damaliger Künstler. Auch die Anfoderungen der Einzelnen be- schränkten sich, wie zahllose kleine Madonnen und Heiligenbil- der bewähren, im Ganzen auf Gegenstände der häuslichen Andacht, und selbst bey Verzierung der Säle, in welchen die bürgerlichen Obrigkeiten sich versammelten, mischte man kirch- liche Gegenstände unter die politischen Allegorieen, wie aus den wohlerhaltenen Malereyen des öffentlichen Palastes zu Siena, aus dem häufigen Durchblicken des Nimbus an den überweißten Wänden des Palastes del Podesta zu Florenz, oder aus anderen Beyspielen abzunehmen ist. Zu Siena ward allerdings schon in den ersten Decennien des funfzehnten Jahr- hundertes dem Taddeo di Bartolo die Darstellung großer Hel- den und Staatsmänner des Alterthumes aufgetragen; doch entsinnen wir uns, daß ihm diese Helden mißglückt waren und keinesweges mit den Heiligen Darstellungen zu vergleichen sind, welche ihnen zur Seite stehn. Nachdem aber das bis dahin unbeachtete, oder doch untergeordnete Bedürfniß erwacht war, das häusliche Leben vertheilhafter einzurichten und in der Verzierung der Wohnungen dem Lebenssinne die nöthige Befriedigung zuzuwenden, mehrte sich, wie er voraus zu setzen war, die Frage nach mythisch-allegorischen Bildern.
In Lösung dieser neuen Anfoderungen an das Talent, sind die Bildner den Malern vorangegangen. Schon Ghi- berti, welcher seine Verehrung des classischen Alterthumes in seiner Schrift sehr entschieden ausgesprochen *), zeigte auch in seinen Kunstarbeiten Bekanntschaft mit vielen eigenthümlichen Zügen der antiken Bildnerey, in welche Luca della Robbia,
*) S. Cod. cit. den ersten die antike Kunstgeschichte umfassen- den Abschnitt und manche, zum Theil schon angeführte Andeutun- gen in seiner neueren Kunstgeschichte.
damaliger Kuͤnſtler. Auch die Anfoderungen der Einzelnen be- ſchraͤnkten ſich, wie zahlloſe kleine Madonnen und Heiligenbil- der bewaͤhren, im Ganzen auf Gegenſtaͤnde der haͤuslichen Andacht, und ſelbſt bey Verzierung der Saͤle, in welchen die buͤrgerlichen Obrigkeiten ſich verſammelten, miſchte man kirch- liche Gegenſtaͤnde unter die politiſchen Allegorieen, wie aus den wohlerhaltenen Malereyen des oͤffentlichen Palaſtes zu Siena, aus dem haͤufigen Durchblicken des Nimbus an den uͤberweißten Waͤnden des Palaſtes del Podeſta zu Florenz, oder aus anderen Beyſpielen abzunehmen iſt. Zu Siena ward allerdings ſchon in den erſten Decennien des funfzehnten Jahr- hundertes dem Taddeo di Bartolo die Darſtellung großer Hel- den und Staatsmaͤnner des Alterthumes aufgetragen; doch entſinnen wir uns, daß ihm dieſe Helden mißgluͤckt waren und keinesweges mit den Heiligen Darſtellungen zu vergleichen ſind, welche ihnen zur Seite ſtehn. Nachdem aber das bis dahin unbeachtete, oder doch untergeordnete Beduͤrfniß erwacht war, das haͤusliche Leben vertheilhafter einzurichten und in der Verzierung der Wohnungen dem Lebensſinne die noͤthige Befriedigung zuzuwenden, mehrte ſich, wie er voraus zu ſetzen war, die Frage nach mythiſch-allegoriſchen Bildern.
In Loͤſung dieſer neuen Anfoderungen an das Talent, ſind die Bildner den Malern vorangegangen. Schon Ghi- berti, welcher ſeine Verehrung des claſſiſchen Alterthumes in ſeiner Schrift ſehr entſchieden ausgeſprochen *), zeigte auch in ſeinen Kunſtarbeiten Bekanntſchaft mit vielen eigenthuͤmlichen Zuͤgen der antiken Bildnerey, in welche Luca della Robbia,
*) S. Cod. cit. den erſten die antike Kunſtgeſchichte umfaſſen- den Abſchnitt und manche, zum Theil ſchon angefuͤhrte Andeutun- gen in ſeiner neueren Kunſtgeſchichte.
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damaliger Kuͤnſtler. Auch die Anfoderungen der Einzelnen be-
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der bewaͤhren, im Ganzen auf Gegenſtaͤnde der haͤuslichen
Andacht, und ſelbſt bey Verzierung der Saͤle, in welchen die
buͤrgerlichen Obrigkeiten ſich verſammelten, miſchte man kirch-
liche Gegenſtaͤnde unter die politiſchen Allegorieen, wie aus
den wohlerhaltenen Malereyen des oͤffentlichen Palaſtes zu
Siena, aus dem haͤufigen Durchblicken des Nimbus an den
uͤberweißten Waͤnden des Palaſtes del Podeſta zu Florenz,
oder aus anderen Beyſpielen abzunehmen iſt. Zu Siena ward
allerdings ſchon in den erſten Decennien des funfzehnten Jahr-
hundertes dem Taddeo di Bartolo die Darſtellung großer Hel-
den und Staatsmaͤnner des Alterthumes aufgetragen; doch
entſinnen wir uns, daß ihm dieſe Helden mißgluͤckt waren
und keinesweges mit den Heiligen Darſtellungen zu vergleichen
ſind, welche ihnen zur Seite ſtehn. Nachdem aber das bis
dahin unbeachtete, oder doch untergeordnete Beduͤrfniß erwacht
war, das haͤusliche Leben vertheilhafter einzurichten und in
der Verzierung der Wohnungen dem Lebensſinne die noͤthige
Befriedigung zuzuwenden, mehrte ſich, wie er voraus zu ſetzen
war, die Frage nach mythiſch-allegoriſchen Bildern.
In Loͤſung dieſer neuen Anfoderungen an das Talent,
ſind die Bildner den Malern vorangegangen. Schon Ghi-
berti, welcher ſeine Verehrung des claſſiſchen Alterthumes in
ſeiner Schrift ſehr entſchieden ausgeſprochen *), zeigte auch in
ſeinen Kunſtarbeiten Bekanntſchaft mit vielen eigenthuͤmlichen
Zuͤgen der antiken Bildnerey, in welche Luca della Robbia,
*) S. Cod. cit. den erſten die antike Kunſtgeſchichte umfaſſen-
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/413>, abgerufen am 24.11.2024.
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