Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.trank, füllte es wieder und kehrte zurück. Das Brod lag "Weßhalb? Ich thu's ja gern. -- Aber jetzt iß", fuhr Er langte verschämt nach dem Brode. "Du hast gewiß "Ja, das hab' ich. Und ich spür' auch jetzt noch oft Es war, als blieb' ihm der Bissen im Halse stecken. "Mir wird sie gar nicht bezahlt." "Was? Du bekommst keinen Taglohn?" "Nein; den behält der Aufseher." "Der Aufseher?" "Er ist mein Stiefvater." "Dein Stiefvater --" wiederholte er, noch immer ganz "Ja; mein rechter ist bei der Arbeit verunglückt, als ich trank, füllte es wieder und kehrte zurück. Das Brod lag „Weßhalb? Ich thu's ja gern. — Aber jetzt iß“, fuhr Er langte verſchämt nach dem Brode. „Du haſt gewiß „Ja, das hab' ich. Und ich ſpür' auch jetzt noch oft Es war, als blieb' ihm der Biſſen im Halſe ſtecken. „Mir wird ſie gar nicht bezahlt.“ „Was? Du bekommſt keinen Taglohn?“ „Nein; den behält der Aufſeher.“ „Der Aufſeher?“ „Er iſt mein Stiefvater.“ „Dein Stiefvater —“ wiederholte er, noch immer ganz „Ja; mein rechter iſt bei der Arbeit verunglückt, als ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0156" n="140"/> trank, füllte es wieder und kehrte zurück. Das Brod lag<lb/> noch immer unberührt neben Georg. Aber das Waſſer nahm<lb/> er. „Ich danke Dir“, ſagte er innig, nachdem er getrunken<lb/> hatte.</p><lb/> <p>„Weßhalb? Ich thu's ja gern. — Aber jetzt iß“, fuhr<lb/> ſie, ſich wieder ſetzend, mit ſanftem Drängen fort. „Von mir<lb/> kannſt Du's ſchon nehmen.“</p><lb/> <p>Er langte verſchämt nach dem Brode. „Du haſt gewiß<lb/> im Leben auch ſchon viel Noth gelitten, weil Du ſo gut biſt“,<lb/> ſagte er, indem er, ohne ſie anzuſehen, ein Stückchen weg¬<lb/> brach. —</p><lb/> <p>„Ja, das hab' ich. Und ich ſpür' auch jetzt noch oft<lb/> genug, wie weh der Hunger thut.“</p><lb/> <p>Es war, als blieb' ihm der Biſſen im Halſe ſtecken.<lb/> „Auch jetzt noch?“ fragte er endlich. „Wird denn die Arbeit<lb/> gar ſo ſchlecht bezahlt?“</p><lb/> <p>„Mir wird ſie gar nicht bezahlt.“</p><lb/> <p>„Was? Du bekommſt keinen Taglohn?“</p><lb/> <p>„Nein; den behält der Aufſeher.“</p><lb/> <p>„Der Aufſeher?“</p><lb/> <p>„Er iſt mein Stiefvater.“</p><lb/> <p>„Dein Stiefvater —“ wiederholte er, noch immer ganz<lb/> gedankenlos vor Erſtaunen.</p><lb/> <p>„Ja; mein rechter iſt bei der Arbeit verunglückt, als ich<lb/> noch ganz klein war; abſtürzende Erde hat ihn verſchüttet.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0156]
trank, füllte es wieder und kehrte zurück. Das Brod lag
noch immer unberührt neben Georg. Aber das Waſſer nahm
er. „Ich danke Dir“, ſagte er innig, nachdem er getrunken
hatte.
„Weßhalb? Ich thu's ja gern. — Aber jetzt iß“, fuhr
ſie, ſich wieder ſetzend, mit ſanftem Drängen fort. „Von mir
kannſt Du's ſchon nehmen.“
Er langte verſchämt nach dem Brode. „Du haſt gewiß
im Leben auch ſchon viel Noth gelitten, weil Du ſo gut biſt“,
ſagte er, indem er, ohne ſie anzuſehen, ein Stückchen weg¬
brach. —
„Ja, das hab' ich. Und ich ſpür' auch jetzt noch oft
genug, wie weh der Hunger thut.“
Es war, als blieb' ihm der Biſſen im Halſe ſtecken.
„Auch jetzt noch?“ fragte er endlich. „Wird denn die Arbeit
gar ſo ſchlecht bezahlt?“
„Mir wird ſie gar nicht bezahlt.“
„Was? Du bekommſt keinen Taglohn?“
„Nein; den behält der Aufſeher.“
„Der Aufſeher?“
„Er iſt mein Stiefvater.“
„Dein Stiefvater —“ wiederholte er, noch immer ganz
gedankenlos vor Erſtaunen.
„Ja; mein rechter iſt bei der Arbeit verunglückt, als ich
noch ganz klein war; abſtürzende Erde hat ihn verſchüttet.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |