Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.Ambruogio und Pietro di Lorenzo oder di Lorenzetto. Diese Künstler, deren Vater in den Urkunden und Auf- im, Arch. delle Riformagioni, das Frontispiz des: Caleffo dell' assunta, groß Fo., mit einer Aufnahme der Madonna in den Him- mel geziert hat; er zeichnete sich darauf: Nicholaus ser sozi me pinxit. Die Abschriften dieses Buches sind im Jahre 1335. ge- macht, also trifft diese Miniatur mit dem männlichen Alter Mei- ster Simons zusammen. -- Die Madonna in weißem, goldgeblüm- ten Gewande, eben wie sie in dieser Darstellung auch bey späteren Sienesern vorzukommen pflegt. Die singenden Engel, welche an Lippo Memmi erinnern, sind besonders schön und schwebend; die Köpfe ausgebildeter als man erwarten sollte. In diesem Ar- chiv giebt es andere Miniaturen von Werth. -- Uebrigens ist dem Lanzi und neueren nicht zuzugeben, daß jene Relief-Bildnisse der Laura im Geschmacke des funfzehnten Jahrhundertes ächt seyen, welche bisweilen, ich errathe nicht aus welchem anderen Grunde, als dem des Betruges, mit dem Namen unseres Künstlers bezeich- net worden sind. Raccolta di lettere sulla pitt. scult. ed Architet- tura, To. V. Lettera LXIII. (Ed. Ro. 1766. p. 141.) erwiedert der Marchese von Mantua dem bekannten Pietro Aretino: Alla parte, che scrivete di Madonna Laura, dicovi ch' ho fatto vedere, se qui in casa ve n'e alcuno, e finora non se n'e trovato. Se vorro quello, che avete voi, ve ne daro aviso. -- Man- tuae 1. Jun. 1529. Es scheint demnach, daß solche Bildnisse der Laura schon damals in den italienischen Gemäldesammlungen eine Rubrik bildeten, welche man ausfüllen mußte. *) In einer Aufschrift am Spital zu Siena war vormals nach Pecci, einem achtenswerthen Sammler örtlicher Merkwürdigkei- ten, zu lesen: hoc opus fecit Petrus Laurentii et Ambrosius ejus frater 1330. 7 *
Ambruogio und Pietro di Lorenzo oder di Lorenzetto. Dieſe Kuͤnſtler, deren Vater in den Urkunden und Auf- im, Arch. delle Riformagioni, das Frontiſpiz des: Caleffo dell’ assunta, groß Fo., mit einer Aufnahme der Madonna in den Him- mel geziert hat; er zeichnete ſich darauf: Nicholaus ser sozi me pinxit. Die Abſchriften dieſes Buches ſind im Jahre 1335. ge- macht, alſo trifft dieſe Miniatur mit dem maͤnnlichen Alter Mei- ſter Simons zuſammen. — Die Madonna in weißem, goldgebluͤm- ten Gewande, eben wie ſie in dieſer Darſtellung auch bey ſpaͤteren Sieneſern vorzukommen pflegt. Die ſingenden Engel, welche an Lippo Memmi erinnern, ſind beſonders ſchoͤn und ſchwebend; die Koͤpfe ausgebildeter als man erwarten ſollte. In dieſem Ar- chiv giebt es andere Miniaturen von Werth. — Uebrigens iſt dem Lanzi und neueren nicht zuzugeben, daß jene Relief-Bildniſſe der Laura im Geſchmacke des funfzehnten Jahrhundertes aͤcht ſeyen, welche bisweilen, ich errathe nicht aus welchem anderen Grunde, als dem des Betruges, mit dem Namen unſeres Kuͤnſtlers bezeich- net worden ſind. Raccolta di lettere sulla pitt. scult. ed Architet- tura, To. V. Lettera LXIII. (Ed. Ro. 1766. p. 141.) erwiedert der Marcheſe von Mantua dem bekannten Pietro Aretino: Alla parte, che scrivete di Madonna Laura, dicovi ch’ ho fatto vedere, se qui in casa ve n’é alcuno, e finora non se n’é trovato. Se vorrò quello, che avete voi, ve ne darò aviso. — Man- tuae 1. Jun. 1529. Es ſcheint demnach, daß ſolche Bildniſſe der Laura ſchon damals in den italieniſchen Gemaͤldeſammlungen eine Rubrik bildeten, welche man ausfuͤllen mußte. *) In einer Aufſchrift am Spital zu Siena war vormals nach Pecci, einem achtenswerthen Sammler oͤrtlicher Merkwuͤrdigkei- ten, zu leſen: hoc opus fecit Petrus Laurentii et Ambrosius ejus frater 1330. 7 *
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Ambruogio und Pietro di Lorenzo oder
di Lorenzetto.
Dieſe Kuͤnſtler, deren Vater in den Urkunden und Auf-
ſchriften bald Lorenzo, bald wiederum Lorenzetto genannt wird,
waren dem Anſehn nach Bruͤder. *) Vaſari hat aus Unkunde
der Sitten jener Zeit, in welcher die Geſchlechtsnamen noch
ſelten und nur in den groͤßeren Familien uͤblich waren, das
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*) In einer Aufſchrift am Spital zu Siena war vormals nach
Pecci, einem achtenswerthen Sammler oͤrtlicher Merkwuͤrdigkei-
ten, zu leſen: hoc opus fecit Petrus Laurentii et Ambrosius ejus
frater 1330.
*) im, Arch. delle Riformagioni, das Frontiſpiz des: Caleffo dell’
assunta, groß Fo., mit einer Aufnahme der Madonna in den Him-
mel geziert hat; er zeichnete ſich darauf: Nicholaus ser sozi me
pinxit. Die Abſchriften dieſes Buches ſind im Jahre 1335. ge-
macht, alſo trifft dieſe Miniatur mit dem maͤnnlichen Alter Mei-
ſter Simons zuſammen. — Die Madonna in weißem, goldgebluͤm-
ten Gewande, eben wie ſie in dieſer Darſtellung auch bey ſpaͤteren
Sieneſern vorzukommen pflegt. Die ſingenden Engel, welche an
Lippo Memmi erinnern, ſind beſonders ſchoͤn und ſchwebend;
die Koͤpfe ausgebildeter als man erwarten ſollte. In dieſem Ar-
chiv giebt es andere Miniaturen von Werth. — Uebrigens iſt dem
Lanzi und neueren nicht zuzugeben, daß jene Relief-Bildniſſe der
Laura im Geſchmacke des funfzehnten Jahrhundertes aͤcht ſeyen,
welche bisweilen, ich errathe nicht aus welchem anderen Grunde,
als dem des Betruges, mit dem Namen unſeres Kuͤnſtlers bezeich-
net worden ſind. Raccolta di lettere sulla pitt. scult. ed Architet-
tura, To. V. Lettera LXIII. (Ed. Ro. 1766. p. 141.) erwiedert der
Marcheſe von Mantua dem bekannten Pietro Aretino: Alla
parte, che scrivete di Madonna Laura, dicovi ch’ ho fatto vedere,
se qui in casa ve n’é alcuno, e finora non se n’é trovato. Se
vorrò quello, che avete voi, ve ne darò aviso. — Man-
tuae 1. Jun. 1529. Es ſcheint demnach, daß ſolche Bildniſſe der
Laura ſchon damals in den italieniſchen Gemaͤldeſammlungen eine
Rubrik bildeten, welche man ausfuͤllen mußte.
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Zitationshilfe: | Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/117>, abgerufen am 16.02.2025. |