Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.agnuolo unläugbar den Vorzug tieferer Formenkenntniß, grö- Indeß ist dieses Verdienst, genau genommen, nur ein *) Vasari, vita di Nanni d'Antonio di Banco (Ed. cit. p. 260)
-- Rispose Donato ridendo: questo buon huomo non e nell' arte quello, che sono io, e dura nel lavorare molto piu fatica di me. -- Ob Donatello wirklich so gesprochen, ist wahrscheinlich nicht wohl mehr auszumachen; doch bezeugt diese Stelle, daß seine Zeit- genossen und näheren Nachfolger seine Ueberlegenheit eben in den technischen Dingen aufsuchten. agnuolo unlaͤugbar den Vorzug tieferer Formenkenntniß, groͤ- Indeß iſt dieſes Verdienſt, genau genommen, nur ein *) Vasari, vita di Nanni d’Antonio di Banco (Ed. cit. p. 260)
— Rispose Donato ridendo: questo buon huomo non é nell’ arte quello, che sono io, e dura nel lavorare molto più fatica di me. — Ob Donatello wirklich ſo geſprochen, iſt wahrſcheinlich nicht wohl mehr auszumachen; doch bezeugt dieſe Stelle, daß ſeine Zeit- genoſſen und naͤheren Nachfolger ſeine Ueberlegenheit eben in den techniſchen Dingen aufſuchten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0256" n="238"/><persName xml:id="pn6b" prev="#pn6a">agnuolo</persName> unlaͤugbar den Vorzug tieferer Formenkenntniß, groͤ-<lb/> ßerer Gewandtheit und eines feineren Geſchmackes in der Aus-<lb/> bildung des Einzelnen; mußte er mithin ſein allgemeines Vor-<lb/> bild in dieſen Dingen nothwendig uͤbertreffen: ſo duͤrfte doch<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118526693">Donatello</persName> vor dem juͤngeren Meiſter den Vorzug geltend ma-<lb/> chen, daß er weniger, als jener, von allem Sinn fuͤr die<lb/> Anfoderungen des Schweren entbloͤßt geweſen. Allerdings<lb/> neigte ſich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118526693">Donato</persName>, nach dem Vorbilde des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118539086">Ghiberti</persName>, zu ma-<lb/> leriſchen Wallungen der Geſtalt hinuͤber; doch umgiebt jene<lb/> zuckende Bewegung, welche ſeinen Statuen nun einmal ange-<lb/> hoͤrt, eine gewiſſe unſichtbare Spirallinie, vor welcher ſein<lb/> Streben nach Ausladung inſtinctmaͤßig in den jedesmal gege-<lb/> benen Schwerpunct zuruͤckweicht. Unter allen Umſtaͤnden be-<lb/> ſitzt ſein Lieblings und Meiſterwerk, der beruͤhmte Kahlkopf<lb/> (<hi rendition="#aq">zuccone</hi>) am Thurme des florentiniſchen Domes, hinſicht-<lb/> lich der Unterordnung der Bewegung, der Stellung, des allge-<lb/> meinen Ganges der Gewandung, ein ausgezeichnetes Verdienſt;<lb/> wie ſie denn noch immer mit vollem Grunde fuͤr eines der<lb/> beſten Standbilder neuerer Zeiten gehalten wird.</p><lb/> <p>Indeß iſt dieſes Verdienſt, genau genommen, nur ein<lb/> techniſches; uͤberhaupt ſcheint es, daß er beſonders durch Ge-<lb/> wandtheit und Anſtelligkeit bey ſeinen Zeitgenoſſen in Anſehn<lb/> gekommen. <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vasari</persName>, vita di <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118737945">Nanni d’Antonio di Banco</persName> (Ed. cit. p. 260)<lb/> — Rispose <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118526693">Donato</persName> ridendo: questo buon huomo non é nell’ arte<lb/> quello, che sono io, e dura nel lavorare molto più fatica di me.</hi><lb/> — Ob <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118526693">Donatello</persName> wirklich ſo geſprochen, iſt wahrſcheinlich nicht<lb/> wohl mehr auszumachen; doch bezeugt dieſe Stelle, daß ſeine Zeit-<lb/> genoſſen und naͤheren Nachfolger ſeine Ueberlegenheit eben in den<lb/> techniſchen Dingen aufſuchten.</note> Gewiß war ſein Geiſt eben ſo arm, als roh,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0256]
agnuolo unlaͤugbar den Vorzug tieferer Formenkenntniß, groͤ-
ßerer Gewandtheit und eines feineren Geſchmackes in der Aus-
bildung des Einzelnen; mußte er mithin ſein allgemeines Vor-
bild in dieſen Dingen nothwendig uͤbertreffen: ſo duͤrfte doch
Donatello vor dem juͤngeren Meiſter den Vorzug geltend ma-
chen, daß er weniger, als jener, von allem Sinn fuͤr die
Anfoderungen des Schweren entbloͤßt geweſen. Allerdings
neigte ſich Donato, nach dem Vorbilde des Ghiberti, zu ma-
leriſchen Wallungen der Geſtalt hinuͤber; doch umgiebt jene
zuckende Bewegung, welche ſeinen Statuen nun einmal ange-
hoͤrt, eine gewiſſe unſichtbare Spirallinie, vor welcher ſein
Streben nach Ausladung inſtinctmaͤßig in den jedesmal gege-
benen Schwerpunct zuruͤckweicht. Unter allen Umſtaͤnden be-
ſitzt ſein Lieblings und Meiſterwerk, der beruͤhmte Kahlkopf
(zuccone) am Thurme des florentiniſchen Domes, hinſicht-
lich der Unterordnung der Bewegung, der Stellung, des allge-
meinen Ganges der Gewandung, ein ausgezeichnetes Verdienſt;
wie ſie denn noch immer mit vollem Grunde fuͤr eines der
beſten Standbilder neuerer Zeiten gehalten wird.
Indeß iſt dieſes Verdienſt, genau genommen, nur ein
techniſches; uͤberhaupt ſcheint es, daß er beſonders durch Ge-
wandtheit und Anſtelligkeit bey ſeinen Zeitgenoſſen in Anſehn
gekommen. *) Gewiß war ſein Geiſt eben ſo arm, als roh,
*) Vasari, vita di Nanni d’Antonio di Banco (Ed. cit. p. 260)
— Rispose Donato ridendo: questo buon huomo non é nell’ arte
quello, che sono io, e dura nel lavorare molto più fatica di me.
— Ob Donatello wirklich ſo geſprochen, iſt wahrſcheinlich nicht
wohl mehr auszumachen; doch bezeugt dieſe Stelle, daß ſeine Zeit-
genoſſen und naͤheren Nachfolger ſeine Ueberlegenheit eben in den
techniſchen Dingen aufſuchten.
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