und musterte ihn von oben bis unten. "Zur Arbeit? Der Kerl kann ja kaum auf den Füßen stehen!"
"Ich hab' einen weiten Weg gemacht", sagte der Andere schüchtern. "Vom Otterthal herüber."
"Das ist auch was!" höhnte der Aufseher, indem er beim Schein des Zwielichtes in den Zettel sah, der ihm mit beben¬ der Hand überreicht wurde. "Huber nennst Du Dich?" fragte er nach einer Pause, aufblickend.
"Ja; Georg Huber."
"Wie kommst Du zu dem Soldatengewand?"
"Ich bin Urlauber."
"Was? Du hast beim Militär gedient?"
"Sieben Jahre; im zwölften Regiment. Jetzt aber haben sie mich heimgeschickt, weil ich das böse Fieber nicht loskriegen kann, das ich mir bei der Belagerung von Venedig geholt."
"So, das Fieber hast Du auch? Was die in der Bau¬ kanzlei für Leute aufnehmen! Lauter Krüppel, die man nur zum Steineklopfen verwenden kann; und da wundern sie sich, daß es nicht vorwärts geht. Aber merk' Dir's, Du", fügte er mit einer drohenden Handbewegung bei, "wenn Du nicht täglich Deine zwei Fuhren Schotter zu Wege bringst, so jag' ich Dich fort! Hier ist kein Spital." Und damit langte er wieder nach dem Korbe, und ging, während die Andern folg¬ ten, in die Hütte, wo er an der Hinterwand eine mit Eisen
und muſterte ihn von oben bis unten. „Zur Arbeit? Der Kerl kann ja kaum auf den Füßen ſtehen!“
„Ich hab' einen weiten Weg gemacht“, ſagte der Andere ſchüchtern. „Vom Otterthal herüber.“
„Das iſt auch was!“ höhnte der Aufſeher, indem er beim Schein des Zwielichtes in den Zettel ſah, der ihm mit beben¬ der Hand überreicht wurde. „Huber nennſt Du Dich?“ fragte er nach einer Pauſe, aufblickend.
„Ja; Georg Huber.“
„Wie kommſt Du zu dem Soldatengewand?“
„Ich bin Urlauber.“
„Was? Du haſt beim Militär gedient?“
„Sieben Jahre; im zwölften Regiment. Jetzt aber haben ſie mich heimgeſchickt, weil ich das böſe Fieber nicht loskriegen kann, das ich mir bei der Belagerung von Venedig geholt.“
„So, das Fieber haſt Du auch? Was die in der Bau¬ kanzlei für Leute aufnehmen! Lauter Krüppel, die man nur zum Steineklopfen verwenden kann; und da wundern ſie ſich, daß es nicht vorwärts geht. Aber merk' Dir's, Du“, fügte er mit einer drohenden Handbewegung bei, „wenn Du nicht täglich Deine zwei Fuhren Schotter zu Wege bringſt, ſo jag' ich Dich fort! Hier iſt kein Spital.“ Und damit langte er wieder nach dem Korbe, und ging, während die Andern folg¬ ten, in die Hütte, wo er an der Hinterwand eine mit Eiſen
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und muſterte ihn von oben bis unten. „Zur Arbeit? Der
Kerl kann ja kaum auf den Füßen ſtehen!“
„Ich hab' einen weiten Weg gemacht“, ſagte der Andere
ſchüchtern. „Vom Otterthal herüber.“
„Das iſt auch was!“ höhnte der Aufſeher, indem er beim
Schein des Zwielichtes in den Zettel ſah, der ihm mit beben¬
der Hand überreicht wurde. „Huber nennſt Du Dich?“ fragte
er nach einer Pauſe, aufblickend.
„Ja; Georg Huber.“
„Wie kommſt Du zu dem Soldatengewand?“
„Ich bin Urlauber.“
„Was? Du haſt beim Militär gedient?“
„Sieben Jahre; im zwölften Regiment. Jetzt aber haben
ſie mich heimgeſchickt, weil ich das böſe Fieber nicht loskriegen
kann, das ich mir bei der Belagerung von Venedig geholt.“
„So, das Fieber haſt Du auch? Was die in der Bau¬
kanzlei für Leute aufnehmen! Lauter Krüppel, die man nur
zum Steineklopfen verwenden kann; und da wundern ſie ſich,
daß es nicht vorwärts geht. Aber merk' Dir's, Du“, fügte
er mit einer drohenden Handbewegung bei, „wenn Du nicht
täglich Deine zwei Fuhren Schotter zu Wege bringſt, ſo jag'
ich Dich fort! Hier iſt kein Spital.“ Und damit langte er
wieder nach dem Korbe, und ging, während die Andern folg¬
ten, in die Hütte, wo er an der Hinterwand eine mit Eiſen
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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/150>, abgerufen am 16.07.2024.
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