Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Mein Heger hat den Bären gesehen -- aber da hätt' ich Ihnen beinahe wieder so eine Anekdote erzählt. Also gut! Wir waren in Gefahr, der Heger und ich. Ein Bauer lief voraus. Ein Tumult im Hause, sag' ich Ihnen, wir kommen an -- mein Weib hängt an meinem Hals. Sie bringt mir mein Kind. Das Blut, wissen Sie, rinnt mir vom Kopfe. -- Das Kind schreit. -- Geh fort! Er zuckte verächtlich die Achsel. Es war nicht der Rede werth, das bischen Blut und die Thränen des armen kleinen Kindes, aber -- auch war ja die Gefahr für mich vorüber -- die Frauen sind sehr praktisch. Gut, ich wasche mir das Blut herab. Der Heger, ein alter Soldat, verbindet mich. Aber was glauben Sie, das Pfand der Liebe schreit wieder über mein weißes Tuch. Geh fort, fort! Das Kind bekommt Krämpfe, fort. -- Freilich, was ist da zu machen? Man wirft sich auf sein Bett und liegt da allein, wie vordem, eh' man ein Weib gekannt. Der Teufel hol' das Pfand der Liebe! -- Gott verzeih' mir die Sünde. Er machte das Kreuz, spuckte trotzig aus und fuhr fort. Das Bärenfell breite ich meiner Frau vor das Bett. Was glauben Sie? Sie schreit auf. Geh mir mit dem Fell, es erinnert mich an die Angst meines Kindes. Bedenken Sie, nicht an mein Blut, an die Mein Heger hat den Bären gesehen — aber da hätt' ich Ihnen beinahe wieder so eine Anekdote erzählt. Also gut! Wir waren in Gefahr, der Heger und ich. Ein Bauer lief voraus. Ein Tumult im Hause, sag' ich Ihnen, wir kommen an — mein Weib hängt an meinem Hals. Sie bringt mir mein Kind. Das Blut, wissen Sie, rinnt mir vom Kopfe. — Das Kind schreit. — Geh fort! Er zuckte verächtlich die Achsel. Es war nicht der Rede werth, das bischen Blut und die Thränen des armen kleinen Kindes, aber — auch war ja die Gefahr für mich vorüber — die Frauen sind sehr praktisch. Gut, ich wasche mir das Blut herab. Der Heger, ein alter Soldat, verbindet mich. Aber was glauben Sie, das Pfand der Liebe schreit wieder über mein weißes Tuch. Geh fort, fort! Das Kind bekommt Krämpfe, fort. — Freilich, was ist da zu machen? Man wirft sich auf sein Bett und liegt da allein, wie vordem, eh' man ein Weib gekannt. Der Teufel hol' das Pfand der Liebe! — Gott verzeih' mir die Sünde. Er machte das Kreuz, spuckte trotzig aus und fuhr fort. Das Bärenfell breite ich meiner Frau vor das Bett. Was glauben Sie? Sie schreit auf. Geh mir mit dem Fell, es erinnert mich an die Angst meines Kindes. Bedenken Sie, nicht an mein Blut, an die <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0062"/> <p>Mein Heger hat den Bären gesehen — aber da hätt' ich Ihnen beinahe wieder so eine Anekdote erzählt. Also gut! Wir waren in Gefahr, der Heger und ich. Ein Bauer lief voraus.</p><lb/> <p>Ein Tumult im Hause, sag' ich Ihnen, wir kommen an — mein Weib hängt an meinem Hals.</p><lb/> <p>Sie bringt mir mein Kind.</p><lb/> <p>Das Blut, wissen Sie, rinnt mir vom Kopfe. — Das Kind schreit. — Geh fort!</p><lb/> <p>Er zuckte verächtlich die Achsel.</p><lb/> <p>Es war nicht der Rede werth, das bischen Blut und die Thränen des armen kleinen Kindes, aber — auch war ja die Gefahr für mich vorüber — die Frauen sind sehr praktisch. Gut, ich wasche mir das Blut herab. Der Heger, ein alter Soldat, verbindet mich. Aber was glauben Sie, das Pfand der Liebe schreit wieder über mein weißes Tuch. Geh fort, fort! Das Kind bekommt Krämpfe, fort. — Freilich, was ist da zu machen? Man wirft sich auf sein Bett und liegt da allein, wie vordem, eh' man ein Weib gekannt.</p><lb/> <p>Der Teufel hol' das Pfand der Liebe! — Gott verzeih' mir die Sünde.</p><lb/> <p>Er machte das Kreuz, spuckte trotzig aus und fuhr fort.</p><lb/> <p>Das Bärenfell breite ich meiner Frau vor das Bett. Was glauben Sie? Sie schreit auf. Geh mir mit dem Fell, es erinnert mich an die Angst meines Kindes. Bedenken Sie, nicht an mein Blut, an die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
Mein Heger hat den Bären gesehen — aber da hätt' ich Ihnen beinahe wieder so eine Anekdote erzählt. Also gut! Wir waren in Gefahr, der Heger und ich. Ein Bauer lief voraus.
Ein Tumult im Hause, sag' ich Ihnen, wir kommen an — mein Weib hängt an meinem Hals.
Sie bringt mir mein Kind.
Das Blut, wissen Sie, rinnt mir vom Kopfe. — Das Kind schreit. — Geh fort!
Er zuckte verächtlich die Achsel.
Es war nicht der Rede werth, das bischen Blut und die Thränen des armen kleinen Kindes, aber — auch war ja die Gefahr für mich vorüber — die Frauen sind sehr praktisch. Gut, ich wasche mir das Blut herab. Der Heger, ein alter Soldat, verbindet mich. Aber was glauben Sie, das Pfand der Liebe schreit wieder über mein weißes Tuch. Geh fort, fort! Das Kind bekommt Krämpfe, fort. — Freilich, was ist da zu machen? Man wirft sich auf sein Bett und liegt da allein, wie vordem, eh' man ein Weib gekannt.
Der Teufel hol' das Pfand der Liebe! — Gott verzeih' mir die Sünde.
Er machte das Kreuz, spuckte trotzig aus und fuhr fort.
Das Bärenfell breite ich meiner Frau vor das Bett. Was glauben Sie? Sie schreit auf. Geh mir mit dem Fell, es erinnert mich an die Angst meines Kindes. Bedenken Sie, nicht an mein Blut, an die
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(2017-03-16T10:36:14Z)
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T10:36:14Z)
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