Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn geschnitten wird, setze mich, wenn so die Garben stehen, wie in ein Zelt, rauche und höre den Leuten zu, wie sie singen. Gehe in den Wald, wenn Holz geschlagen wird, und schieße ein Eichkatzel. Kein Markt im ganzen Kreise, den ich nicht besuchen würde. Auch nach Lemberg fahre ich oft, besonders zur Zeit der Contracte. Bleibe Wochen vom Hause.

Es versteht sich endlich von selbst, daß wir -- wissen Sie -- kurz, daß wir so eine christliche Ehe führen. Meinem Nachbar leuchtet das allerdings nicht ein. Der meint, man könne täglich sein Herz brennen lassen, wie seine Haare, der sitzt richtig den halben Tag bei meiner Frau, besonders, wenn ich nicht daheim bin. Wenn ich auf den Jahrmarkt fahre oder nur auf die Jagd -- gleich ist er da.

Ist mein Freund -- er pflegte mich so zu nennen, also bleiben wir dabei -- ist mein Freund nicht zu Hause? -- Nein! -- Das thut mir doch sehr leid. -- Merken Sie -- der Iltis -- und setzt sich nieder und declamirt den Puschkin. Im Gespräche dann: Aber er ist doch nie zu Hause. Hm! -- Nie! -- Schüttelt nur den Kopf, und die Frau -- o Gott, Sie wissen ja -- die lamentirt ihm nach; so Anspielungen, und er schüttelt immer nur den Kopf und zieht theilnehmend die Luft durch die Nase. Spricht so im Allgemeinen von den Männern, so belehrend und unterhaltend, wissen Sie, traut sich aber nicht, dabei entschlossen auszuspucken, sondern hüstelt nur etwas in sein Tuch.

wenn geschnitten wird, setze mich, wenn so die Garben stehen, wie in ein Zelt, rauche und höre den Leuten zu, wie sie singen. Gehe in den Wald, wenn Holz geschlagen wird, und schieße ein Eichkatzel. Kein Markt im ganzen Kreise, den ich nicht besuchen würde. Auch nach Lemberg fahre ich oft, besonders zur Zeit der Contracte. Bleibe Wochen vom Hause.

Es versteht sich endlich von selbst, daß wir — wissen Sie — kurz, daß wir so eine christliche Ehe führen. Meinem Nachbar leuchtet das allerdings nicht ein. Der meint, man könne täglich sein Herz brennen lassen, wie seine Haare, der sitzt richtig den halben Tag bei meiner Frau, besonders, wenn ich nicht daheim bin. Wenn ich auf den Jahrmarkt fahre oder nur auf die Jagd — gleich ist er da.

Ist mein Freund — er pflegte mich so zu nennen, also bleiben wir dabei — ist mein Freund nicht zu Hause? — Nein! — Das thut mir doch sehr leid. — Merken Sie — der Iltis — und setzt sich nieder und declamirt den Puschkin. Im Gespräche dann: Aber er ist doch nie zu Hause. Hm! — Nie! — Schüttelt nur den Kopf, und die Frau — o Gott, Sie wissen ja — die lamentirt ihm nach; so Anspielungen, und er schüttelt immer nur den Kopf und zieht theilnehmend die Luft durch die Nase. Spricht so im Allgemeinen von den Männern, so belehrend und unterhaltend, wissen Sie, traut sich aber nicht, dabei entschlossen auszuspucken, sondern hüstelt nur etwas in sein Tuch.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0070"/>
wenn geschnitten wird, setze mich, wenn so die Garben stehen, wie in ein Zelt, rauche      und höre den Leuten zu, wie sie singen. Gehe in den Wald, wenn Holz geschlagen wird, und      schieße ein Eichkatzel. Kein Markt im ganzen Kreise, den ich nicht besuchen würde. Auch nach      Lemberg fahre ich oft, besonders zur Zeit der Contracte. Bleibe Wochen vom Hause.</p><lb/>
        <p>Es versteht sich endlich von selbst, daß wir &#x2014; wissen Sie &#x2014; kurz, daß wir so eine christliche      Ehe führen. Meinem Nachbar leuchtet das allerdings nicht ein. Der meint, man könne täglich sein      Herz brennen lassen, wie seine Haare, der sitzt richtig den halben Tag bei meiner Frau,      besonders, wenn ich nicht daheim bin. Wenn ich auf den Jahrmarkt fahre oder nur auf die Jagd &#x2014;      gleich ist er da.</p><lb/>
        <p>Ist mein Freund &#x2014; er pflegte mich so zu nennen, also bleiben wir dabei &#x2014; ist mein Freund      nicht zu Hause? &#x2014; Nein! &#x2014; Das thut mir doch sehr leid. &#x2014; Merken Sie &#x2014; der Iltis &#x2014; und setzt      sich nieder und declamirt den Puschkin. Im Gespräche dann: Aber er ist doch nie zu Hause. Hm! &#x2014;      Nie! &#x2014; Schüttelt nur den Kopf, und die Frau &#x2014; o Gott, Sie wissen ja &#x2014; die lamentirt ihm nach;      so Anspielungen, und er schüttelt immer nur den Kopf und zieht theilnehmend die Luft durch die      Nase. Spricht so im Allgemeinen von den Männern, so belehrend und unterhaltend, wissen Sie,      traut sich aber nicht, dabei entschlossen auszuspucken, sondern hüstelt nur etwas in sein      Tuch.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0070] wenn geschnitten wird, setze mich, wenn so die Garben stehen, wie in ein Zelt, rauche und höre den Leuten zu, wie sie singen. Gehe in den Wald, wenn Holz geschlagen wird, und schieße ein Eichkatzel. Kein Markt im ganzen Kreise, den ich nicht besuchen würde. Auch nach Lemberg fahre ich oft, besonders zur Zeit der Contracte. Bleibe Wochen vom Hause. Es versteht sich endlich von selbst, daß wir — wissen Sie — kurz, daß wir so eine christliche Ehe führen. Meinem Nachbar leuchtet das allerdings nicht ein. Der meint, man könne täglich sein Herz brennen lassen, wie seine Haare, der sitzt richtig den halben Tag bei meiner Frau, besonders, wenn ich nicht daheim bin. Wenn ich auf den Jahrmarkt fahre oder nur auf die Jagd — gleich ist er da. Ist mein Freund — er pflegte mich so zu nennen, also bleiben wir dabei — ist mein Freund nicht zu Hause? — Nein! — Das thut mir doch sehr leid. — Merken Sie — der Iltis — und setzt sich nieder und declamirt den Puschkin. Im Gespräche dann: Aber er ist doch nie zu Hause. Hm! — Nie! — Schüttelt nur den Kopf, und die Frau — o Gott, Sie wissen ja — die lamentirt ihm nach; so Anspielungen, und er schüttelt immer nur den Kopf und zieht theilnehmend die Luft durch die Nase. Spricht so im Allgemeinen von den Männern, so belehrend und unterhaltend, wissen Sie, traut sich aber nicht, dabei entschlossen auszuspucken, sondern hüstelt nur etwas in sein Tuch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/70
Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/70>, abgerufen am 27.11.2024.