Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.dessen für jedes Edle und Hohe empfängliche Gemüth dieses Zwey Zeichnungen, deren schon Vasari allgemeinhin er- Hier begegnen wir von Neuem jener vorwitzigen Will- deſſen fuͤr jedes Edle und Hohe empfaͤngliche Gemuͤth dieſes Zwey Zeichnungen, deren ſchon Vaſari allgemeinhin er- Hier begegnen wir von Neuem jener vorwitzigen Will- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0064" n="42"/> deſſen fuͤr jedes Edle und Hohe empfaͤngliche Gemuͤth dieſes<lb/> Opfer zu wuͤrdigen gewußt. Der bekannteſte Kunſtfreund,<lb/> Herr <persName ref="nognd">Wikar</persName>, Maler, zu <placeName>Rom</placeName>, beſitzt ein viertes Rund mit<lb/> einer heiligen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560573">Katharina</persName>, welches demſelben Gradino angehoͤrt<lb/> und mit den uͤbrigen Stuͤcken gedient hat, entweder kleine<lb/> Vorſpruͤnge zu verzieren, oder auch laͤngere Abtheilungen von<lb/> einander abzuſondern. Auch dieſer mit den aͤußeren Kennzei-<lb/> chen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> ſehr vertraute Kenner, vormals aͤſthetiſcher<lb/> Commiſſar der franzoͤſiſchen Republik in der Zeit ihrer Aus-<lb/> breitung uͤber <placeName>Italien</placeName>, war der Abkunft ſeines Fragments<lb/> ſehr gewiß, was die Vermuthung erweckt, er kenne deſſen<lb/> Urſprung.</p><lb/> <p>Zwey Zeichnungen, deren ſchon <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> allgemeinhin er-<lb/> waͤhnt, ſtehen nach ihrem Charakter dem Spoſalizio ſehr nahe;<lb/> die eine im Hauſe Baldeſchi zu <placeName>Perugia</placeName>, die andere unter den<lb/> Handzeichnungen der florentiniſchen Gallerie der Uffizj; beide<lb/> Entwuͤrfe fuͤr Wandgemaͤlde des Chorbuͤchergemaches (<hi rendition="#aq">libre-<lb/> ria</hi>) im Dome zu <placeName>Siena</placeName>, beide in derſelben Manier, braun<lb/> mit Sepia getuſcht, und, kaum noch bemerklich, mit Deckweiß<lb/> nachgehoͤht.</p><lb/> <p>Hier begegnen wir von Neuem jener vorwitzigen Will-<lb/> kuͤhrlichkeit, welche der modernen Kunſthiſtorie ſo haͤufig fuͤr<lb/> Kritik und Kennerſchaft gilt. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName>, die Quelle, aus welcher<lb/> hier allein geſchoͤpft wird, ſagt im Leben des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118792261">Pinturicchio</persName>:<lb/> „<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> machte die Entwuͤrfe und Cartons fuͤr <hi rendition="#g">ſaͤmmt-<lb/> liche</hi> Darſtellungen,“ und dagegen im Leben <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName>: „er<lb/> habe fuͤr jenes Werk <hi rendition="#g">einige</hi> Zeichnungen und Cartons ge-<lb/> macht.“ <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> war demnach nicht gewiß, ob <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> nur<lb/> einige, oder alle Darſtellungen entworfen; ob er nur Skizzen<lb/> und Entwuͤrfe, oder ausfuͤhrliche Zeichnungen in der Groͤße<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0064]
deſſen fuͤr jedes Edle und Hohe empfaͤngliche Gemuͤth dieſes
Opfer zu wuͤrdigen gewußt. Der bekannteſte Kunſtfreund,
Herr Wikar, Maler, zu Rom, beſitzt ein viertes Rund mit
einer heiligen Katharina, welches demſelben Gradino angehoͤrt
und mit den uͤbrigen Stuͤcken gedient hat, entweder kleine
Vorſpruͤnge zu verzieren, oder auch laͤngere Abtheilungen von
einander abzuſondern. Auch dieſer mit den aͤußeren Kennzei-
chen Raphaels ſehr vertraute Kenner, vormals aͤſthetiſcher
Commiſſar der franzoͤſiſchen Republik in der Zeit ihrer Aus-
breitung uͤber Italien, war der Abkunft ſeines Fragments
ſehr gewiß, was die Vermuthung erweckt, er kenne deſſen
Urſprung.
Zwey Zeichnungen, deren ſchon Vaſari allgemeinhin er-
waͤhnt, ſtehen nach ihrem Charakter dem Spoſalizio ſehr nahe;
die eine im Hauſe Baldeſchi zu Perugia, die andere unter den
Handzeichnungen der florentiniſchen Gallerie der Uffizj; beide
Entwuͤrfe fuͤr Wandgemaͤlde des Chorbuͤchergemaches (libre-
ria) im Dome zu Siena, beide in derſelben Manier, braun
mit Sepia getuſcht, und, kaum noch bemerklich, mit Deckweiß
nachgehoͤht.
Hier begegnen wir von Neuem jener vorwitzigen Will-
kuͤhrlichkeit, welche der modernen Kunſthiſtorie ſo haͤufig fuͤr
Kritik und Kennerſchaft gilt. Vaſari, die Quelle, aus welcher
hier allein geſchoͤpft wird, ſagt im Leben des Pinturicchio:
„Raphael machte die Entwuͤrfe und Cartons fuͤr ſaͤmmt-
liche Darſtellungen,“ und dagegen im Leben Raphaels: „er
habe fuͤr jenes Werk einige Zeichnungen und Cartons ge-
macht.“ Vaſari war demnach nicht gewiß, ob Raphael nur
einige, oder alle Darſtellungen entworfen; ob er nur Skizzen
und Entwuͤrfe, oder ausfuͤhrliche Zeichnungen in der Groͤße
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