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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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Anfang der Denkschrift. *) Das Zeitalter aber ist in Er-
mangelung des Jahres nur annäherungsweise in das eilfte,
oder zwölfte Jahrhundert zu versetzen. Endlich ist selbst je-
nes: splendida templa, **) nicht wohl auf den Dom zu be-
ziehen; denn man pflegte das Anbenken der Baukünstler an
den Gebäuden, welche sie errichtet hatten, mit den Worten:
hoc opus, zu eröffnen und in größeren Buchstaben, an her-
vorspringenden Stellen, meist im Friese der unteren Säulen-
stellung, mit einigem Anspruch anzubringen. So zeigt sich
denn auch an der Vorseite des Domes zu Pisa der eigent-
liche Werk- und Baumeister wenigstens der stattlichen Vor-
seite, vielleicht auch anderer Theile des Gebäudes, in der In-

*) -- Busketus -- Dulichio -- prevaluisse duci.
Menibus Iliacis cautus dedit ille ruinam
Hujus ab arte viri menia mira vides.
Calliditate sua nocuit dux ingeniosus
Utilis iste fuit calliditate sua.

Das K. des Namens darf nicht befremden. Es findet sich in vie-
len Namen der it. Urkunden, bis es durch das CH. der moderneren
Orthographie verdrängt wurde.
**) -- at sua Busketium splendida templa probant.
Non habet exemplum niveo de marmore templum
Quod fit Busketi prorsus ab ingenio.

Morrona (p. 159.) nimmt an, daß diese Zeilen, besonders wohl
der zweite der Form nach abspringende Vers, ganz außer Zweifel setzen,
daß Busketus den Dom entworfen habe. Hierin bestärkt ihn die No-
tiz eines Buches im Archivio delle Riformagioni, zu Florenz, welches
den Titel, santuario Pisano, führt. Wie alt dieses Buch sey, küm-
mert ihn nicht. Es ist aber eine Compilation, in welcher der Bu-
schetto da Dulicchio
, che fu architetto,
offenbar aus demselben Miß-
verständniß entstanden ist, als jener des Vasari. -- Im Jahre 1080,
dem Dat dieser Notiz, gab es in ganz Italien für die Geschäftsfüh-
rung aller Art kein einziges gebundenes Buch, nur einzelne Rollen.
Die Bücher beginnen erst nach dem J. 1200.

Anfang der Denkſchrift. *) Das Zeitalter aber iſt in Er-
mangelung des Jahres nur annaͤherungsweiſe in das eilfte,
oder zwoͤlfte Jahrhundert zu verſetzen. Endlich iſt ſelbſt je-
nes: splendida templa, **) nicht wohl auf den Dom zu be-
ziehen; denn man pflegte das Anbenken der Baukuͤnſtler an
den Gebaͤuden, welche ſie errichtet hatten, mit den Worten:
hoc opus, zu eroͤffnen und in groͤßeren Buchſtaben, an her-
vorſpringenden Stellen, meiſt im Frieſe der unteren Saͤulen-
ſtellung, mit einigem Anſpruch anzubringen. So zeigt ſich
denn auch an der Vorſeite des Domes zu Piſa der eigent-
liche Werk- und Baumeiſter wenigſtens der ſtattlichen Vor-
ſeite, vielleicht auch anderer Theile des Gebaͤudes, in der In-

*) BusketusDulichio — prevaluisse duci.
Menibus Iliacis cautus dedit ille ruinam
Hujus ab arte viri menia mira vides.
Calliditate sua nocuit dux ingeniosus
Utilis iste fuit calliditate sua.

Das K. des Namens darf nicht befremden. Es findet ſich in vie-
len Namen der it. Urkunden, bis es durch das CH. der moderneren
Orthographie verdrängt wurde.
**) — at sua Busketium splendida templa probant.
Non habet exemplum niveo de marmore templum
Quod fit Busketi prorsus ab ingenio.

Morrona (p. 159.) nimmt an, daß dieſe Zeilen, beſonders wohl
der zweite der Form nach abſpringende Vers, ganz außer Zweifel ſetzen,
daß Buſketus den Dom entworfen habe. Hierin beſtärkt ihn die No-
tiz eines Buches im Archivio delle Riformagioni, zu Florenz, welches
den Titel, santuario Pisano, führt. Wie alt dieſes Buch ſey, küm-
mert ihn nicht. Es iſt aber eine Compilation, in welcher der Bu-
schetto da Dulicchio
, che fu architetto,
offenbar aus demſelben Miß-
verſtändniß entſtanden iſt, als jener des Vaſari. — Im Jahre 1080,
dem Dat dieſer Notiz, gab es in ganz Italien für die Geſchäftsfüh-
rung aller Art kein einziges gebundenes Buch, nur einzelne Rollen.
Die Bücher beginnen erſt nach dem J. 1200.
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[204/0226] Anfang der Denkſchrift. *) Das Zeitalter aber iſt in Er- mangelung des Jahres nur annaͤherungsweiſe in das eilfte, oder zwoͤlfte Jahrhundert zu verſetzen. Endlich iſt ſelbſt je- nes: splendida templa, **) nicht wohl auf den Dom zu be- ziehen; denn man pflegte das Anbenken der Baukuͤnſtler an den Gebaͤuden, welche ſie errichtet hatten, mit den Worten: hoc opus, zu eroͤffnen und in groͤßeren Buchſtaben, an her- vorſpringenden Stellen, meiſt im Frieſe der unteren Saͤulen- ſtellung, mit einigem Anſpruch anzubringen. So zeigt ſich denn auch an der Vorſeite des Domes zu Piſa der eigent- liche Werk- und Baumeiſter wenigſtens der ſtattlichen Vor- ſeite, vielleicht auch anderer Theile des Gebaͤudes, in der In- *) — Busketus — Dulichio — prevaluisse duci. Menibus Iliacis cautus dedit ille ruinam Hujus ab arte viri menia mira vides. Calliditate sua nocuit dux ingeniosus Utilis iste fuit calliditate sua. Das K. des Namens darf nicht befremden. Es findet ſich in vie- len Namen der it. Urkunden, bis es durch das CH. der moderneren Orthographie verdrängt wurde. **) — at sua Busketium splendida templa probant. Non habet exemplum niveo de marmore templum Quod fit Busketi prorsus ab ingenio. Morrona (p. 159.) nimmt an, daß dieſe Zeilen, beſonders wohl der zweite der Form nach abſpringende Vers, ganz außer Zweifel ſetzen, daß Buſketus den Dom entworfen habe. Hierin beſtärkt ihn die No- tiz eines Buches im Archivio delle Riformagioni, zu Florenz, welches den Titel, santuario Pisano, führt. Wie alt dieſes Buch ſey, küm- mert ihn nicht. Es iſt aber eine Compilation, in welcher der Bu- schetto da Dulicchio, che fu architetto, offenbar aus demſelben Miß- verſtändniß entſtanden iſt, als jener des Vaſari. — Im Jahre 1080, dem Dat dieſer Notiz, gab es in ganz Italien für die Geſchäftsfüh- rung aller Art kein einziges gebundenes Buch, nur einzelne Rollen. Die Bücher beginnen erſt nach dem J. 1200.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/226>, abgerufen am 29.11.2024.