Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.Meistern der florentinischen Schule, an welche er übrigens sich Die Gegenstände aber, welche die Wünsche und Bedürf- Meiſtern der florentiniſchen Schule, an welche er uͤbrigens ſich Die Gegenſtaͤnde aber, welche die Wuͤnſche und Beduͤrf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0098" n="76"/> Meiſtern der florentiniſchen Schule, an welche er uͤbrigens ſich<lb/> nicht anſchließen konnte, ohne auch auf ſie zuruͤckzuwirken.</p><lb/> <p>Die Gegenſtaͤnde aber, welche die Wuͤnſche und Beduͤrf-<lb/> niſſe der Goͤnner ihm zufuͤhrten, ſahen wir ihn ſtets mit leb-<lb/> hafter Theilnahme umfaſſen. Die Richtung des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/129222976">Alunno</persName>, des<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119091771">Pietro</persName> und anderer Maler deſſelben Bezirkes ſtand, wie ich<lb/> fruͤher gezeigt habe, in genauer Verbindung mit dem aſceti-<lb/> ſchen Streben des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534963">heil. Franz von Aſiſi</persName>. Fuͤr dieſes fand<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> die Empfaͤnglichkeit noch lebendig, als er im Um-<lb/> kreiſe von <placeName>Perugia</placeName> zu wirken begann; daher wiederholte<lb/> Verſuche, im Leiden des Erloͤſers tiefe Schmerzlichkeit mit<lb/> hoher Wuͤrde zu einigen, was ihm in der Piet<hi rendition="#aq">à</hi> des Grafen<lb/><persName ref="nognd">Toſi</persName>, und ſonſt trefflicher gelungen iſt, als jemals dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119091771">Pietro</persName>,<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/129222976">Alunno</persName>, oder anderen Malern derſelben Richtung. Seine<lb/> Madonnen, ſeine Jeſuskinder waren, ſo lange er den Gegen-<lb/> ſtand in dieſem Sinne nahm, wehmuͤthig, ſchmerzlicher Ahn-<lb/> dung voll. Hingegen geſtalteten ſich, als er ſpaͤter dem<lb/> practiſchen, im Gegenwaͤrtigen wurzelnden Sinne der Floren-<lb/> tiner zu genuͤgen hatte, ſeine Madonnen in heitere Familien-<lb/> ſcenen voll naiven Ausdruckes geſunder Lebensfreude. Auch<lb/> Groͤßeres ſchwebte ihm vor, wie es die Wandmalerey in dem<lb/> Kloſter S. Severo uns gezeigt. Judeß draͤngte er es ſeinen<lb/> Goͤnnern nicht auf, bewahrte es ſtill in ſeinem Buſen, bis<lb/> endlich zu <placeName>Rom</placeName>, unerſaͤttliche Anſpruͤche eines kuͤhnen und<lb/> geiſtvollen Beſchuͤtzers ſelbſt den vermeſſenſten Wuͤnſchen von<lb/> nun an unbegrenzten Spielraum gewaͤhrten.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0098]
Meiſtern der florentiniſchen Schule, an welche er uͤbrigens ſich
nicht anſchließen konnte, ohne auch auf ſie zuruͤckzuwirken.
Die Gegenſtaͤnde aber, welche die Wuͤnſche und Beduͤrf-
niſſe der Goͤnner ihm zufuͤhrten, ſahen wir ihn ſtets mit leb-
hafter Theilnahme umfaſſen. Die Richtung des Alunno, des
Pietro und anderer Maler deſſelben Bezirkes ſtand, wie ich
fruͤher gezeigt habe, in genauer Verbindung mit dem aſceti-
ſchen Streben des heil. Franz von Aſiſi. Fuͤr dieſes fand
Raphael die Empfaͤnglichkeit noch lebendig, als er im Um-
kreiſe von Perugia zu wirken begann; daher wiederholte
Verſuche, im Leiden des Erloͤſers tiefe Schmerzlichkeit mit
hoher Wuͤrde zu einigen, was ihm in der Pietà des Grafen
Toſi, und ſonſt trefflicher gelungen iſt, als jemals dem Pietro,
Alunno, oder anderen Malern derſelben Richtung. Seine
Madonnen, ſeine Jeſuskinder waren, ſo lange er den Gegen-
ſtand in dieſem Sinne nahm, wehmuͤthig, ſchmerzlicher Ahn-
dung voll. Hingegen geſtalteten ſich, als er ſpaͤter dem
practiſchen, im Gegenwaͤrtigen wurzelnden Sinne der Floren-
tiner zu genuͤgen hatte, ſeine Madonnen in heitere Familien-
ſcenen voll naiven Ausdruckes geſunder Lebensfreude. Auch
Groͤßeres ſchwebte ihm vor, wie es die Wandmalerey in dem
Kloſter S. Severo uns gezeigt. Judeß draͤngte er es ſeinen
Goͤnnern nicht auf, bewahrte es ſtill in ſeinem Buſen, bis
endlich zu Rom, unerſaͤttliche Anſpruͤche eines kuͤhnen und
geiſtvollen Beſchuͤtzers ſelbſt den vermeſſenſten Wuͤnſchen von
nun an unbegrenzten Spielraum gewaͤhrten.
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