Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.dem stattlichen Säulenhalbkreis an der Rückseite der schönen In Ansehung ihrer größeren Beharrlichkeit beym Alten dem ſtattlichen Saͤulenhalbkreis an der Ruͤckſeite der ſchoͤnen In Anſehung ihrer groͤßeren Beharrlichkeit beym Alten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0236" n="214"/> dem ſtattlichen Saͤulenhalbkreis an der Ruͤckſeite der ſchoͤnen<lb/> Kirche S. Frediano zu <placeName>Lucca</placeName>. Man mag dieſe luftigen Saͤu-<lb/> lengaͤnge auch zur Vertheidigung und zur Luſt genutzt haben;<lb/> denn ſicher hatte die halboffene, raͤumige, auf eckige, ſchmuck-<lb/> loſe Pilaſter geſtuͤtzte Halle unter dem Giebel der Kirche S.<lb/> Saba, in den veroͤdeten Theilen <placeName>Roms</placeName>, nie den Zweck, die<lb/> Vorſeite zu verſchoͤnern, vielmehr einen practiſchen. Andere<lb/> Seltſamkeiten und Abweichungen von bis dahin feſtgehaltenen<lb/> Ueberlieferungen aus dem chriſtlichen Alterthume erklaͤren ſich<lb/> bequemer und ſicherer aus den frey productiven Beſtrebungen<lb/> der tramontanen, beſonders der deutſchen Steinmetzen und<lb/> Baukuͤnſtler, welche, unabhaͤngig vom taͤglichen Eindrucke der<lb/> antiken Denkmale, ſchon auf eine ganz neue Bauart abzielten.<lb/> Erweislich haben dieſe noͤrdlicheren Kunſtrichtungen ſchon ſeit<lb/> dem Jahre 1100 auf <placeName>Italien</placeName> Einfluß gewonnen.</p><lb/> <p>In Anſehung ihrer groͤßeren Beharrlichkeit beym Alten<lb/> erhielt ſich bey den Byzantinern ſicher, bis zur fraͤnkiſch-ve-<lb/> nezianiſchen Eroberung, die Bauverzierung ungleich mehr in<lb/> den hergebrachten Formen der chriſtlich-roͤmiſchen Bauſchule.<lb/> Dieſe war ſchon im vierten Jahrhunderte vom Alterthume in<lb/> vielen Dingen abgewichen. Am Palaſt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118679651">Diocletians</persName> zu <placeName>Spa-<lb/> latro</placeName> zeigen ſich Saͤulen uͤber Conſolen, was indeß nach ei-<lb/> nem wohlgearbeiteten Fragment im vaticaniſchen Muſeo ſchon<lb/> ungleich fruͤher gebraͤuchlich geweſen. Die Bildnerarbeit zu<lb/> umgehen (deren Schule ſchon im vierten Jahrhundert und<lb/> tiefer geſunken war, als jemals die Malerey), ſchloß man in<lb/> ſehr fruͤher Zeit die Fenſteroͤffnungen durch Bogenconſtructio-<lb/> nen verſchiedener Art, beſchraͤnkte ſich aber zuletzt auf den<lb/> Halbkreis, unter welchem man zeitig kleinere Saͤulen anbrachte,<lb/> ſowohl die Fuͤllungsmauer zu unterſtuͤtzen, als auch die Laͤ-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0236]
dem ſtattlichen Saͤulenhalbkreis an der Ruͤckſeite der ſchoͤnen
Kirche S. Frediano zu Lucca. Man mag dieſe luftigen Saͤu-
lengaͤnge auch zur Vertheidigung und zur Luſt genutzt haben;
denn ſicher hatte die halboffene, raͤumige, auf eckige, ſchmuck-
loſe Pilaſter geſtuͤtzte Halle unter dem Giebel der Kirche S.
Saba, in den veroͤdeten Theilen Roms, nie den Zweck, die
Vorſeite zu verſchoͤnern, vielmehr einen practiſchen. Andere
Seltſamkeiten und Abweichungen von bis dahin feſtgehaltenen
Ueberlieferungen aus dem chriſtlichen Alterthume erklaͤren ſich
bequemer und ſicherer aus den frey productiven Beſtrebungen
der tramontanen, beſonders der deutſchen Steinmetzen und
Baukuͤnſtler, welche, unabhaͤngig vom taͤglichen Eindrucke der
antiken Denkmale, ſchon auf eine ganz neue Bauart abzielten.
Erweislich haben dieſe noͤrdlicheren Kunſtrichtungen ſchon ſeit
dem Jahre 1100 auf Italien Einfluß gewonnen.
In Anſehung ihrer groͤßeren Beharrlichkeit beym Alten
erhielt ſich bey den Byzantinern ſicher, bis zur fraͤnkiſch-ve-
nezianiſchen Eroberung, die Bauverzierung ungleich mehr in
den hergebrachten Formen der chriſtlich-roͤmiſchen Bauſchule.
Dieſe war ſchon im vierten Jahrhunderte vom Alterthume in
vielen Dingen abgewichen. Am Palaſt Diocletians zu Spa-
latro zeigen ſich Saͤulen uͤber Conſolen, was indeß nach ei-
nem wohlgearbeiteten Fragment im vaticaniſchen Muſeo ſchon
ungleich fruͤher gebraͤuchlich geweſen. Die Bildnerarbeit zu
umgehen (deren Schule ſchon im vierten Jahrhundert und
tiefer geſunken war, als jemals die Malerey), ſchloß man in
ſehr fruͤher Zeit die Fenſteroͤffnungen durch Bogenconſtructio-
nen verſchiedener Art, beſchraͤnkte ſich aber zuletzt auf den
Halbkreis, unter welchem man zeitig kleinere Saͤulen anbrachte,
ſowohl die Fuͤllungsmauer zu unterſtuͤtzen, als auch die Laͤ-
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