Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

aus den eigenen Worten des Francesco in seiner Schrift über
die Baukunst zu entnehmen ist. Den Originalentwurf des
genannten Werkes bewahrt die *) öffentliche Bibliothek von
Siena; eine andere Handschrift besitzt die **) Magliabecchiana
zu Florenz. Die Letzte ist eine Abschrift, wie die regelmäßige
Hand und die häufigen, sinnlosen Schreibfehler bezeugen; sie
empfiehlt sich aber durch größere Vollständigkeit des Planes
und der Ausführung. Vasari erwähnt verschiedener Exem-
plare dieses Werkes, und scheint gerade das florentinische als
das beste zu bezeichnen. Auch ***) Scamozzi besaß davon eine
Abschrift, die vielleicht auf der öffentlichen Bibliothek von Ve-
nedig
zu finden wäre. Das florentinische Exemplar, welches
offenbar nach einem zweyten und verbesserten Entwurfe abge-
faßt ist, stimmt darin mit dem sienesischen überein, daß die
schöne Baukunst, an sich selbst der kleinere Theil, fast durch-
gehend nach Vitruv, die Befestigungskunst hingegen durchaus
nach den eigenen Erfahrungen und Ansichten des Verfassers
abgehandelt wird. Eben daher möchte ich annehmen, daß
Francesco, seit seiner Ankunft in Urbino, die Befestigung als
sein Hauptfach, die schöne Baukunst aber jederzeit mehr als
Kenner und Liebhaber betrieben habe. In der That wäre es
nicht befremdend, einen Künstler, der sein vielseitiges Talent
gern zersplitterte, den wir frühe als Maler, dann, gegen sein
Lebensende, als Bildner kennen lernen, auch in der Baukunst
gleichsam als Liebhaber auftreten zu sehen. Gewiß bezeichnet

*) Lettera X. scansia III. n. I. s. einen planlosen Auszug dar-
aus in den lettere Sen. T. cit.
**) Classe XVII. palchetto I. n. 31.
***) L'idea dell' architett. universale. ed. Venez. 1615. fol. To. I.
lib I. cap. VI
.

aus den eigenen Worten des Francesco in ſeiner Schrift uͤber
die Baukunſt zu entnehmen iſt. Den Originalentwurf des
genannten Werkes bewahrt die *) oͤffentliche Bibliothek von
Siena; eine andere Handſchrift beſitzt die **) Magliabecchiana
zu Florenz. Die Letzte iſt eine Abſchrift, wie die regelmaͤßige
Hand und die haͤufigen, ſinnloſen Schreibfehler bezeugen; ſie
empfiehlt ſich aber durch groͤßere Vollſtaͤndigkeit des Planes
und der Ausfuͤhrung. Vaſari erwaͤhnt verſchiedener Exem-
plare dieſes Werkes, und ſcheint gerade das florentiniſche als
das beſte zu bezeichnen. Auch ***) Scamozzi beſaß davon eine
Abſchrift, die vielleicht auf der oͤffentlichen Bibliothek von Ve-
nedig
zu finden waͤre. Das florentiniſche Exemplar, welches
offenbar nach einem zweyten und verbeſſerten Entwurfe abge-
faßt iſt, ſtimmt darin mit dem ſieneſiſchen uͤberein, daß die
ſchoͤne Baukunſt, an ſich ſelbſt der kleinere Theil, faſt durch-
gehend nach Vitruv, die Befeſtigungskunſt hingegen durchaus
nach den eigenen Erfahrungen und Anſichten des Verfaſſers
abgehandelt wird. Eben daher moͤchte ich annehmen, daß
Francesco, ſeit ſeiner Ankunft in Urbino, die Befeſtigung als
ſein Hauptfach, die ſchoͤne Baukunſt aber jederzeit mehr als
Kenner und Liebhaber betrieben habe. In der That waͤre es
nicht befremdend, einen Kuͤnſtler, der ſein vielſeitiges Talent
gern zerſplitterte, den wir fruͤhe als Maler, dann, gegen ſein
Lebensende, als Bildner kennen lernen, auch in der Baukunſt
gleichſam als Liebhaber auftreten zu ſehen. Gewiß bezeichnet

*) Lettera X. scansia III. n. I. ſ. einen planloſen Auszug dar-
aus in den lettere Sen. T. cit.
**) Classe XVII. palchetto I. n. 31.
***) L’idea dell’ architett. universale. ed. Venez. 1615. fol. To. I.
lib I. cap. VI
.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0203" n="185"/>
aus den eigenen Worten des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco</persName> in &#x017F;einer Schrift u&#x0364;ber<lb/>
die Baukun&#x017F;t zu entnehmen i&#x017F;t. Den Originalentwurf des<lb/>
genannten Werkes bewahrt die <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Lettera X. scansia III. n. I</hi>. &#x017F;. einen planlo&#x017F;en Auszug dar-<lb/>
aus in den <hi rendition="#aq">lettere Sen. T. cit</hi>.</note> o&#x0364;ffentliche Bibliothek von<lb/><placeName>Siena</placeName>; eine andere Hand&#x017F;chrift be&#x017F;itzt die <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Classe XVII. palchetto I. n. 31</hi>.</note> Magliabecchiana<lb/>
zu <placeName>Florenz</placeName>. Die Letzte i&#x017F;t eine Ab&#x017F;chrift, wie die regelma&#x0364;ßige<lb/>
Hand und die ha&#x0364;ufigen, &#x017F;innlo&#x017F;en Schreibfehler bezeugen; &#x017F;ie<lb/>
empfiehlt &#x017F;ich aber durch gro&#x0364;ßere Voll&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit des Planes<lb/>
und der Ausfu&#x0364;hrung. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> erwa&#x0364;hnt ver&#x017F;chiedener Exem-<lb/>
plare die&#x017F;es Werkes, und &#x017F;cheint gerade das florentini&#x017F;che als<lb/>
das be&#x017F;te zu bezeichnen. Auch <note place="foot" n="***)"><hi rendition="#aq">L&#x2019;idea dell&#x2019; architett. universale. ed. <placeName>Venez.</placeName> 1615. fol. To. I.<lb/>
lib I. cap. VI</hi>.</note> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118794817">Scamozzi</persName> be&#x017F;aß davon eine<lb/>
Ab&#x017F;chrift, die vielleicht auf der o&#x0364;ffentlichen Bibliothek von <placeName>Ve-<lb/>
nedig</placeName> zu finden wa&#x0364;re. Das florentini&#x017F;che Exemplar, welches<lb/>
offenbar nach einem zweyten und verbe&#x017F;&#x017F;erten Entwurfe abge-<lb/>
faßt i&#x017F;t, &#x017F;timmt darin mit dem &#x017F;iene&#x017F;i&#x017F;chen u&#x0364;berein, daß die<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Baukun&#x017F;t, an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t der kleinere Theil, fa&#x017F;t durch-<lb/>
gehend nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118627252">Vitruv</persName>, die Befe&#x017F;tigungskun&#x017F;t hingegen durchaus<lb/>
nach den eigenen Erfahrungen und An&#x017F;ichten des Verfa&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
abgehandelt wird. Eben daher mo&#x0364;chte ich annehmen, daß<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118782339">Francesco</persName>, &#x017F;eit &#x017F;einer Ankunft in <placeName>Urbino</placeName>, die Befe&#x017F;tigung als<lb/>
&#x017F;ein Hauptfach, die &#x017F;cho&#x0364;ne Baukun&#x017F;t aber jederzeit mehr als<lb/>
Kenner und Liebhaber betrieben habe. In der That wa&#x0364;re es<lb/>
nicht befremdend, einen Ku&#x0364;n&#x017F;tler, der &#x017F;ein viel&#x017F;eitiges Talent<lb/>
gern zer&#x017F;plitterte, den wir fru&#x0364;he als Maler, dann, gegen &#x017F;ein<lb/>
Lebensende, als Bildner kennen lernen, auch in der Baukun&#x017F;t<lb/>
gleich&#x017F;am als Liebhaber auftreten zu &#x017F;ehen. Gewiß bezeichnet<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0203] aus den eigenen Worten des Francesco in ſeiner Schrift uͤber die Baukunſt zu entnehmen iſt. Den Originalentwurf des genannten Werkes bewahrt die *) oͤffentliche Bibliothek von Siena; eine andere Handſchrift beſitzt die **) Magliabecchiana zu Florenz. Die Letzte iſt eine Abſchrift, wie die regelmaͤßige Hand und die haͤufigen, ſinnloſen Schreibfehler bezeugen; ſie empfiehlt ſich aber durch groͤßere Vollſtaͤndigkeit des Planes und der Ausfuͤhrung. Vaſari erwaͤhnt verſchiedener Exem- plare dieſes Werkes, und ſcheint gerade das florentiniſche als das beſte zu bezeichnen. Auch ***) Scamozzi beſaß davon eine Abſchrift, die vielleicht auf der oͤffentlichen Bibliothek von Ve- nedig zu finden waͤre. Das florentiniſche Exemplar, welches offenbar nach einem zweyten und verbeſſerten Entwurfe abge- faßt iſt, ſtimmt darin mit dem ſieneſiſchen uͤberein, daß die ſchoͤne Baukunſt, an ſich ſelbſt der kleinere Theil, faſt durch- gehend nach Vitruv, die Befeſtigungskunſt hingegen durchaus nach den eigenen Erfahrungen und Anſichten des Verfaſſers abgehandelt wird. Eben daher moͤchte ich annehmen, daß Francesco, ſeit ſeiner Ankunft in Urbino, die Befeſtigung als ſein Hauptfach, die ſchoͤne Baukunſt aber jederzeit mehr als Kenner und Liebhaber betrieben habe. In der That waͤre es nicht befremdend, einen Kuͤnſtler, der ſein vielſeitiges Talent gern zerſplitterte, den wir fruͤhe als Maler, dann, gegen ſein Lebensende, als Bildner kennen lernen, auch in der Baukunſt gleichſam als Liebhaber auftreten zu ſehen. Gewiß bezeichnet *) Lettera X. scansia III. n. I. ſ. einen planloſen Auszug dar- aus in den lettere Sen. T. cit. **) Classe XVII. palchetto I. n. 31. ***) L’idea dell’ architett. universale. ed. Venez. 1615. fol. To. I. lib I. cap. VI.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/203
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/203>, abgerufen am 23.11.2024.