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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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"Zum Essen --" wiederholte er matt. "Und was giebt
es denn bei Euch?"

"Heidegrütze und Kartoffeln. Heute wird auch Schweine¬
fleisch sein; denn das haben sie gestern mitgebracht."

"Es ist schon lange, daß ich kein Fleisch mehr gegessen
habe", sagte er nachdenklich.

"Iß auch heute keins, Du hast das Fieber; es könnte
Dir schaden. Denn der Aufseher hat kein Gewissen und
nimmt dem Metzger in Schottwien die schlechte, verdorbene
Waare ab, und da er's bei der Bauleitung durchgesetzt hat,
daß Jeder, was er zum Leben braucht, bei ihm kaufen muß,
so schlägt er Alles theuer genug los und hat seinen sündhaf¬
ten Gewinn dabei. Drum kocht er auch selbst; denn er traut
Keinem von uns."

"Er kocht?"

"Ja. Um die Arbeit kümmert er sich wenig und läßt
es gehen, wie's geht. Nur zuweilen einmal kommt er nach¬
sehen, und dann flucht und wettert er; freilich am meisten mit
Solchen, die nicht den Muth haben, etwas zu erwiedern."

"Seltsam; aber mit dem Fleisch hat es mir keine Ge¬
fahr", sagte Georg bitter. "Denn da ich kein Geld habe,
kann ich mir auch keines kaufen."

"Je nun, er würde Dir schon borgen bis Samstag, wo
der Lohn ausbezahlt wird. Aber weh' Dir, wenn er Dich
einmal auf der Kreide hat! Nicht allein, daß er Dir Alles

„Zum Eſſen —“ wiederholte er matt. „Und was giebt
es denn bei Euch?“

„Heidegrütze und Kartoffeln. Heute wird auch Schweine¬
fleiſch ſein; denn das haben ſie geſtern mitgebracht.“

„Es iſt ſchon lange, daß ich kein Fleiſch mehr gegeſſen
habe“, ſagte er nachdenklich.

„Iß auch heute keins, Du haſt das Fieber; es könnte
Dir ſchaden. Denn der Aufſeher hat kein Gewiſſen und
nimmt dem Metzger in Schottwien die ſchlechte, verdorbene
Waare ab, und da er's bei der Bauleitung durchgeſetzt hat,
daß Jeder, was er zum Leben braucht, bei ihm kaufen muß,
ſo ſchlägt er Alles theuer genug los und hat ſeinen ſündhaf¬
ten Gewinn dabei. Drum kocht er auch ſelbſt; denn er traut
Keinem von uns.“

„Er kocht?“

„Ja. Um die Arbeit kümmert er ſich wenig und läßt
es gehen, wie's geht. Nur zuweilen einmal kommt er nach¬
ſehen, und dann flucht und wettert er; freilich am meiſten mit
Solchen, die nicht den Muth haben, etwas zu erwiedern.“

„Seltſam; aber mit dem Fleiſch hat es mir keine Ge¬
fahr“, ſagte Georg bitter. „Denn da ich kein Geld habe,
kann ich mir auch keines kaufen.“

„Je nun, er würde Dir ſchon borgen bis Samſtag, wo
der Lohn ausbezahlt wird. Aber weh' Dir, wenn er Dich
einmal auf der Kreide hat! Nicht allein, daß er Dir Alles

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[143/0159] „Zum Eſſen —“ wiederholte er matt. „Und was giebt es denn bei Euch?“ „Heidegrütze und Kartoffeln. Heute wird auch Schweine¬ fleiſch ſein; denn das haben ſie geſtern mitgebracht.“ „Es iſt ſchon lange, daß ich kein Fleiſch mehr gegeſſen habe“, ſagte er nachdenklich. „Iß auch heute keins, Du haſt das Fieber; es könnte Dir ſchaden. Denn der Aufſeher hat kein Gewiſſen und nimmt dem Metzger in Schottwien die ſchlechte, verdorbene Waare ab, und da er's bei der Bauleitung durchgeſetzt hat, daß Jeder, was er zum Leben braucht, bei ihm kaufen muß, ſo ſchlägt er Alles theuer genug los und hat ſeinen ſündhaf¬ ten Gewinn dabei. Drum kocht er auch ſelbſt; denn er traut Keinem von uns.“ „Er kocht?“ „Ja. Um die Arbeit kümmert er ſich wenig und läßt es gehen, wie's geht. Nur zuweilen einmal kommt er nach¬ ſehen, und dann flucht und wettert er; freilich am meiſten mit Solchen, die nicht den Muth haben, etwas zu erwiedern.“ „Seltſam; aber mit dem Fleiſch hat es mir keine Ge¬ fahr“, ſagte Georg bitter. „Denn da ich kein Geld habe, kann ich mir auch keines kaufen.“ „Je nun, er würde Dir ſchon borgen bis Samſtag, wo der Lohn ausbezahlt wird. Aber weh' Dir, wenn er Dich einmal auf der Kreide hat! Nicht allein, daß er Dir Alles

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/159>, abgerufen am 24.11.2024.