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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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Noch unter Julius II. vollendete er in dem Zimmer,
welches auf jene erste Stanza folgt, die Verzierung der Decke
und, an den Wänden, zwey große halbrunde Gemälde; die
übrigen fallen schon in die Regierung Leo X. In den Ge-
mälden der Decke ist, durch eine fehlerhafte Mischung des
Kalkbewurfes, die Farbe erloschen; dessenungeachtet sind sie in
verschiedener Hinsicht bemerkenswerth. Einmal versuchte Ra-
phael
an dieser Stelle zuerst, durch einen breiten, leicht ver-
zierten Rand und durch Andeutungen der Spannung, auch
durch eine flachere Behandlung der Bilder, diesen das Ansehn
von gewirkten Teppichen zu geben, was bezeugt, daß er schon
damals darauf bedacht gewesen, der schweren, drückenden Wir-
kung jener ersten Gewölbdecke auszuweichen. Ferner wieder-
holte Raphael in einer dieser scheinbaren Tapeten, dem Opfer
Isaac, noch einmal jenen wunderlich verkürzt vom Himmel
herabwirbelnden Engel, dessen wir uns aus früheren Erwäh-
nungen erinnern *). Endlich ist auch dieses bemerkenswerth,
daß hier bereits jenes eigenthümliche Princip der Anordnung
hervortritt, welches den bekannten Arazzi Raphaels so viel
Bewunderung und Beyfall erworben hat. Die freylich ganz
verblichenen Gemälde setzen dieses Princip nicht so deutlich
ins Licht, als das vortrefflichste Blatt des Marcantonio nach
dem Entwurfe zu einem dieser Bilder, der Verheißung der
Nachkommenschaft **).

Die Nachtheile jenes technischen Probestückes, oder Ver-

*) Lunette in S. Severo, Krucifix Fesch, Madonna di Pescia.
**) In der ehemals von Birkenstock, jetzt dem Herrn Sen. Bren-
tano
zu Frankfurt a. M. gehörenden Sammlung von Marcanton's Ku-
pferstichen befindet sich ein besonders saftiger Abdruck, den der Künstler
selbst könnte besorgt haben.

Noch unter Julius II. vollendete er in dem Zimmer,
welches auf jene erſte Stanza folgt, die Verzierung der Decke
und, an den Waͤnden, zwey große halbrunde Gemaͤlde; die
uͤbrigen fallen ſchon in die Regierung Leo X. In den Ge-
maͤlden der Decke iſt, durch eine fehlerhafte Miſchung des
Kalkbewurfes, die Farbe erloſchen; deſſenungeachtet ſind ſie in
verſchiedener Hinſicht bemerkenswerth. Einmal verſuchte Ra-
phael
an dieſer Stelle zuerſt, durch einen breiten, leicht ver-
zierten Rand und durch Andeutungen der Spannung, auch
durch eine flachere Behandlung der Bilder, dieſen das Anſehn
von gewirkten Teppichen zu geben, was bezeugt, daß er ſchon
damals darauf bedacht geweſen, der ſchweren, druͤckenden Wir-
kung jener erſten Gewoͤlbdecke auszuweichen. Ferner wieder-
holte Raphael in einer dieſer ſcheinbaren Tapeten, dem Opfer
Iſaac, noch einmal jenen wunderlich verkuͤrzt vom Himmel
herabwirbelnden Engel, deſſen wir uns aus fruͤheren Erwaͤh-
nungen erinnern *). Endlich iſt auch dieſes bemerkenswerth,
daß hier bereits jenes eigenthuͤmliche Princip der Anordnung
hervortritt, welches den bekannten Arazzi Raphaels ſo viel
Bewunderung und Beyfall erworben hat. Die freylich ganz
verblichenen Gemaͤlde ſetzen dieſes Princip nicht ſo deutlich
ins Licht, als das vortrefflichſte Blatt des Marcantonio nach
dem Entwurfe zu einem dieſer Bilder, der Verheißung der
Nachkommenſchaft **).

Die Nachtheile jenes techniſchen Probeſtuͤckes, oder Ver-

*) Lunette in S. Severo, Krucifix Feſch, Madonna di Peſcia.
**) In der ehemals von Birkenſtock, jetzt dem Herrn Sen. Bren-
tano
zu Frankfurt a. M. gehörenden Sammlung von Marcanton’s Ku-
pferſtichen befindet ſich ein beſonders ſaftiger Abdruck, den der Künſtler
ſelbſt könnte beſorgt haben.
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[102/0124] Noch unter Julius II. vollendete er in dem Zimmer, welches auf jene erſte Stanza folgt, die Verzierung der Decke und, an den Waͤnden, zwey große halbrunde Gemaͤlde; die uͤbrigen fallen ſchon in die Regierung Leo X. In den Ge- maͤlden der Decke iſt, durch eine fehlerhafte Miſchung des Kalkbewurfes, die Farbe erloſchen; deſſenungeachtet ſind ſie in verſchiedener Hinſicht bemerkenswerth. Einmal verſuchte Ra- phael an dieſer Stelle zuerſt, durch einen breiten, leicht ver- zierten Rand und durch Andeutungen der Spannung, auch durch eine flachere Behandlung der Bilder, dieſen das Anſehn von gewirkten Teppichen zu geben, was bezeugt, daß er ſchon damals darauf bedacht geweſen, der ſchweren, druͤckenden Wir- kung jener erſten Gewoͤlbdecke auszuweichen. Ferner wieder- holte Raphael in einer dieſer ſcheinbaren Tapeten, dem Opfer Iſaac, noch einmal jenen wunderlich verkuͤrzt vom Himmel herabwirbelnden Engel, deſſen wir uns aus fruͤheren Erwaͤh- nungen erinnern *). Endlich iſt auch dieſes bemerkenswerth, daß hier bereits jenes eigenthuͤmliche Princip der Anordnung hervortritt, welches den bekannten Arazzi Raphaels ſo viel Bewunderung und Beyfall erworben hat. Die freylich ganz verblichenen Gemaͤlde ſetzen dieſes Princip nicht ſo deutlich ins Licht, als das vortrefflichſte Blatt des Marcantonio nach dem Entwurfe zu einem dieſer Bilder, der Verheißung der Nachkommenſchaft **). Die Nachtheile jenes techniſchen Probeſtuͤckes, oder Ver- *) Lunette in S. Severo, Krucifix Feſch, Madonna di Peſcia. **) In der ehemals von Birkenſtock, jetzt dem Herrn Sen. Bren- tano zu Frankfurt a. M. gehörenden Sammlung von Marcanton’s Ku- pferſtichen befindet ſich ein beſonders ſaftiger Abdruck, den der Künſtler ſelbſt könnte beſorgt haben.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/124>, abgerufen am 23.11.2024.