Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.Tasten berührte, mit biegsamer Stimme eine Reihe kleiner "Wie schade, daß man nicht zugleich spielen und tanzen "Das geht allerdings nicht", sagte Alexis, indem er Ludovica zuckte zusammen; aber sie setzte sich an den Taſten berührte, mit biegſamer Stimme eine Reihe kleiner „Wie ſchade, daß man nicht zugleich ſpielen und tanzen „Das geht allerdings nicht“, ſagte Alexis, indem er Ludovica zuckte zuſammen; aber ſie ſetzte ſich an den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0230" n="214"/> Taſten berührte, mit biegſamer Stimme eine Reihe kleiner<lb/> Couplets zu ſingen, welche zwar eben nichts Anſtößiges ent¬<lb/> hielten, aber doch mit ihrem parodirenden Inhalt und ſarkaſti¬<lb/> ſchen Witz in dem Munde eines ſo jungen Geſchöpfes um ſo<lb/> befremdender klangen, als ſie nebenher von allerlei vielſagenden<lb/> Kopf- und Körperbewegungen begleitet waren. Alexis ſchwamm<lb/> in Entzücken. „Herrlich! Göttlich!“ rief er ein über das an¬<lb/> dere Mal. „Nun, was ſagen Sie, mein Herr? Hatt' ich<lb/> nicht Recht?“ Durch dieſen Beifall angefeuert, geberdete ſich<lb/> die Kleine immer toller und begann endlich, ihren Geſang<lb/> abbrechend, einen Walzer zu ſpielen, ſo rauſchend, ſo mächtig,<lb/> mit einer ſolchen Fülle von Tönen, daß man ein ganzes<lb/> Orcheſter zu hören meinte und ſelbſt mir Tanzluſt in die Glie¬<lb/> der ſchoß. Der junge Kaufmann aber konnte ſich nicht halten.<lb/> Er umfaßte ſeine Braut und walzte mit ihr durch das Zimmer.</p><lb/> <p>„Wie ſchade, daß man nicht zugleich ſpielen und tanzen<lb/> kann!“ rief Mimi aus dem Gewoge heraus.</p><lb/> <p>„Das geht allerdings nicht“, ſagte Alexis, indem er<lb/> aufſprang. „Aber nicht wahr“ — und er legte dabei ſeine<lb/> Hand ſchmeichelnd auf die Schulter Ludovica's — „Deine<lb/> Schweſter wird für Dich ſpielen? Und ich will mit Dir<lb/> tanzen.“</p><lb/> <p>Ludovica zuckte zuſammen; aber ſie ſetzte ſich an den<lb/> Platz Mimi's. Ihr Spiel klang nach dem früheren lahm und<lb/> farblos. „Schneller! Stärker!“ ſchrie Alexis, der mit der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [214/0230]
Taſten berührte, mit biegſamer Stimme eine Reihe kleiner
Couplets zu ſingen, welche zwar eben nichts Anſtößiges ent¬
hielten, aber doch mit ihrem parodirenden Inhalt und ſarkaſti¬
ſchen Witz in dem Munde eines ſo jungen Geſchöpfes um ſo
befremdender klangen, als ſie nebenher von allerlei vielſagenden
Kopf- und Körperbewegungen begleitet waren. Alexis ſchwamm
in Entzücken. „Herrlich! Göttlich!“ rief er ein über das an¬
dere Mal. „Nun, was ſagen Sie, mein Herr? Hatt' ich
nicht Recht?“ Durch dieſen Beifall angefeuert, geberdete ſich
die Kleine immer toller und begann endlich, ihren Geſang
abbrechend, einen Walzer zu ſpielen, ſo rauſchend, ſo mächtig,
mit einer ſolchen Fülle von Tönen, daß man ein ganzes
Orcheſter zu hören meinte und ſelbſt mir Tanzluſt in die Glie¬
der ſchoß. Der junge Kaufmann aber konnte ſich nicht halten.
Er umfaßte ſeine Braut und walzte mit ihr durch das Zimmer.
„Wie ſchade, daß man nicht zugleich ſpielen und tanzen
kann!“ rief Mimi aus dem Gewoge heraus.
„Das geht allerdings nicht“, ſagte Alexis, indem er
aufſprang. „Aber nicht wahr“ — und er legte dabei ſeine
Hand ſchmeichelnd auf die Schulter Ludovica's — „Deine
Schweſter wird für Dich ſpielen? Und ich will mit Dir
tanzen.“
Ludovica zuckte zuſammen; aber ſie ſetzte ſich an den
Platz Mimi's. Ihr Spiel klang nach dem früheren lahm und
farblos. „Schneller! Stärker!“ ſchrie Alexis, der mit der
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