Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

zugeben, daß die Kriegs-Baukunst einen sehr wichtigen Theil
seines Berufes ausmachte.

Freylich war die Befestigung in jenen frühen Zeiten
durchaus in den Händen der Architecten. Die Beschäftigung
mit dem Festungsbau schloß daher die schöne Architectur nicht
aus, in welcher unser Franz, alles Angeführten ungeachtet, ein
großer Meister seyn konnte. Allein wie wäre es denn erklär-
lich, daß wir von keinem einzigen seiner schönen Bauwerke
sichere Kenntniß haben, da wir doch seine anderweitige Wirk-
samkeit etwa sechs und dreyßig Jahre lang in den Urkunden
und in seinen eigenen Schriften verfolgen können? -- Die
sieneser Briefe *) geben uns ein langes Verzeichniß seiner
Bauwerke, sollte man glauben, daß auch von keinem einzigen
erwiesen ist, daß Francesco den Entwurf dazu gemacht habe,
daß bey verschiedenen, z. B. bey den Bauwerken Pius II.,
das Gegentheil geradezu am Tage liegt? In der That können
wir nur den mehrerwähnten Marstall zu Urbino, als ein zu-
verlässiges Bauwerk des Francesco di Giorgio angeben. Die-
ser Stall ist vielleicht noch derselbe, den Baldi **) in seine
Beschreibung des Palastes zu Urbino aufnimmt.

Vasari jedoch macht unsern Franz zum Baumeister des
Schlosses selbst, welches zu den überlegtesten und wohlausge-
führtesten Bauwerken jener Zeit gehört. Herzog Friedrich hatte
diesen Bau, nach Reposati ***), schon 1447. begonnen. Hin-

*) To. III. p. 101.
**) Memorie concernenti la citta d'Urbino. In Roma 1724.
fo. no. II
.
***) Della Zecca di Gubbio. To. I. p. 263. Diese Angabe beruht
auf der Inschrift am Palaste selbst, die auch das oben a. W. mit-
theilt.

zugeben, daß die Kriegs-Baukunſt einen ſehr wichtigen Theil
ſeines Berufes ausmachte.

Freylich war die Befeſtigung in jenen fruͤhen Zeiten
durchaus in den Haͤnden der Architecten. Die Beſchaͤftigung
mit dem Feſtungsbau ſchloß daher die ſchoͤne Architectur nicht
aus, in welcher unſer Franz, alles Angefuͤhrten ungeachtet, ein
großer Meiſter ſeyn konnte. Allein wie waͤre es denn erklaͤr-
lich, daß wir von keinem einzigen ſeiner ſchoͤnen Bauwerke
ſichere Kenntniß haben, da wir doch ſeine anderweitige Wirk-
ſamkeit etwa ſechs und dreyßig Jahre lang in den Urkunden
und in ſeinen eigenen Schriften verfolgen koͤnnen? — Die
ſieneſer Briefe *) geben uns ein langes Verzeichniß ſeiner
Bauwerke, ſollte man glauben, daß auch von keinem einzigen
erwieſen iſt, daß Francesco den Entwurf dazu gemacht habe,
daß bey verſchiedenen, z. B. bey den Bauwerken Pius II.,
das Gegentheil geradezu am Tage liegt? In der That koͤnnen
wir nur den mehrerwaͤhnten Marſtall zu Urbino, als ein zu-
verlaͤſſiges Bauwerk des Francesco di Giorgio angeben. Die-
ſer Stall iſt vielleicht noch derſelbe, den Baldi **) in ſeine
Beſchreibung des Palaſtes zu Urbino aufnimmt.

Vaſari jedoch macht unſern Franz zum Baumeiſter des
Schloſſes ſelbſt, welches zu den uͤberlegteſten und wohlausge-
fuͤhrteſten Bauwerken jener Zeit gehoͤrt. Herzog Friedrich hatte
dieſen Bau, nach Repoſati ***), ſchon 1447. begonnen. Hin-

*) To. III. p. 101.
**) Memorie concernenti la città d’Urbino. In Roma 1724.
fo. no. II
.
***) Della Zecca di Gubbio. To. I. p. 263. Dieſe Angabe beruht
auf der Inſchrift am Palaſte ſelbſt, die auch das oben a. W. mit-
theilt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0207" n="189"/>
zugeben, daß die Kriegs-Baukun&#x017F;t einen &#x017F;ehr wichtigen Theil<lb/>
&#x017F;eines Berufes ausmachte.</p><lb/>
            <p>Freylich war die Befe&#x017F;tigung in jenen fru&#x0364;hen Zeiten<lb/>
durchaus in den Ha&#x0364;nden der Architecten. Die Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung<lb/>
mit dem Fe&#x017F;tungsbau &#x017F;chloß daher die &#x017F;cho&#x0364;ne Architectur nicht<lb/>
aus, in welcher un&#x017F;er <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534963">Franz</persName>, alles Angefu&#x0364;hrten ungeachtet, ein<lb/>
großer Mei&#x017F;ter &#x017F;eyn konnte. Allein wie wa&#x0364;re es denn erkla&#x0364;r-<lb/>
lich, daß wir von keinem einzigen &#x017F;einer &#x017F;cho&#x0364;nen Bauwerke<lb/>
&#x017F;ichere Kenntniß haben, da wir doch &#x017F;eine anderweitige Wirk-<lb/>
&#x017F;amkeit etwa &#x017F;echs und dreyßig Jahre lang in den Urkunden<lb/>
und in &#x017F;einen eigenen Schriften verfolgen ko&#x0364;nnen? &#x2014; Die<lb/>
&#x017F;iene&#x017F;er Briefe <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">To. III. p. 101</hi>.</note> geben uns ein langes Verzeichniß &#x017F;einer<lb/>
Bauwerke, &#x017F;ollte man glauben, daß auch von keinem einzigen<lb/>
erwie&#x017F;en i&#x017F;t, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco</persName> den Entwurf dazu gemacht habe,<lb/>
daß bey ver&#x017F;chiedenen, z. B. bey den Bauwerken <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118594702">Pius <hi rendition="#aq">II</hi>.</persName>,<lb/>
das Gegentheil geradezu am Tage liegt? In der That ko&#x0364;nnen<lb/>
wir nur den mehrerwa&#x0364;hnten Mar&#x017F;tall zu <placeName>Urbino</placeName>, als ein zu-<lb/>
verla&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Bauwerk des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco di Giorgio</persName> angeben. Die-<lb/>
&#x017F;er Stall i&#x017F;t vielleicht noch der&#x017F;elbe, den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/121976998">Baldi</persName> <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Memorie concernenti la città d&#x2019;<placeName>Urbino</placeName>. In <placeName>Roma</placeName> 1724.<lb/>
fo. no. II</hi>.</note> in &#x017F;eine<lb/>
Be&#x017F;chreibung des Pala&#x017F;tes zu <placeName>Urbino</placeName> aufnimmt.</p><lb/>
            <p><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> jedoch macht un&#x017F;ern <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534963">Franz</persName> zum Baumei&#x017F;ter des<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;es &#x017F;elb&#x017F;t, welches zu den u&#x0364;berlegte&#x017F;ten und wohlausge-<lb/>
fu&#x0364;hrte&#x017F;ten Bauwerken jener Zeit geho&#x0364;rt. Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118967444">Friedrich</persName> hatte<lb/>
die&#x017F;en Bau, nach <persName ref=" http://d-nb.info/gnd/100319033 ">Repo&#x017F;ati</persName> <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#aq">Della Zecca di Gubbio. To. I. p. 263</hi>. Die&#x017F;e Angabe beruht<lb/>
auf der In&#x017F;chrift am Pala&#x017F;te &#x017F;elb&#x017F;t, die auch das oben a. W. mit-<lb/>
theilt.</note>, &#x017F;chon 1447. begonnen. Hin-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0207] zugeben, daß die Kriegs-Baukunſt einen ſehr wichtigen Theil ſeines Berufes ausmachte. Freylich war die Befeſtigung in jenen fruͤhen Zeiten durchaus in den Haͤnden der Architecten. Die Beſchaͤftigung mit dem Feſtungsbau ſchloß daher die ſchoͤne Architectur nicht aus, in welcher unſer Franz, alles Angefuͤhrten ungeachtet, ein großer Meiſter ſeyn konnte. Allein wie waͤre es denn erklaͤr- lich, daß wir von keinem einzigen ſeiner ſchoͤnen Bauwerke ſichere Kenntniß haben, da wir doch ſeine anderweitige Wirk- ſamkeit etwa ſechs und dreyßig Jahre lang in den Urkunden und in ſeinen eigenen Schriften verfolgen koͤnnen? — Die ſieneſer Briefe *) geben uns ein langes Verzeichniß ſeiner Bauwerke, ſollte man glauben, daß auch von keinem einzigen erwieſen iſt, daß Francesco den Entwurf dazu gemacht habe, daß bey verſchiedenen, z. B. bey den Bauwerken Pius II., das Gegentheil geradezu am Tage liegt? In der That koͤnnen wir nur den mehrerwaͤhnten Marſtall zu Urbino, als ein zu- verlaͤſſiges Bauwerk des Francesco di Giorgio angeben. Die- ſer Stall iſt vielleicht noch derſelbe, den Baldi **) in ſeine Beſchreibung des Palaſtes zu Urbino aufnimmt. Vaſari jedoch macht unſern Franz zum Baumeiſter des Schloſſes ſelbſt, welches zu den uͤberlegteſten und wohlausge- fuͤhrteſten Bauwerken jener Zeit gehoͤrt. Herzog Friedrich hatte dieſen Bau, nach Repoſati ***), ſchon 1447. begonnen. Hin- *) To. III. p. 101. **) Memorie concernenti la città d’Urbino. In Roma 1724. fo. no. II. ***) Della Zecca di Gubbio. To. I. p. 263. Dieſe Angabe beruht auf der Inſchrift am Palaſte ſelbſt, die auch das oben a. W. mit- theilt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/207
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/207>, abgerufen am 23.11.2024.