Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.stieß dichte Wolken aus der Pfeife und nickte mit dem Kopfe. Ein Rendezvous! Verstehen sie mich, und was für ein Rendezvous! O, ich habe Glück bei den Weibern, verstehen sie mich, ganz außerordentliches Glück. Gott verzeiht mir die Sünde! Thun Sie mir die Gnade und glauben Sie es mir. Ich glaube es Ihnen gern. Nun sehen Sie. Aber das soll wahr bleiben, wie das Sprüchwort sagt: Was du dem besten Freunde nicht sagst und deinem Weibe nicht sagst, sagst du dem Fremden auf der Heerstraße. Mach die Flasche auf, Moschku, gieb zwei Gläser -- und Sie erbarmen sich, trinken mit mir den Tokai und hören meine Liebesabenteuer an, köstliche, seltene Liebesabenteuer, wie ein Autograph von Goliath, dem Philister, denn die Silberlinge, um die Judas Jschariot unsern Herrn verkauft hat, sind gar nicht so selten. Das glauben Sie mir aufs Wort, ich habe schon so viele in Galizien und Rußland in den Kirchen gesehen, daß er eigentlich keinen so schlechten Handel gemacht hat. Aber Moschku! Der Schenkwirth hüpfte heran, stieß ein paar Mal nach rückwärts aus, holte einen Korkzieher aus der Tasche, klopfte das Siegellack herab, nahm die Flasche zwischen die magern Beine und zog unter furchtbaren Verzerrungen des Gesichtes den Kork heraus; blies dann zum Ueberfluß noch einmal in die Flasche und schenkte den gelben Tokai in die reinsten stieß dichte Wolken aus der Pfeife und nickte mit dem Kopfe. Ein Rendezvous! Verstehen sie mich, und was für ein Rendezvous! O, ich habe Glück bei den Weibern, verstehen sie mich, ganz außerordentliches Glück. Gott verzeiht mir die Sünde! Thun Sie mir die Gnade und glauben Sie es mir. Ich glaube es Ihnen gern. Nun sehen Sie. Aber das soll wahr bleiben, wie das Sprüchwort sagt: Was du dem besten Freunde nicht sagst und deinem Weibe nicht sagst, sagst du dem Fremden auf der Heerstraße. Mach die Flasche auf, Moschku, gieb zwei Gläser — und Sie erbarmen sich, trinken mit mir den Tokai und hören meine Liebesabenteuer an, köstliche, seltene Liebesabenteuer, wie ein Autograph von Goliath, dem Philister, denn die Silberlinge, um die Judas Jschariot unsern Herrn verkauft hat, sind gar nicht so selten. Das glauben Sie mir aufs Wort, ich habe schon so viele in Galizien und Rußland in den Kirchen gesehen, daß er eigentlich keinen so schlechten Handel gemacht hat. Aber Moschku! Der Schenkwirth hüpfte heran, stieß ein paar Mal nach rückwärts aus, holte einen Korkzieher aus der Tasche, klopfte das Siegellack herab, nahm die Flasche zwischen die magern Beine und zog unter furchtbaren Verzerrungen des Gesichtes den Kork heraus; blies dann zum Ueberfluß noch einmal in die Flasche und schenkte den gelben Tokai in die reinsten <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0021"/> stieß dichte Wolken aus der Pfeife und nickte mit dem Kopfe. Ein Rendezvous! Verstehen sie mich, und was für ein Rendezvous! O, ich habe Glück bei den Weibern, verstehen sie mich, ganz außerordentliches Glück. Gott verzeiht mir die Sünde! Thun Sie mir die Gnade und glauben Sie es mir.</p><lb/> <p>Ich glaube es Ihnen gern.</p><lb/> <p>Nun sehen Sie. Aber das soll wahr bleiben, wie das Sprüchwort sagt: Was du dem besten Freunde nicht sagst und deinem Weibe nicht sagst, sagst du dem Fremden auf der Heerstraße. Mach die Flasche auf, Moschku, gieb zwei Gläser — und Sie erbarmen sich, trinken mit mir den Tokai und hören meine Liebesabenteuer an, köstliche, seltene Liebesabenteuer, wie ein Autograph von Goliath, dem Philister, denn die Silberlinge, um die Judas Jschariot unsern Herrn verkauft hat, sind gar nicht so selten. Das glauben Sie mir aufs Wort, ich habe schon so viele in Galizien und Rußland in den Kirchen gesehen, daß er eigentlich keinen so schlechten Handel gemacht hat. Aber Moschku!</p><lb/> <p>Der Schenkwirth hüpfte heran, stieß ein paar Mal nach rückwärts aus, holte einen Korkzieher aus der Tasche, klopfte das Siegellack herab, nahm die Flasche zwischen die magern Beine und zog unter furchtbaren Verzerrungen des Gesichtes den Kork heraus; blies dann zum Ueberfluß noch einmal in die Flasche und schenkte den gelben Tokai in die reinsten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0021]
stieß dichte Wolken aus der Pfeife und nickte mit dem Kopfe. Ein Rendezvous! Verstehen sie mich, und was für ein Rendezvous! O, ich habe Glück bei den Weibern, verstehen sie mich, ganz außerordentliches Glück. Gott verzeiht mir die Sünde! Thun Sie mir die Gnade und glauben Sie es mir.
Ich glaube es Ihnen gern.
Nun sehen Sie. Aber das soll wahr bleiben, wie das Sprüchwort sagt: Was du dem besten Freunde nicht sagst und deinem Weibe nicht sagst, sagst du dem Fremden auf der Heerstraße. Mach die Flasche auf, Moschku, gieb zwei Gläser — und Sie erbarmen sich, trinken mit mir den Tokai und hören meine Liebesabenteuer an, köstliche, seltene Liebesabenteuer, wie ein Autograph von Goliath, dem Philister, denn die Silberlinge, um die Judas Jschariot unsern Herrn verkauft hat, sind gar nicht so selten. Das glauben Sie mir aufs Wort, ich habe schon so viele in Galizien und Rußland in den Kirchen gesehen, daß er eigentlich keinen so schlechten Handel gemacht hat. Aber Moschku!
Der Schenkwirth hüpfte heran, stieß ein paar Mal nach rückwärts aus, holte einen Korkzieher aus der Tasche, klopfte das Siegellack herab, nahm die Flasche zwischen die magern Beine und zog unter furchtbaren Verzerrungen des Gesichtes den Kork heraus; blies dann zum Ueberfluß noch einmal in die Flasche und schenkte den gelben Tokai in die reinsten
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/21>, abgerufen am 16.07.2024. |