Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Nun, aber der Jude nennt Sie doch einen gefährlichen Menschen. Ja so! Er sah vor sich auf den Tisch und lächelte. Mein Moschku meint -- den Weibern. Haben Sie gesehen, wie er seine Frau hinausgeschickt hat? Das fängt so leicht Feuer. Auch der Schwamm fing Feuer. Er legte ihn in die Pfeife und hüllte uns bald in dichte blaue Wolken. Er hatte die Augen bescheiden niedergeschlagen und lächelte nur so. Ich hatte Muße, ihn zu betrachten. Er war offenbar ein Gutsbesitzer -- denn er war sehr gut gekleidet, sein Tabaksbeutel reich gestickt, seine Art vornehm -- aus der Nähe, oder doch aus dem Kreise von Kolomea -- denn der Jude kannte ihn; ein Russe, das hatte er gleich gesagt, und war auch nicht schwatzhaft genug, um für einen Polen gelten zu können. Es war ein Mann, der den Frauen gefallen konnte. Er hatte Nichts von jener plumpen Kraft, von jener rohen Schwerfälligkeit, welche andern Völkern als Männlichkeit gilt; er war durchaus edel, schlank und schön, aber seine elastische Energie, seine unverwüstliche Zähigkeit sprach aus jeder Bewegung. Das braune, schlichte Haar, der etwas gekräuselte, kurz geschnittene Vollbart warfen ihre vollen Schatten in ein wetterbraunes, aber wohlgebildetes Gesicht. Er war nicht so ganz jung mehr, aber hatte fröh- Nun, aber der Jude nennt Sie doch einen gefährlichen Menschen. Ja so! Er sah vor sich auf den Tisch und lächelte. Mein Moschku meint — den Weibern. Haben Sie gesehen, wie er seine Frau hinausgeschickt hat? Das fängt so leicht Feuer. Auch der Schwamm fing Feuer. Er legte ihn in die Pfeife und hüllte uns bald in dichte blaue Wolken. Er hatte die Augen bescheiden niedergeschlagen und lächelte nur so. Ich hatte Muße, ihn zu betrachten. Er war offenbar ein Gutsbesitzer — denn er war sehr gut gekleidet, sein Tabaksbeutel reich gestickt, seine Art vornehm — aus der Nähe, oder doch aus dem Kreise von Kolomea — denn der Jude kannte ihn; ein Russe, das hatte er gleich gesagt, und war auch nicht schwatzhaft genug, um für einen Polen gelten zu können. Es war ein Mann, der den Frauen gefallen konnte. Er hatte Nichts von jener plumpen Kraft, von jener rohen Schwerfälligkeit, welche andern Völkern als Männlichkeit gilt; er war durchaus edel, schlank und schön, aber seine elastische Energie, seine unverwüstliche Zähigkeit sprach aus jeder Bewegung. Das braune, schlichte Haar, der etwas gekräuselte, kurz geschnittene Vollbart warfen ihre vollen Schatten in ein wetterbraunes, aber wohlgebildetes Gesicht. Er war nicht so ganz jung mehr, aber hatte fröh- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0019"/> <p>Nun, aber der Jude nennt Sie doch einen gefährlichen Menschen.</p><lb/> <p>Ja so! Er sah vor sich auf den Tisch und lächelte. Mein Moschku meint — den Weibern. Haben Sie gesehen, wie er seine Frau hinausgeschickt hat? Das fängt so leicht Feuer.</p><lb/> <p>Auch der Schwamm fing Feuer. Er legte ihn in die Pfeife und hüllte uns bald in dichte blaue Wolken. Er hatte die Augen bescheiden niedergeschlagen und lächelte nur so.</p><lb/> <p>Ich hatte Muße, ihn zu betrachten.</p><lb/> <p>Er war offenbar ein Gutsbesitzer — denn er war sehr gut gekleidet, sein Tabaksbeutel reich gestickt, seine Art vornehm — aus der Nähe, oder doch aus dem Kreise von Kolomea — denn der Jude kannte ihn; ein Russe, das hatte er gleich gesagt, und war auch nicht schwatzhaft genug, um für einen Polen gelten zu können. Es war ein Mann, der den Frauen gefallen konnte.</p><lb/> <p>Er hatte Nichts von jener plumpen Kraft, von jener rohen Schwerfälligkeit, welche andern Völkern als Männlichkeit gilt; er war durchaus edel, schlank und schön, aber seine elastische Energie, seine unverwüstliche Zähigkeit sprach aus jeder Bewegung. Das braune, schlichte Haar, der etwas gekräuselte, kurz geschnittene Vollbart warfen ihre vollen Schatten in ein wetterbraunes, aber wohlgebildetes Gesicht.</p><lb/> <p>Er war nicht so ganz jung mehr, aber hatte fröh-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
Nun, aber der Jude nennt Sie doch einen gefährlichen Menschen.
Ja so! Er sah vor sich auf den Tisch und lächelte. Mein Moschku meint — den Weibern. Haben Sie gesehen, wie er seine Frau hinausgeschickt hat? Das fängt so leicht Feuer.
Auch der Schwamm fing Feuer. Er legte ihn in die Pfeife und hüllte uns bald in dichte blaue Wolken. Er hatte die Augen bescheiden niedergeschlagen und lächelte nur so.
Ich hatte Muße, ihn zu betrachten.
Er war offenbar ein Gutsbesitzer — denn er war sehr gut gekleidet, sein Tabaksbeutel reich gestickt, seine Art vornehm — aus der Nähe, oder doch aus dem Kreise von Kolomea — denn der Jude kannte ihn; ein Russe, das hatte er gleich gesagt, und war auch nicht schwatzhaft genug, um für einen Polen gelten zu können. Es war ein Mann, der den Frauen gefallen konnte.
Er hatte Nichts von jener plumpen Kraft, von jener rohen Schwerfälligkeit, welche andern Völkern als Männlichkeit gilt; er war durchaus edel, schlank und schön, aber seine elastische Energie, seine unverwüstliche Zähigkeit sprach aus jeder Bewegung. Das braune, schlichte Haar, der etwas gekräuselte, kurz geschnittene Vollbart warfen ihre vollen Schatten in ein wetterbraunes, aber wohlgebildetes Gesicht.
Er war nicht so ganz jung mehr, aber hatte fröh-
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/19>, abgerufen am 17.02.2025. |