denn sollte er darüber hinaus gehen können? Glücklicher Weise indeß besteht der Zweck der Kunst in ganz anderem, als in dieser Altflickerey *) der Werke des größten und ältesten Mei- sters en ronde bosse und basso rilievo**); doch werden wir diese Andeutung, weil sie das dritte Element aller künst- lerischen Hervorbringung, den Gegenstand, angeht, erst später- hin begründen und gegen ihr widerstrebende Ansichten durch- führen können.
Denn es möchte uns Anderen, die wir, das unbegrün- dete Vorurtheil der Manieristen abwerfend, uns deutlich er- innert haben, daß in den bildenden Künsten die nothwendige, kraft umfassender Naturgesetze jedem offenen Sinne ursprüng- lich erfaßliche Bedeutsamkeit der Naturformen die Grundbe- dingung aller Darstellung niedriger, wie hoher Gegenstände sey; daß mithin diese Künste durchhin nur in natürlichen For- men darstellen und darzustellen vermögen; es möchte uns An- deren, wiederhole ich, vorerst obliegen und nöthig seyn, zu untersuchen und zu entwickeln, auf welche Weise der Künstler der Naturform so sehr Meister werde, daß er solche mit größ- ter Willensfreyheit zu den mannichfaltigsten Kunstzwecken an- wenden könne.
Durch zween, wohl in einander greifende, doch unter- scheidbare, und unterscheidenswerthe Beziehungen seiner Gei- stesfähigkeit, gelangt der Künstler in den Besitz einer so kla-
ren,
*)Böttiger, Ideen zur Arch. der Malerey. Dresden 1811. S. 1. f. -- "Wenn schon die bildende Kunst überhaupt das Werk des Schöpfers gleichsam ergänzt." --
**) Ausdruck des Wandsb. Boten. Petrarc. ep. lib. V. ep. XVII. -- Vetus ille magister Artis ingeniique largitor.
denn ſollte er daruͤber hinaus gehen koͤnnen? Gluͤcklicher Weiſe indeß beſteht der Zweck der Kunſt in ganz anderem, als in dieſer Altflickerey *) der Werke des groͤßten und aͤlteſten Mei- ſters en ronde bosse und basso rilievo**); doch werden wir dieſe Andeutung, weil ſie das dritte Element aller kuͤnſt- leriſchen Hervorbringung, den Gegenſtand, angeht, erſt ſpaͤter- hin begruͤnden und gegen ihr widerſtrebende Anſichten durch- fuͤhren koͤnnen.
Denn es moͤchte uns Anderen, die wir, das unbegruͤn- dete Vorurtheil der Manieriſten abwerfend, uns deutlich er- innert haben, daß in den bildenden Kuͤnſten die nothwendige, kraft umfaſſender Naturgeſetze jedem offenen Sinne urſpruͤng- lich erfaßliche Bedeutſamkeit der Naturformen die Grundbe- dingung aller Darſtellung niedriger, wie hoher Gegenſtaͤnde ſey; daß mithin dieſe Kuͤnſte durchhin nur in natuͤrlichen For- men darſtellen und darzuſtellen vermoͤgen; es moͤchte uns An- deren, wiederhole ich, vorerſt obliegen und noͤthig ſeyn, zu unterſuchen und zu entwickeln, auf welche Weiſe der Kuͤnſtler der Naturform ſo ſehr Meiſter werde, daß er ſolche mit groͤß- ter Willensfreyheit zu den mannichfaltigſten Kunſtzwecken an- wenden koͤnne.
Durch zween, wohl in einander greifende, doch unter- ſcheidbare, und unterſcheidenswerthe Beziehungen ſeiner Gei- ſtesfaͤhigkeit, gelangt der Kuͤnſtler in den Beſitz einer ſo kla-
ren,
*)Boͤttiger, Ideen zur Arch. der Malerey. Dresden 1811. S. 1. f. — „Wenn ſchon die bildende Kunſt uͤberhaupt das Werk des Schoͤpfers gleichſam ergaͤnzt.“ —
**) Ausdruck des Wandsb. Boten. Petrarc. ep. lib. V. ep. XVII. — Vetus ille magister Artis ingeniique largitor.
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denn ſollte er daruͤber hinaus gehen koͤnnen? Gluͤcklicher Weiſe
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dieſer Altflickerey *) der Werke des groͤßten und aͤlteſten Mei-
ſters en ronde bosse und basso rilievo **); doch werden
wir dieſe Andeutung, weil ſie das dritte Element aller kuͤnſt-
leriſchen Hervorbringung, den Gegenſtand, angeht, erſt ſpaͤter-
hin begruͤnden und gegen ihr widerſtrebende Anſichten durch-
fuͤhren koͤnnen.
Denn es moͤchte uns Anderen, die wir, das unbegruͤn-
dete Vorurtheil der Manieriſten abwerfend, uns deutlich er-
innert haben, daß in den bildenden Kuͤnſten die nothwendige,
kraft umfaſſender Naturgeſetze jedem offenen Sinne urſpruͤng-
lich erfaßliche Bedeutſamkeit der Naturformen die Grundbe-
dingung aller Darſtellung niedriger, wie hoher Gegenſtaͤnde
ſey; daß mithin dieſe Kuͤnſte durchhin nur in natuͤrlichen For-
men darſtellen und darzuſtellen vermoͤgen; es moͤchte uns An-
deren, wiederhole ich, vorerſt obliegen und noͤthig ſeyn, zu
unterſuchen und zu entwickeln, auf welche Weiſe der Kuͤnſtler
der Naturform ſo ſehr Meiſter werde, daß er ſolche mit groͤß-
ter Willensfreyheit zu den mannichfaltigſten Kunſtzwecken an-
wenden koͤnne.
Durch zween, wohl in einander greifende, doch unter-
ſcheidbare, und unterſcheidenswerthe Beziehungen ſeiner Gei-
ſtesfaͤhigkeit, gelangt der Kuͤnſtler in den Beſitz einer ſo kla-
ren,
*) Boͤttiger, Ideen zur Arch. der Malerey. Dresden 1811.
S. 1. f. — „Wenn ſchon die bildende Kunſt uͤberhaupt das Werk
des Schoͤpfers gleichſam ergaͤnzt.“ —
**) Ausdruck des Wandsb. Boten. Petrarc. ep. lib. V. ep.
XVII. — Vetus ille magister Artis ingeniique largitor.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/82>, abgerufen am 16.07.2024.
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