Durchführung des Gedankengangs und besonders das Streben, das sinnlich Wahrgenommene in möglichst klare Vorstellungen um-
1)Nehemia Grew wurde als Sohn eines Geistlichen in Coventry wahrscheinlich 1628 geboren. Nachdem er auf einer ausländischen Universität das Doktorat erworben, widmete er sich in seiner Vaterstadt der ärztlichen Praxis und phytotomischen Untersuchungen; 1677 wurde er Sekretär der Royal Society. Nachdem er noch 1701 eine Cosmographia sacra heraus- gegeben, starb er 1711 (Biogr. univers.)
Sachs, Geschichte der Botanik. 17
Malpighi und Grew.
iſt, auf die Struktur der Spiralgefäße oder Tracheen, von denen er ganz beſonders hervorhebt, daß ſie immer von einer Scheide von Holzfaſern umgeben ſind. Indeſſen verfiel Malpighi noch nicht auf die ſonderbaren Vorſtellungen über die Natur der Spiralgefäße, denen ſich ſpäter Grew und die anderen Phyto- tomen hingaben.
Wir können hier die zahlreichen Exkurſe auf die Aſſimilation und Saftbewegung übergehen; hervorzuheben ſind dagegen Mal- pighi's Beſchreibungen und Abbildungen der Knoſpentheile, des Gefäßbündelverlaufs in verſchiedenen Pflanzentheilen, ganz beſonders auch ſeine Blüthen- und Fruchtanalyſen und die für ihre Zeit ſehr ſorgfältige Unterſuchung der Samen und Embryonen, deren Betrachtung uns jedoch vom Hauptthema zu weit ab- führen würden.
Wenn Malpighi's Werk mehr den Eindruck einer genial hingeworfenen Skizze macht, bei der es dem Autor weſentlich nur auf Feſtſtellung der Grundzüge der Architektur der Pflanze an- kommt, ſo erſcheint dagegen das bei Weitem umfangreichere Werk von Nehemiah Grew1), The anatomy of plantes (1682) als ein in allen Einzelheiten ſorgfältig durchgearbeitetes Lehrbuch; die geſchmackvolle Eleganz Malpighi's iſt hier durch eine oft weitſchweifige, gründliche Ausführlichkeit erſetzt; während bei Malpighi nur gelegentlich die philoſophiſchen Vorurtheile ſeiner Zeit anklingen und ihn dann gewöhnlich zu Mißgriffen veranlaſſen, iſt dagegen Grew's Darſtellung zwar überall von den philoſophiſch- theologiſchen Vorſtellungen des damaligen Englands durchwebt; da- für aber entſchädigt uns auf der anderen Seite eine beſſere ſyſtematiſche Durchführung des Gedankengangs und beſonders das Streben, das ſinnlich Wahrgenommene in möglichſt klare Vorſtellungen um-
1)Nehemia Grew wurde als Sohn eines Geiſtlichen in Coventry wahrſcheinlich 1628 geboren. Nachdem er auf einer ausländiſchen Univerſität das Doktorat erworben, widmete er ſich in ſeiner Vaterſtadt der ärztlichen Praxis und phytotomiſchen Unterſuchungen; 1677 wurde er Sekretär der Royal Society. Nachdem er noch 1701 eine Cosmographia sacra heraus- gegeben, ſtarb er 1711 (Biogr. univers.)
Sachs, Geſchichte der Botanik. 17
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0269"n="257"/><fwplace="top"type="header">Malpighi und Grew.</fw><lb/>
iſt, auf die Struktur der Spiralgefäße oder Tracheen, von denen<lb/>
er ganz beſonders hervorhebt, daß ſie immer von einer Scheide<lb/>
von Holzfaſern umgeben ſind. Indeſſen verfiel <hirendition="#g">Malpighi</hi><lb/>
noch nicht auf die ſonderbaren Vorſtellungen über die Natur der<lb/>
Spiralgefäße, denen ſich ſpäter <hirendition="#g">Grew</hi> und die anderen Phyto-<lb/>
tomen hingaben.</p><lb/><p>Wir können hier die zahlreichen Exkurſe auf die Aſſimilation<lb/>
und Saftbewegung übergehen; hervorzuheben ſind dagegen <hirendition="#g">Mal</hi>-<lb/><hirendition="#g">pighi</hi>'s Beſchreibungen und Abbildungen der Knoſpentheile,<lb/>
des Gefäßbündelverlaufs in verſchiedenen Pflanzentheilen, ganz<lb/>
beſonders auch ſeine Blüthen- und Fruchtanalyſen und die für<lb/>
ihre Zeit ſehr ſorgfältige Unterſuchung der Samen und Embryonen,<lb/>
deren Betrachtung uns jedoch vom Hauptthema zu weit ab-<lb/>
führen würden.</p><lb/><p>Wenn <hirendition="#g">Malpighi</hi>'s Werk mehr den Eindruck einer genial<lb/>
hingeworfenen Skizze macht, bei der es dem Autor weſentlich nur<lb/>
auf Feſtſtellung der Grundzüge der Architektur der Pflanze an-<lb/>
kommt, ſo erſcheint dagegen das bei Weitem umfangreichere<lb/>
Werk von <hirendition="#b">Nehemiah Grew</hi><noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Nehemia Grew</hi> wurde als Sohn eines Geiſtlichen in Coventry<lb/>
wahrſcheinlich 1628 geboren. Nachdem er auf einer ausländiſchen Univerſität<lb/>
das Doktorat erworben, widmete er ſich in ſeiner Vaterſtadt der ärztlichen<lb/>
Praxis und phytotomiſchen Unterſuchungen; 1677 wurde er Sekretär der<lb/><hirendition="#aq">Royal Society.</hi> Nachdem er noch 1701 eine <hirendition="#aq">Cosmographia sacra</hi> heraus-<lb/>
gegeben, ſtarb er 1711 (<hirendition="#aq">Biogr. univers.</hi>)</note>, <hirendition="#aq">The anatomy of plantes</hi> (1682)<lb/>
als ein in allen Einzelheiten ſorgfältig durchgearbeitetes Lehrbuch;<lb/>
die geſchmackvolle Eleganz <hirendition="#g">Malpighi</hi>'s iſt hier durch eine oft<lb/>
weitſchweifige, gründliche Ausführlichkeit erſetzt; während bei<lb/><hirendition="#g">Malpighi</hi> nur gelegentlich die philoſophiſchen Vorurtheile ſeiner<lb/>
Zeit anklingen und ihn dann gewöhnlich zu Mißgriffen veranlaſſen,<lb/>
iſt dagegen <hirendition="#g">Grew</hi>'s Darſtellung zwar überall von den philoſophiſch-<lb/>
theologiſchen Vorſtellungen des damaligen Englands durchwebt; da-<lb/>
für aber entſchädigt uns auf der anderen Seite eine beſſere ſyſtematiſche<lb/>
Durchführung des Gedankengangs und beſonders das Streben, das<lb/>ſinnlich Wahrgenommene in möglichſt klare Vorſtellungen um-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Sachs</hi>, Geſchichte der Botanik. 17</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[257/0269]
Malpighi und Grew.
iſt, auf die Struktur der Spiralgefäße oder Tracheen, von denen
er ganz beſonders hervorhebt, daß ſie immer von einer Scheide
von Holzfaſern umgeben ſind. Indeſſen verfiel Malpighi
noch nicht auf die ſonderbaren Vorſtellungen über die Natur der
Spiralgefäße, denen ſich ſpäter Grew und die anderen Phyto-
tomen hingaben.
Wir können hier die zahlreichen Exkurſe auf die Aſſimilation
und Saftbewegung übergehen; hervorzuheben ſind dagegen Mal-
pighi's Beſchreibungen und Abbildungen der Knoſpentheile,
des Gefäßbündelverlaufs in verſchiedenen Pflanzentheilen, ganz
beſonders auch ſeine Blüthen- und Fruchtanalyſen und die für
ihre Zeit ſehr ſorgfältige Unterſuchung der Samen und Embryonen,
deren Betrachtung uns jedoch vom Hauptthema zu weit ab-
führen würden.
Wenn Malpighi's Werk mehr den Eindruck einer genial
hingeworfenen Skizze macht, bei der es dem Autor weſentlich nur
auf Feſtſtellung der Grundzüge der Architektur der Pflanze an-
kommt, ſo erſcheint dagegen das bei Weitem umfangreichere
Werk von Nehemiah Grew 1), The anatomy of plantes (1682)
als ein in allen Einzelheiten ſorgfältig durchgearbeitetes Lehrbuch;
die geſchmackvolle Eleganz Malpighi's iſt hier durch eine oft
weitſchweifige, gründliche Ausführlichkeit erſetzt; während bei
Malpighi nur gelegentlich die philoſophiſchen Vorurtheile ſeiner
Zeit anklingen und ihn dann gewöhnlich zu Mißgriffen veranlaſſen,
iſt dagegen Grew's Darſtellung zwar überall von den philoſophiſch-
theologiſchen Vorſtellungen des damaligen Englands durchwebt; da-
für aber entſchädigt uns auf der anderen Seite eine beſſere ſyſtematiſche
Durchführung des Gedankengangs und beſonders das Streben, das
ſinnlich Wahrgenommene in möglichſt klare Vorſtellungen um-
1) Nehemia Grew wurde als Sohn eines Geiſtlichen in Coventry
wahrſcheinlich 1628 geboren. Nachdem er auf einer ausländiſchen Univerſität
das Doktorat erworben, widmete er ſich in ſeiner Vaterſtadt der ärztlichen
Praxis und phytotomiſchen Unterſuchungen; 1677 wurde er Sekretär der
Royal Society. Nachdem er noch 1701 eine Cosmographia sacra heraus-
gegeben, ſtarb er 1711 (Biogr. univers.)
Sachs, Geſchichte der Botanik. 17
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/269>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.