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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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Andere Malereyen, welche dem Ansehen nach mit den
bezeichneten zusammenfallen, doch leider keine Aufschriften ent-
halten, aus denen Jahr und Meister zu erweisen wäre, finden
sich vereinzelt an den Mauern, auf den Altären vernachlässig-
ter Kirchen, oder in historisch geordneten Sammlungen, vor-
nehmlich solcher Städte, welche eben zu Anfang des dreyzehn-
ten Jahrhunderts, gleich Pisa und Siena, den Wendepunct
ihrer Macht und Größe erreicht hatten. Verschiedene Anti-
mensia, deren Hauptentwurf allerdings jenem barbarisch-ita-
lienischen Denkmal vom Jahre 1215 entspricht, deren Aus-
führung indeß, dem färbenden Stoffe, dem Auftrag, der
Zeichnung nach, Bekanntschaft mit griechischen Kunstmanieren
darlegt, bewahrt die Sammlung der Akademie zu Siena.
Das eine, in der Mitte die größere Figur des heil. Johannes
Bapt.
, zu den Seiten Abtheilungen mit Geschichten aus seinem
Leben, ist schwerlich noch aus dem zwölften Jahrhundert, wie
der Verfasser des Katalogs nach Eingebungen einer minder
begründeten Kennerschaft behauptet hat. Das andere, aus der
Kirche S. Giovannino di Pantaneto, mit Geschichten aus dem
Leben und Leiden des Apostels Petrus, ist der Behandlung
nach ungleich italienischer, als jenes; doch glaube ich, daß
der Künstler so viel altchristliche und halbantike Erinnerungen,
als vornehmlich in Gebäuden und Kleidungen darin vorkom-
men, leichter aus neugriechischen, als aus italienischen Denk-
malen des höheren christlichen Alterthums dürfte aufgenommen
haben. Zu Pisa, in der Kirche S. Pietro in Vinculis, fin-
det sich eine Altarbedeckung, welche mit der vorangenannten
der Akademie zu Siena im Entwurf, wie in der Ausführung,
viel Aehnlichkeit zeigt. Doch sind die Vorstellungen noch ent-
schiedener griechisch; Christus am Kreuze mit geschwollenem,

Andere Malereyen, welche dem Anſehen nach mit den
bezeichneten zuſammenfallen, doch leider keine Aufſchriften ent-
halten, aus denen Jahr und Meiſter zu erweiſen waͤre, finden
ſich vereinzelt an den Mauern, auf den Altaͤren vernachlaͤſſig-
ter Kirchen, oder in hiſtoriſch geordneten Sammlungen, vor-
nehmlich ſolcher Staͤdte, welche eben zu Anfang des dreyzehn-
ten Jahrhunderts, gleich Piſa und Siena, den Wendepunct
ihrer Macht und Groͤße erreicht hatten. Verſchiedene Anti-
menſia, deren Hauptentwurf allerdings jenem barbariſch-ita-
lieniſchen Denkmal vom Jahre 1215 entſpricht, deren Aus-
fuͤhrung indeß, dem faͤrbenden Stoffe, dem Auftrag, der
Zeichnung nach, Bekanntſchaft mit griechiſchen Kunſtmanieren
darlegt, bewahrt die Sammlung der Akademie zu Siena.
Das eine, in der Mitte die groͤßere Figur des heil. Johannes
Bapt.
, zu den Seiten Abtheilungen mit Geſchichten aus ſeinem
Leben, iſt ſchwerlich noch aus dem zwoͤlften Jahrhundert, wie
der Verfaſſer des Katalogs nach Eingebungen einer minder
begruͤndeten Kennerſchaft behauptet hat. Das andere, aus der
Kirche S. Giovannino di Pantaneto, mit Geſchichten aus dem
Leben und Leiden des Apoſtels Petrus, iſt der Behandlung
nach ungleich italieniſcher, als jenes; doch glaube ich, daß
der Kuͤnſtler ſo viel altchriſtliche und halbantike Erinnerungen,
als vornehmlich in Gebaͤuden und Kleidungen darin vorkom-
men, leichter aus neugriechiſchen, als aus italieniſchen Denk-
malen des hoͤheren chriſtlichen Alterthums duͤrfte aufgenommen
haben. Zu Piſa, in der Kirche S. Pietro in Vinculis, fin-
det ſich eine Altarbedeckung, welche mit der vorangenannten
der Akademie zu Siena im Entwurf, wie in der Ausfuͤhrung,
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[344/0362] Andere Malereyen, welche dem Anſehen nach mit den bezeichneten zuſammenfallen, doch leider keine Aufſchriften ent- halten, aus denen Jahr und Meiſter zu erweiſen waͤre, finden ſich vereinzelt an den Mauern, auf den Altaͤren vernachlaͤſſig- ter Kirchen, oder in hiſtoriſch geordneten Sammlungen, vor- nehmlich ſolcher Staͤdte, welche eben zu Anfang des dreyzehn- ten Jahrhunderts, gleich Piſa und Siena, den Wendepunct ihrer Macht und Groͤße erreicht hatten. Verſchiedene Anti- menſia, deren Hauptentwurf allerdings jenem barbariſch-ita- lieniſchen Denkmal vom Jahre 1215 entſpricht, deren Aus- fuͤhrung indeß, dem faͤrbenden Stoffe, dem Auftrag, der Zeichnung nach, Bekanntſchaft mit griechiſchen Kunſtmanieren darlegt, bewahrt die Sammlung der Akademie zu Siena. Das eine, in der Mitte die groͤßere Figur des heil. Johannes Bapt., zu den Seiten Abtheilungen mit Geſchichten aus ſeinem Leben, iſt ſchwerlich noch aus dem zwoͤlften Jahrhundert, wie der Verfaſſer des Katalogs nach Eingebungen einer minder begruͤndeten Kennerſchaft behauptet hat. Das andere, aus der Kirche S. Giovannino di Pantaneto, mit Geſchichten aus dem Leben und Leiden des Apoſtels Petrus, iſt der Behandlung nach ungleich italieniſcher, als jenes; doch glaube ich, daß der Kuͤnſtler ſo viel altchriſtliche und halbantike Erinnerungen, als vornehmlich in Gebaͤuden und Kleidungen darin vorkom- men, leichter aus neugriechiſchen, als aus italieniſchen Denk- malen des hoͤheren chriſtlichen Alterthums duͤrfte aufgenommen haben. Zu Piſa, in der Kirche S. Pietro in Vinculis, fin- det ſich eine Altarbedeckung, welche mit der vorangenannten der Akademie zu Siena im Entwurf, wie in der Ausfuͤhrung, viel Aehnlichkeit zeigt. Doch ſind die Vorſtellungen noch ent- ſchiedener griechiſch; Chriſtus am Kreuze mit geſchwollenem,

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/362>, abgerufen am 03.05.2024.