Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

und schalt dabei die Bauern, daß sie einen solchen Herren, einen solchen -- er wußte keine bezeichnendere Eigenschaft an mir zu finden -- einen solchen Herren arretirt und einen solchen durch und durch schwarzgelben Herren, einen Herren, dessen Gesicht schon ganz schwarzgelb sei und dessen Seele ganz schwarzgelb sei. Das möchte er auf die Thora beschwören, und schalt und gebärdete sich, als hätten sie ihm das ärgste Unrecht zugefügt.

Ich ließ indeß meinen Schwaben bei den Pferden -- die Bauern bewachten ihn -- und rettete meine schwarzgelbe Seele in die Schenkstube, wo sie sich auf der hölzernen Bank ausstreckte, die um den großen Ofen lief.

Ich langweilte mich bald, denn Freund Moschku hatte vollauf zu thun, seinen Gästen Branntwein und Neuigkeiten auszuschenken, und hüpfte nur selten wie ein Floh über den breiten Schenktisch zu mir, und saugte sich fest und versuchte ein gebildetes Gespräch von Politik und Literatur.

Auch ohne das. Ich langweilte mich und sah mich in der Schenke um.

Ihr Grundton war Grünspan.

Die spärlich genährte Erdöllampe erfüllte die Schenke mit grünlichem Lichte. Grüner Schimmel an den Wänden, der große viereckige Ofen wie mit Grünspan lackirt, grünes Moos wuchs aus den Feldsteinparketen Israels. Grüner Bodensatz in den Schnaps-

und schalt dabei die Bauern, daß sie einen solchen Herren, einen solchen — er wußte keine bezeichnendere Eigenschaft an mir zu finden — einen solchen Herren arretirt und einen solchen durch und durch schwarzgelben Herren, einen Herren, dessen Gesicht schon ganz schwarzgelb sei und dessen Seele ganz schwarzgelb sei. Das möchte er auf die Thora beschwören, und schalt und gebärdete sich, als hätten sie ihm das ärgste Unrecht zugefügt.

Ich ließ indeß meinen Schwaben bei den Pferden — die Bauern bewachten ihn — und rettete meine schwarzgelbe Seele in die Schenkstube, wo sie sich auf der hölzernen Bank ausstreckte, die um den großen Ofen lief.

Ich langweilte mich bald, denn Freund Moschku hatte vollauf zu thun, seinen Gästen Branntwein und Neuigkeiten auszuschenken, und hüpfte nur selten wie ein Floh über den breiten Schenktisch zu mir, und saugte sich fest und versuchte ein gebildetes Gespräch von Politik und Literatur.

Auch ohne das. Ich langweilte mich und sah mich in der Schenke um.

Ihr Grundton war Grünspan.

Die spärlich genährte Erdöllampe erfüllte die Schenke mit grünlichem Lichte. Grüner Schimmel an den Wänden, der große viereckige Ofen wie mit Grünspan lackirt, grünes Moos wuchs aus den Feldsteinparketen Israels. Grüner Bodensatz in den Schnaps-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0013"/>
und schalt dabei die Bauern, daß sie      einen solchen Herren, einen solchen &#x2014; er wußte keine bezeichnendere Eigenschaft an mir zu      finden &#x2014; einen solchen Herren arretirt und einen solchen durch und durch schwarzgelben Herren,      einen Herren, dessen Gesicht schon ganz schwarzgelb sei und dessen Seele ganz schwarzgelb sei.      Das möchte er auf die Thora beschwören, und schalt und gebärdete sich, als hätten sie ihm das      ärgste Unrecht zugefügt.</p><lb/>
        <p>Ich ließ indeß meinen Schwaben bei den Pferden &#x2014; die Bauern bewachten ihn &#x2014; und rettete meine      schwarzgelbe Seele in die Schenkstube, wo sie sich auf der hölzernen Bank ausstreckte, die um      den großen Ofen lief.</p><lb/>
        <p>Ich langweilte mich bald, denn Freund Moschku hatte vollauf zu thun, seinen Gästen Branntwein      und Neuigkeiten auszuschenken, und hüpfte nur selten wie ein Floh über den breiten Schenktisch      zu mir, und saugte sich fest und versuchte ein gebildetes Gespräch von Politik und      Literatur.</p><lb/>
        <p>Auch ohne das. Ich langweilte mich und sah mich in der Schenke um.</p><lb/>
        <p>Ihr Grundton war Grünspan.</p><lb/>
        <p>Die spärlich genährte Erdöllampe erfüllte die Schenke mit grünlichem Lichte. Grüner Schimmel      an den Wänden, der große viereckige Ofen wie mit Grünspan lackirt, grünes Moos wuchs aus den      Feldsteinparketen Israels. Grüner Bodensatz in den Schnaps-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0013] und schalt dabei die Bauern, daß sie einen solchen Herren, einen solchen — er wußte keine bezeichnendere Eigenschaft an mir zu finden — einen solchen Herren arretirt und einen solchen durch und durch schwarzgelben Herren, einen Herren, dessen Gesicht schon ganz schwarzgelb sei und dessen Seele ganz schwarzgelb sei. Das möchte er auf die Thora beschwören, und schalt und gebärdete sich, als hätten sie ihm das ärgste Unrecht zugefügt. Ich ließ indeß meinen Schwaben bei den Pferden — die Bauern bewachten ihn — und rettete meine schwarzgelbe Seele in die Schenkstube, wo sie sich auf der hölzernen Bank ausstreckte, die um den großen Ofen lief. Ich langweilte mich bald, denn Freund Moschku hatte vollauf zu thun, seinen Gästen Branntwein und Neuigkeiten auszuschenken, und hüpfte nur selten wie ein Floh über den breiten Schenktisch zu mir, und saugte sich fest und versuchte ein gebildetes Gespräch von Politik und Literatur. Auch ohne das. Ich langweilte mich und sah mich in der Schenke um. Ihr Grundton war Grünspan. Die spärlich genährte Erdöllampe erfüllte die Schenke mit grünlichem Lichte. Grüner Schimmel an den Wänden, der große viereckige Ofen wie mit Grünspan lackirt, grünes Moos wuchs aus den Feldsteinparketen Israels. Grüner Bodensatz in den Schnaps-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/13
Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/13>, abgerufen am 24.11.2024.