aber dürfen wir glauben, was er über Raphaels Verhältniß zum Frate erzählt, weil es hinsichtlich des h. Petrus im Qui- rinal augenfällig ist, sonst aber mehr als wahrscheinlich, daß er in allen Raphaels Aufenthalt in Florenz angehenden Din- gen mündlichen Mittheilungen des Ridolfo Ghirlandajo ge- folgt sey, welcher in hohem Alter noch lebte, als Vasari die erste Auflage seiner Malerleben vorbereitete. Unverzeihlich, daß er eine so treffliche Quelle nicht bis auf den Grund ausge- nutzt hat.
In dieser Uebersicht habe ich mich auf solche Stücke be- schränkt, welche ich zu untersuchen Zeit und Gelegenheit ge- funden. Allein es werden verschiedene anderweitige Jugend- werke Raphaels genannt. Vasari nennt zu Perugia in der Servitenkirche, Kappelle Ansidei, eine Madonna mit S. Joh. Baptista und S. Nicolaus. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts (Morelli, guida di Perugia) glaubte man die- ses Bild noch zu besitzen, welches ich nicht mehr aufgefunden habe, noch dessen Schicksale kenne. Es möchten hier Ver- wechselungen die Dunkelheit vermehren. -- Für den Herzog von Urbino, meldet er ferner, habe Raphael drey kleine Bil- der gemalt: zwey Madonnen, einen Christus im Garten. Den letzten glaubte man in der Gallerie Orleans zu besitzen, welche nun auch verstreut ist. Ob eine der bekannteren Madonnen vormals dem Herzoge gehört habe, ist ungewiß. Nach Lo- mazzo hätte der Herzog von Urbino auch den heil. Georg be- sessen, welcher, nach der wohlerhaltenen Bause unter Raphaels Zeichnungen in der florentinischen Gallerie um das J. 1504 gemalt seyn müßte. -- Malvasia, Felsina pitt., im Leben des Francesco Franciap. 44. führt zu Bologna verschiedene dem Vasari unbekannte Arbeiten Raphaels auf, deren eine
aber duͤrfen wir glauben, was er uͤber Raphaels Verhaͤltniß zum Frate erzaͤhlt, weil es hinſichtlich des h. Petrus im Qui- rinal augenfaͤllig iſt, ſonſt aber mehr als wahrſcheinlich, daß er in allen Raphaels Aufenthalt in Florenz angehenden Din- gen muͤndlichen Mittheilungen des Ridolfo Ghirlandajo ge- folgt ſey, welcher in hohem Alter noch lebte, als Vaſari die erſte Auflage ſeiner Malerleben vorbereitete. Unverzeihlich, daß er eine ſo treffliche Quelle nicht bis auf den Grund ausge- nutzt hat.
In dieſer Ueberſicht habe ich mich auf ſolche Stuͤcke be- ſchraͤnkt, welche ich zu unterſuchen Zeit und Gelegenheit ge- funden. Allein es werden verſchiedene anderweitige Jugend- werke Raphaels genannt. Vaſari nennt zu Perugia in der Servitenkirche, Kappelle Anſidei, eine Madonna mit S. Joh. Baptiſta und S. Nicolaus. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts (Morelli, guida di Perugia) glaubte man die- ſes Bild noch zu beſitzen, welches ich nicht mehr aufgefunden habe, noch deſſen Schickſale kenne. Es moͤchten hier Ver- wechſelungen die Dunkelheit vermehren. — Fuͤr den Herzog von Urbino, meldet er ferner, habe Raphael drey kleine Bil- der gemalt: zwey Madonnen, einen Chriſtus im Garten. Den letzten glaubte man in der Gallerie Orleans zu beſitzen, welche nun auch verſtreut iſt. Ob eine der bekannteren Madonnen vormals dem Herzoge gehoͤrt habe, iſt ungewiß. Nach Lo- mazzo haͤtte der Herzog von Urbino auch den heil. Georg be- ſeſſen, welcher, nach der wohlerhaltenen Bauſe unter Raphaels Zeichnungen in der florentiniſchen Gallerie um das J. 1504 gemalt ſeyn muͤßte. — Malvaſia, Felsina pitt., im Leben des Francesco Franciap. 44. fuͤhrt zu Bologna verſchiedene dem Vaſari unbekannte Arbeiten Raphaels auf, deren eine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0095"n="73"/>
aber duͤrfen wir glauben, was er uͤber <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> Verhaͤltniß<lb/>
zum Frate erzaͤhlt, weil es hinſichtlich des h. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118593323">Petrus</persName> im Qui-<lb/>
rinal augenfaͤllig iſt, ſonſt aber mehr als wahrſcheinlich, daß<lb/>
er in allen <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> Aufenthalt in <placeName>Florenz</placeName> angehenden Din-<lb/>
gen muͤndlichen Mittheilungen des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/132924110">Ridolfo Ghirlandajo</persName> ge-<lb/>
folgt ſey, welcher in hohem Alter noch lebte, als <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> die<lb/>
erſte Auflage ſeiner Malerleben vorbereitete. Unverzeihlich, daß<lb/>
er eine ſo treffliche Quelle nicht bis auf den Grund ausge-<lb/>
nutzt hat.</p><lb/><p>In dieſer Ueberſicht habe ich mich auf ſolche Stuͤcke be-<lb/>ſchraͤnkt, welche ich zu unterſuchen Zeit und Gelegenheit ge-<lb/>
funden. Allein es werden verſchiedene anderweitige Jugend-<lb/>
werke <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> genannt. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> nennt zu <placeName>Perugia</placeName> in der<lb/>
Servitenkirche, Kappelle Anſidei, eine Madonna mit S. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118557858">Joh.<lb/>
Baptiſta</persName> und S. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/12918814X">Nicolaus</persName>. Um die Mitte des achtzehnten<lb/>
Jahrhunderts (<hirendition="#aq"><persNameref="nognd">Morelli</persName>, guida di <placeName>Perugia</placeName></hi>) glaubte man die-<lb/>ſes Bild noch zu beſitzen, welches ich nicht mehr aufgefunden<lb/>
habe, noch deſſen Schickſale kenne. Es moͤchten hier Ver-<lb/>
wechſelungen die Dunkelheit vermehren. — Fuͤr den Herzog<lb/>
von <placeName>Urbino</placeName>, meldet er ferner, habe <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> drey kleine Bil-<lb/>
der gemalt: zwey Madonnen, einen <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118557513">Chriſtus</persName> im Garten. Den<lb/>
letzten glaubte man in der Gallerie <placeName>Orleans</placeName> zu beſitzen, welche<lb/>
nun auch verſtreut iſt. Ob eine der bekannteren Madonnen<lb/>
vormals dem Herzoge gehoͤrt habe, iſt ungewiß. Nach <persNameref="nognd">Lo-<lb/>
mazzo</persName> haͤtte der Herzog von <placeName>Urbino</placeName> auch den heil. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118538527">Georg</persName> be-<lb/>ſeſſen, welcher, nach der wohlerhaltenen Bauſe unter <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName><lb/>
Zeichnungen in der florentiniſchen Gallerie um das J. 1504<lb/>
gemalt ſeyn muͤßte. —<persNameref="http://d-nb.info/gnd/122440676">Malvaſia</persName>, <hirendition="#aq">Felsina pitt</hi>., im Leben<lb/>
des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/102458979">Francesco Francia</persName><hirendition="#aq">p</hi>. 44. fuͤhrt zu <placeName>Bologna</placeName> verſchiedene<lb/>
dem <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> unbekannte Arbeiten <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> auf, deren eine<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[73/0095]
aber duͤrfen wir glauben, was er uͤber Raphaels Verhaͤltniß
zum Frate erzaͤhlt, weil es hinſichtlich des h. Petrus im Qui-
rinal augenfaͤllig iſt, ſonſt aber mehr als wahrſcheinlich, daß
er in allen Raphaels Aufenthalt in Florenz angehenden Din-
gen muͤndlichen Mittheilungen des Ridolfo Ghirlandajo ge-
folgt ſey, welcher in hohem Alter noch lebte, als Vaſari die
erſte Auflage ſeiner Malerleben vorbereitete. Unverzeihlich, daß
er eine ſo treffliche Quelle nicht bis auf den Grund ausge-
nutzt hat.
In dieſer Ueberſicht habe ich mich auf ſolche Stuͤcke be-
ſchraͤnkt, welche ich zu unterſuchen Zeit und Gelegenheit ge-
funden. Allein es werden verſchiedene anderweitige Jugend-
werke Raphaels genannt. Vaſari nennt zu Perugia in der
Servitenkirche, Kappelle Anſidei, eine Madonna mit S. Joh.
Baptiſta und S. Nicolaus. Um die Mitte des achtzehnten
Jahrhunderts (Morelli, guida di Perugia) glaubte man die-
ſes Bild noch zu beſitzen, welches ich nicht mehr aufgefunden
habe, noch deſſen Schickſale kenne. Es moͤchten hier Ver-
wechſelungen die Dunkelheit vermehren. — Fuͤr den Herzog
von Urbino, meldet er ferner, habe Raphael drey kleine Bil-
der gemalt: zwey Madonnen, einen Chriſtus im Garten. Den
letzten glaubte man in der Gallerie Orleans zu beſitzen, welche
nun auch verſtreut iſt. Ob eine der bekannteren Madonnen
vormals dem Herzoge gehoͤrt habe, iſt ungewiß. Nach Lo-
mazzo haͤtte der Herzog von Urbino auch den heil. Georg be-
ſeſſen, welcher, nach der wohlerhaltenen Bauſe unter Raphaels
Zeichnungen in der florentiniſchen Gallerie um das J. 1504
gemalt ſeyn muͤßte. — Malvaſia, Felsina pitt., im Leben
des Francesco Francia p. 44. fuͤhrt zu Bologna verſchiedene
dem Vaſari unbekannte Arbeiten Raphaels auf, deren eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/95>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.