tion an der Art Bögen, welche man den Hufeisen vergleicht, nach ihnen benennt. Ich befürchte, daß sie nicht eigentlich der Construction angehören, sondern bloß durch verzierende Ausladungen, denen häufig ein Säulchen zur Stütze dient, hervorgebracht wurden. Eigenthümlich sind ihnen ferner in der Verzierung die flachgehaltenen, meist wohl symbolischen Pflanzengebilde, nach welchen man später jede leichtere Flä- chenverzierung, Arabeske, benannt hat; ferner die häufigen Schriftstellen und Denksprüche, welche sie mit jenen zu ver- weben liebten. Auch scheint es, daß unter den Khalifen die Wohngebäude der Araber an Zierde und Bequemlichkeit Al- les übertroffen haben, was, bey ascetischer Richtung, damals bey christlichen Völkern gewöhnlich war. Die mehr novel- lenartigen Erzählungen in den arabischen Mährchensammlun- gen erwecken von dem Gemach und Reiz solcher Wohnungen den günstigsten Begriff; auch fand der griechische Kaiser Theo- philus daran so viel Gefallen, daß er in der Nähe von Con- stantinopel ein Lustschloß nach arabischem Geschmacke einrich- ten ließ. *) Da unstreitig der Islam dem sinnlichen Lebens- genusse einen weiteren Spielraum gewährte, als das Christen- thum; da ferner ästhetische Curiosität und Grillenhaftigkeit je- nem Zeitalter noch fern lag; so entstand diese Nachbildung arabischer Wohngebäude wohl nur aus dem Geschmacke des Kaisers an deren erprobter Behaglichkeit.
In den Zierden der arabischen Baukunst älterer Zeit liegt so viel mit den Ansichten der christlichen Völker Unvereinba- res, daß ein Beyspiel, wie das angeführte, wohl ohne Nach-
*) S. Schlosser, Geschichte der bilderstürmenden Kaiser, Bd. I. S. 500., und Gibbon, an s. St.
tion an der Art Boͤgen, welche man den Hufeiſen vergleicht, nach ihnen benennt. Ich befuͤrchte, daß ſie nicht eigentlich der Conſtruction angehoͤren, ſondern bloß durch verzierende Ausladungen, denen haͤufig ein Saͤulchen zur Stuͤtze dient, hervorgebracht wurden. Eigenthuͤmlich ſind ihnen ferner in der Verzierung die flachgehaltenen, meiſt wohl ſymboliſchen Pflanzengebilde, nach welchen man ſpaͤter jede leichtere Flaͤ- chenverzierung, Arabeske, benannt hat; ferner die haͤufigen Schriftſtellen und Denkſpruͤche, welche ſie mit jenen zu ver- weben liebten. Auch ſcheint es, daß unter den Khalifen die Wohngebaͤude der Araber an Zierde und Bequemlichkeit Al- les uͤbertroffen haben, was, bey aſcetiſcher Richtung, damals bey chriſtlichen Voͤlkern gewoͤhnlich war. Die mehr novel- lenartigen Erzaͤhlungen in den arabiſchen Maͤhrchenſammlun- gen erwecken von dem Gemach und Reiz ſolcher Wohnungen den guͤnſtigſten Begriff; auch fand der griechiſche Kaiſer Theo- philus daran ſo viel Gefallen, daß er in der Naͤhe von Con- ſtantinopel ein Luſtſchloß nach arabiſchem Geſchmacke einrich- ten ließ. *) Da unſtreitig der Islam dem ſinnlichen Lebens- genuſſe einen weiteren Spielraum gewaͤhrte, als das Chriſten- thum; da ferner aͤſthetiſche Curioſitaͤt und Grillenhaftigkeit je- nem Zeitalter noch fern lag; ſo entſtand dieſe Nachbildung arabiſcher Wohngebaͤude wohl nur aus dem Geſchmacke des Kaiſers an deren erprobter Behaglichkeit.
In den Zierden der arabiſchen Baukunſt aͤlterer Zeit liegt ſo viel mit den Anſichten der chriſtlichen Voͤlker Unvereinba- res, daß ein Beyſpiel, wie das angefuͤhrte, wohl ohne Nach-
*) S. Schloſſer, Geſchichte der bilderſtürmenden Kaiſer, Bd. I. S. 500., und Gibbon, an ſ. St.
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tion an der Art Boͤgen, welche man den Hufeiſen vergleicht,
nach ihnen benennt. Ich befuͤrchte, daß ſie nicht eigentlich
der Conſtruction angehoͤren, ſondern bloß durch verzierende
Ausladungen, denen haͤufig ein Saͤulchen zur Stuͤtze dient,
hervorgebracht wurden. Eigenthuͤmlich ſind ihnen ferner in
der Verzierung die flachgehaltenen, meiſt wohl ſymboliſchen
Pflanzengebilde, nach welchen man ſpaͤter jede leichtere Flaͤ-
chenverzierung, Arabeske, benannt hat; ferner die haͤufigen
Schriftſtellen und Denkſpruͤche, welche ſie mit jenen zu ver-
weben liebten. Auch ſcheint es, daß unter den Khalifen die
Wohngebaͤude der Araber an Zierde und Bequemlichkeit Al-
les uͤbertroffen haben, was, bey aſcetiſcher Richtung, damals
bey chriſtlichen Voͤlkern gewoͤhnlich war. Die mehr novel-
lenartigen Erzaͤhlungen in den arabiſchen Maͤhrchenſammlun-
gen erwecken von dem Gemach und Reiz ſolcher Wohnungen
den guͤnſtigſten Begriff; auch fand der griechiſche Kaiſer Theo-
philus daran ſo viel Gefallen, daß er in der Naͤhe von Con-
ſtantinopel ein Luſtſchloß nach arabiſchem Geſchmacke einrich-
ten ließ. *) Da unſtreitig der Islam dem ſinnlichen Lebens-
genuſſe einen weiteren Spielraum gewaͤhrte, als das Chriſten-
thum; da ferner aͤſthetiſche Curioſitaͤt und Grillenhaftigkeit je-
nem Zeitalter noch fern lag; ſo entſtand dieſe Nachbildung
arabiſcher Wohngebaͤude wohl nur aus dem Geſchmacke des
Kaiſers an deren erprobter Behaglichkeit.
In den Zierden der arabiſchen Baukunſt aͤlterer Zeit liegt
ſo viel mit den Anſichten der chriſtlichen Voͤlker Unvereinba-
res, daß ein Beyſpiel, wie das angefuͤhrte, wohl ohne Nach-
*) S. Schloſſer, Geſchichte der bilderſtürmenden Kaiſer, Bd. I.
S. 500., und Gibbon, an ſ. St.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/240>, abgerufen am 29.07.2024.
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