1. rhizogene (Rafflesiaceen, Cytineen, Balanophoren), in 2. endogene (parallelnervige Monocotylen), 3. dictyogene (netz- adrige Monocotylen), 4. gymnogene (Gymnospermen), 5. exo- gene (Dicotylen). Diese Eintheilung ist eine der unglücklichsten, die jemals versucht worden sind: die rhizogenen sind wegen ihrer auffallenden Habitus-Form in ihrem systematischen Werth weit überschätzt, die Monocotylen eines unbedeutenden Merkmales wegen in zwei Classen gespalten, die Charakteristik aller dieser Gruppen überhaupt eine durchaus verfehlte.
Ich habe diese Systeme aus der großen Zahl der übrigen herausgegriffen, weil sie dadurch zu allgemeinerer Kenntniß und Bedeutung gelangt sind, daß ihre Verfasser (abgesehen von Brongniart) sie umfangreichen Darstellungen des ganzen Pflanzenreiches zu Grunde legten, und weil es für unseren Zweck überflüssig wäre, die zahlreichen anderen Systeme von weniger hervorragenden Botanikern näher zu betrachten. Wer sich in dieser Beziehung einläßlicher unterrichten will, wird in der Ein- leitung zu Lindley's Vegetable Kingdom 1853 das Nöthige finden.
Betrachten wir nun die Grundsätze und Gesichtspuncte, welche in diesen Systemen zur Geltung gelangen, so fällt vor Allem das Eine auf, daß, abgesehen von Bartling, neben morphologischen auch physiologisch-anatomische Merkmale zur Cha- rakteristik der Hauptabtheilungen benützt werden; man fiel wieder in den von De Candolle begangenen Fehler zurück, der sich um so schwerer rächte, als gerade diese physiologisch-anatomischen Merkmale zum Theil oder ganz auf Mißverständnissen beruhten, so z. B. Endlicher's Eintheilung in Acrobrya u. s. w., Lindley's Abtheilungen der Rhizogenen und Dictyogenen und dgl. m. Was aber noch viel schlimmer war als dieß: ein- zelne Systematiker von Fach verschlossen sich geradezu hartnäckig der Anerkennung wohl constatirter Thatsachen, welche freilich nicht von Systematikern entdeckt, wohl aber für die Systematik von höchstem Werth waren. Kaum glaublich ist es, daß bei Lindley 1845 und noch 1853 die Unterscheidung von endoge-
Dogma von der Conſtanz der Arten.
1. rhizogene (Raffleſiaceen, Cytineen, Balanophoren), in 2. endogene (parallelnervige Monocotylen), 3. dictyogene (netz- adrige Monocotylen), 4. gymnogene (Gymnospermen), 5. exo- gene (Dicotylen). Dieſe Eintheilung iſt eine der unglücklichſten, die jemals verſucht worden ſind: die rhizogenen ſind wegen ihrer auffallenden Habitus-Form in ihrem ſyſtematiſchen Werth weit überſchätzt, die Monocotylen eines unbedeutenden Merkmales wegen in zwei Claſſen geſpalten, die Charakteriſtik aller dieſer Gruppen überhaupt eine durchaus verfehlte.
Ich habe dieſe Syſteme aus der großen Zahl der übrigen herausgegriffen, weil ſie dadurch zu allgemeinerer Kenntniß und Bedeutung gelangt ſind, daß ihre Verfaſſer (abgeſehen von Brongniart) ſie umfangreichen Darſtellungen des ganzen Pflanzenreiches zu Grunde legten, und weil es für unſeren Zweck überflüſſig wäre, die zahlreichen anderen Syſteme von weniger hervorragenden Botanikern näher zu betrachten. Wer ſich in dieſer Beziehung einläßlicher unterrichten will, wird in der Ein- leitung zu Lindley's Vegetable Kingdom 1853 das Nöthige finden.
Betrachten wir nun die Grundſätze und Geſichtspuncte, welche in dieſen Syſtemen zur Geltung gelangen, ſo fällt vor Allem das Eine auf, daß, abgeſehen von Bartling, neben morphologiſchen auch phyſiologiſch-anatomiſche Merkmale zur Cha- rakteriſtik der Hauptabtheilungen benützt werden; man fiel wieder in den von De Candolle begangenen Fehler zurück, der ſich um ſo ſchwerer rächte, als gerade dieſe phyſiologiſch-anatomiſchen Merkmale zum Theil oder ganz auf Mißverſtändniſſen beruhten, ſo z. B. Endlicher's Eintheilung in Acrobrya u. ſ. w., Lindley's Abtheilungen der Rhizogenen und Dictyogenen und dgl. m. Was aber noch viel ſchlimmer war als dieß: ein- zelne Syſtematiker von Fach verſchloſſen ſich geradezu hartnäckig der Anerkennung wohl conſtatirter Thatſachen, welche freilich nicht von Syſtematikern entdeckt, wohl aber für die Syſtematik von höchſtem Werth waren. Kaum glaublich iſt es, daß bei Lindley 1845 und noch 1853 die Unterſcheidung von endoge-
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Dogma von der Conſtanz der Arten.
1. rhizogene (Raffleſiaceen, Cytineen, Balanophoren), in
2. endogene (parallelnervige Monocotylen), 3. dictyogene (netz-
adrige Monocotylen), 4. gymnogene (Gymnospermen), 5. exo-
gene (Dicotylen). Dieſe Eintheilung iſt eine der unglücklichſten,
die jemals verſucht worden ſind: die rhizogenen ſind wegen
ihrer auffallenden Habitus-Form in ihrem ſyſtematiſchen Werth
weit überſchätzt, die Monocotylen eines unbedeutenden Merkmales
wegen in zwei Claſſen geſpalten, die Charakteriſtik aller dieſer
Gruppen überhaupt eine durchaus verfehlte.
Ich habe dieſe Syſteme aus der großen Zahl der übrigen
herausgegriffen, weil ſie dadurch zu allgemeinerer Kenntniß und
Bedeutung gelangt ſind, daß ihre Verfaſſer (abgeſehen von
Brongniart) ſie umfangreichen Darſtellungen des ganzen
Pflanzenreiches zu Grunde legten, und weil es für unſeren Zweck
überflüſſig wäre, die zahlreichen anderen Syſteme von weniger
hervorragenden Botanikern näher zu betrachten. Wer ſich in
dieſer Beziehung einläßlicher unterrichten will, wird in der Ein-
leitung zu Lindley's Vegetable Kingdom 1853 das
Nöthige finden.
Betrachten wir nun die Grundſätze und Geſichtspuncte,
welche in dieſen Syſtemen zur Geltung gelangen, ſo fällt vor
Allem das Eine auf, daß, abgeſehen von Bartling, neben
morphologiſchen auch phyſiologiſch-anatomiſche Merkmale zur Cha-
rakteriſtik der Hauptabtheilungen benützt werden; man fiel wieder
in den von De Candolle begangenen Fehler zurück, der ſich
um ſo ſchwerer rächte, als gerade dieſe phyſiologiſch-anatomiſchen
Merkmale zum Theil oder ganz auf Mißverſtändniſſen beruhten,
ſo z. B. Endlicher's Eintheilung in Acrobrya u. ſ. w.,
Lindley's Abtheilungen der Rhizogenen und Dictyogenen
und dgl. m. Was aber noch viel ſchlimmer war als dieß: ein-
zelne Syſtematiker von Fach verſchloſſen ſich geradezu hartnäckig
der Anerkennung wohl conſtatirter Thatſachen, welche freilich
nicht von Syſtematikern entdeckt, wohl aber für die Syſtematik
von höchſtem Werth waren. Kaum glaublich iſt es, daß bei
Lindley 1845 und noch 1853 die Unterſcheidung von endoge-
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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