Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Sie nannten ihn Kohle. Er war auch kohlschwarz, und seine Augen funkelten wie Kohlen. Der war der Freund meiner -- verzeihen Sie -- was sag' ich da. Er erröthete etwas und senkte den Blick. Also Kohle war der Freund der Pana Nikolaja. Wie sie noch ein kleines Eichen war, im warmem Sande lag, da kam Kohle -- selbst ein Kind -- zu ihr und leckte sie, so mit der Zunge gleich über das ganze Gesicht, und das Kindchen legte ihm die Fingerchen zwischen die großen Zähne und lachte, und mein Hund lachte auch. Dann wuchsen sie beide auf. Kohle wurde groß und stark wie ein Bär. Nikolaja konnte nicht so schnell nachkommen, aber lieb hatten sie sich immerfort. Und als Kohle zu den Schafen kam -- nicht daß man ihn hingab. Lassen Sie sich das sagen. Er war so großmüthig von Natur, er mußte immer etwas zu beschützen haben. Auf Meilen war kein Thier wie er. Wenn er einen Hund zerriß, so war es, weil er einen andern gebissen hatte. Ihm wich der Wolf aus und der Bär blieb aus, wenn er Wache hielt. So fiel es meinem Kohle ein, die Schafe zu beschützen. Das waren so recht arme, ängstliche Thiere, so recht für meinen Kohle. Er kam also zu ihnen und machte fortan nur noch Besuche im Herrenhause; und wenn er zurückkam, da drängten sich die Lämmer um Sie nannten ihn Kohle. Er war auch kohlschwarz, und seine Augen funkelten wie Kohlen. Der war der Freund meiner — verzeihen Sie — was sag' ich da. Er erröthete etwas und senkte den Blick. Also Kohle war der Freund der Pana Nikolaja. Wie sie noch ein kleines Eichen war, im warmem Sande lag, da kam Kohle — selbst ein Kind — zu ihr und leckte sie, so mit der Zunge gleich über das ganze Gesicht, und das Kindchen legte ihm die Fingerchen zwischen die großen Zähne und lachte, und mein Hund lachte auch. Dann wuchsen sie beide auf. Kohle wurde groß und stark wie ein Bär. Nikolaja konnte nicht so schnell nachkommen, aber lieb hatten sie sich immerfort. Und als Kohle zu den Schafen kam — nicht daß man ihn hingab. Lassen Sie sich das sagen. Er war so großmüthig von Natur, er mußte immer etwas zu beschützen haben. Auf Meilen war kein Thier wie er. Wenn er einen Hund zerriß, so war es, weil er einen andern gebissen hatte. Ihm wich der Wolf aus und der Bär blieb aus, wenn er Wache hielt. So fiel es meinem Kohle ein, die Schafe zu beschützen. Das waren so recht arme, ängstliche Thiere, so recht für meinen Kohle. Er kam also zu ihnen und machte fortan nur noch Besuche im Herrenhause; und wenn er zurückkam, da drängten sich die Lämmer um <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0037"/> <p>Sie nannten ihn Kohle.</p><lb/> <p>Er war auch kohlschwarz, und seine Augen funkelten wie Kohlen.</p><lb/> <p>Der war der Freund meiner — verzeihen Sie — was sag' ich da.</p><lb/> <p>Er erröthete etwas und senkte den Blick.</p><lb/> <p>Also Kohle war der Freund der Pana Nikolaja. Wie sie noch ein kleines Eichen war, im warmem Sande lag, da kam Kohle — selbst ein Kind — zu ihr und leckte sie, so mit der Zunge gleich über das ganze Gesicht, und das Kindchen legte ihm die Fingerchen zwischen die großen Zähne und lachte, und mein Hund lachte auch.</p><lb/> <p>Dann wuchsen sie beide auf. Kohle wurde groß und stark wie ein Bär. Nikolaja konnte nicht so schnell nachkommen, aber lieb hatten sie sich immerfort. Und als Kohle zu den Schafen kam — nicht daß man ihn hingab. Lassen Sie sich das sagen. Er war so großmüthig von Natur, er mußte immer etwas zu beschützen haben. Auf Meilen war kein Thier wie er.</p><lb/> <p>Wenn er einen Hund zerriß, so war es, weil er einen andern gebissen hatte. Ihm wich der Wolf aus und der Bär blieb aus, wenn er Wache hielt.</p><lb/> <p>So fiel es meinem Kohle ein, die Schafe zu beschützen. Das waren so recht arme, ängstliche Thiere, so recht für meinen Kohle. Er kam also zu ihnen und machte fortan nur noch Besuche im Herrenhause; und wenn er zurückkam, da drängten sich die Lämmer um<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0037]
Sie nannten ihn Kohle.
Er war auch kohlschwarz, und seine Augen funkelten wie Kohlen.
Der war der Freund meiner — verzeihen Sie — was sag' ich da.
Er erröthete etwas und senkte den Blick.
Also Kohle war der Freund der Pana Nikolaja. Wie sie noch ein kleines Eichen war, im warmem Sande lag, da kam Kohle — selbst ein Kind — zu ihr und leckte sie, so mit der Zunge gleich über das ganze Gesicht, und das Kindchen legte ihm die Fingerchen zwischen die großen Zähne und lachte, und mein Hund lachte auch.
Dann wuchsen sie beide auf. Kohle wurde groß und stark wie ein Bär. Nikolaja konnte nicht so schnell nachkommen, aber lieb hatten sie sich immerfort. Und als Kohle zu den Schafen kam — nicht daß man ihn hingab. Lassen Sie sich das sagen. Er war so großmüthig von Natur, er mußte immer etwas zu beschützen haben. Auf Meilen war kein Thier wie er.
Wenn er einen Hund zerriß, so war es, weil er einen andern gebissen hatte. Ihm wich der Wolf aus und der Bär blieb aus, wenn er Wache hielt.
So fiel es meinem Kohle ein, die Schafe zu beschützen. Das waren so recht arme, ängstliche Thiere, so recht für meinen Kohle. Er kam also zu ihnen und machte fortan nur noch Besuche im Herrenhause; und wenn er zurückkam, da drängten sich die Lämmer um
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/37>, abgerufen am 16.02.2025. |