zianisches Original erreichbar. Allein in der Carnation ver- räth sich die Tonfolge der modernen, von den französischen ausgehenden Schulen: Neapelgelb im Lichte, Krapplack in den Mitteltinten, was vornehmlich der Brust ein höchst mo- dernes Ansehn giebt. -- Gleichfalls erinnere ich mich eines Originalitätzeugnisses der florentinischen Akademie für eine Copie nach einer alten Copie eines Bildes von Fra Barto- lommeo, welche vor nicht zwanzig Jahren von einem Bo- logneser zu Siena in dem Hause eines meiner Bekannten ge- malt worden. Weniger grobe Selbsttäuschungen kommen täg- lich vor, und schlagen nicht immer zum Vortheil derer aus, welche dem künstlerischen Kunsturtheile bei Ankäufen ein aus- schließliches Vertrauen schenken.
Sind nun endlich die technischen Erfahrungen und Fein- heiten, die Einsichten und Hülfskenntnisse, welche, da selbst der Genius derselben nicht entbehren kann, für den Künstler gewiß eine hohe Wichtigkeit haben, das letzte Ziel, der eigent- liche Zweck der Kunst? Sind sie nicht vielmehr bloße Hülfs- mittel der Versinnlichung dessen, was jede offene, edle, gebil- dete Seele erfreuen, begeistern, hinreißen soll? Wer denn hat ein Recht zu entscheiden, wo es das Allgemeine, das rein Menschliche gilt? Nicht der Zunftgenosse als solcher, wie hoch, wie niedrig er im Handwerke stehen möge, son- dern der unbefangenste, reinste, besonnenste Mensch, möge er Künstler, möge er dem äußeren Berufe nach seyn, was er ist.
Den ganzen Werth, die belebende Kraft eines solchen Beyfalls können freylich nur solche Künstler ermessen, denen jemals die Freude zu Theil geworden, durch deutliche Ver- gegenwärtigung würdiger Aufgaben unbefangen empfängliche
zianiſches Original erreichbar. Allein in der Carnation ver- raͤth ſich die Tonfolge der modernen, von den franzoͤſiſchen ausgehenden Schulen: Neapelgelb im Lichte, Krapplack in den Mitteltinten, was vornehmlich der Bruſt ein hoͤchſt mo- dernes Anſehn giebt. — Gleichfalls erinnere ich mich eines Originalitaͤtzeugniſſes der florentiniſchen Akademie fuͤr eine Copie nach einer alten Copie eines Bildes von Fra Barto- lommeo, welche vor nicht zwanzig Jahren von einem Bo- logneſer zu Siena in dem Hauſe eines meiner Bekannten ge- malt worden. Weniger grobe Selbſttaͤuſchungen kommen taͤg- lich vor, und ſchlagen nicht immer zum Vortheil derer aus, welche dem kuͤnſtleriſchen Kunſturtheile bei Ankaͤufen ein aus- ſchließliches Vertrauen ſchenken.
Sind nun endlich die techniſchen Erfahrungen und Fein- heiten, die Einſichten und Huͤlfskenntniſſe, welche, da ſelbſt der Genius derſelben nicht entbehren kann, fuͤr den Kuͤnſtler gewiß eine hohe Wichtigkeit haben, das letzte Ziel, der eigent- liche Zweck der Kunſt? Sind ſie nicht vielmehr bloße Huͤlfs- mittel der Verſinnlichung deſſen, was jede offene, edle, gebil- dete Seele erfreuen, begeiſtern, hinreißen ſoll? Wer denn hat ein Recht zu entſcheiden, wo es das Allgemeine, das rein Menſchliche gilt? Nicht der Zunftgenoſſe als ſolcher, wie hoch, wie niedrig er im Handwerke ſtehen moͤge, ſon- dern der unbefangenſte, reinſte, beſonnenſte Menſch, moͤge er Kuͤnſtler, moͤge er dem aͤußeren Berufe nach ſeyn, was er iſt.
Den ganzen Werth, die belebende Kraft eines ſolchen Beyfalls koͤnnen freylich nur ſolche Kuͤnſtler ermeſſen, denen jemals die Freude zu Theil geworden, durch deutliche Ver- gegenwaͤrtigung wuͤrdiger Aufgaben unbefangen empfaͤngliche
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zianiſches Original erreichbar. Allein in der Carnation ver-
raͤth ſich die Tonfolge der modernen, von den franzoͤſiſchen
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den Mitteltinten, was vornehmlich der Bruſt ein hoͤchſt mo-
dernes Anſehn giebt. — Gleichfalls erinnere ich mich eines
Originalitaͤtzeugniſſes der florentiniſchen Akademie fuͤr eine
Copie nach einer alten Copie eines Bildes von Fra Barto-
lommeo, welche vor nicht zwanzig Jahren von einem Bo-
logneſer zu Siena in dem Hauſe eines meiner Bekannten ge-
malt worden. Weniger grobe Selbſttaͤuſchungen kommen taͤg-
lich vor, und ſchlagen nicht immer zum Vortheil derer aus,
welche dem kuͤnſtleriſchen Kunſturtheile bei Ankaͤufen ein aus-
ſchließliches Vertrauen ſchenken.
Sind nun endlich die techniſchen Erfahrungen und Fein-
heiten, die Einſichten und Huͤlfskenntniſſe, welche, da ſelbſt
der Genius derſelben nicht entbehren kann, fuͤr den Kuͤnſtler
gewiß eine hohe Wichtigkeit haben, das letzte Ziel, der eigent-
liche Zweck der Kunſt? Sind ſie nicht vielmehr bloße Huͤlfs-
mittel der Verſinnlichung deſſen, was jede offene, edle, gebil-
dete Seele erfreuen, begeiſtern, hinreißen ſoll? Wer denn
hat ein Recht zu entſcheiden, wo es das Allgemeine, das
rein Menſchliche gilt? Nicht der Zunftgenoſſe als ſolcher,
wie hoch, wie niedrig er im Handwerke ſtehen moͤge, ſon-
dern der unbefangenſte, reinſte, beſonnenſte Menſch, moͤge er
Kuͤnſtler, moͤge er dem aͤußeren Berufe nach ſeyn, was er iſt.
Den ganzen Werth, die belebende Kraft eines ſolchen
Beyfalls koͤnnen freylich nur ſolche Kuͤnſtler ermeſſen, denen
jemals die Freude zu Theil geworden, durch deutliche Ver-
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/175>, abgerufen am 29.07.2024.
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