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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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gen Kunstwerthes der byzantinischen Arbeiten die Bildnerey,
vornehmlich aber einige die Mitte haltende Metallarbeiten, das
Niello und den Schmelz, von der Malerey unterscheiden müs-
sen, welche um diese Zeit sich günstiger zeigt als jene. Aller-
dings scheint die Bildnerey im östlichen Reiche minder schnell
zum Unbedeutenden und Rohen gesunken zu seyn, als in Ita-
lien
, wo wir sie bereits seit dem vierten Jahrhundert erlöschend
gesehen. In Constantinopel wurden bis in sehr späte Zeiten
herab den Herrschern *) und anderen hervorleuchtenden Men-
schen **) an öffentlichen Plätzen Statuen errichtet, über deren
Werth oder Unwerth allerdings nicht mehr zu entscheiden ist;
doch erwecken die Münzen derselben Zeit, deren Gepräge be-
kanntlich höchst barbarisch ist, keine ganz vortheilhafte Mei-
nung von ihrer Schönheit und Ausbildung. Ein Vorzug indeß
blieb den Griechen höchst wahrscheinlich auch in dieser Kunst-
art zu eigen; Zierlichkeit nemlich und Nettigkeit der Arbeit.
Diese wenigstens fand ich bisher an allen bildnerisch gezierten
Altartafeln, Bücherdeckeln, Diptychen, welche aus verschiedenen
Epochen des griechischen Mittelalters auf Bibliotheken und in
Sammlungen bewahrt werden. Als besonders zierlich geschnitzt
erschien mir unter diesen jenes mehr beachtete Triptychum des
christlichen Musei der Vaticana, welches in Ansehung der In-
schriften in reinen, unverzogenen, nicht accentuirten Buchstaben
einem älteren Abschnitte der neugriechischen Kunsthistorie bey-
zumessen ist. Im Hauptfelde dieses kleinen Werkes, dessen
Stoff gutes Elfenbein mit mancherley Vergoldung, sieht man

*) Heyne, serioris ant. opp. sub Imp. Byz. (Comm. Goett.
Vol. XI.) Sect. l. p. 44 ss.
**) Ib. Sect. II.

gen Kunſtwerthes der byzantiniſchen Arbeiten die Bildnerey,
vornehmlich aber einige die Mitte haltende Metallarbeiten, das
Niello und den Schmelz, von der Malerey unterſcheiden muͤſ-
ſen, welche um dieſe Zeit ſich guͤnſtiger zeigt als jene. Aller-
dings ſcheint die Bildnerey im oͤſtlichen Reiche minder ſchnell
zum Unbedeutenden und Rohen geſunken zu ſeyn, als in Ita-
lien
, wo wir ſie bereits ſeit dem vierten Jahrhundert erloͤſchend
geſehen. In Conſtantinopel wurden bis in ſehr ſpaͤte Zeiten
herab den Herrſchern *) und anderen hervorleuchtenden Men-
ſchen **) an oͤffentlichen Plaͤtzen Statuen errichtet, uͤber deren
Werth oder Unwerth allerdings nicht mehr zu entſcheiden iſt;
doch erwecken die Muͤnzen derſelben Zeit, deren Gepraͤge be-
kanntlich hoͤchſt barbariſch iſt, keine ganz vortheilhafte Mei-
nung von ihrer Schoͤnheit und Ausbildung. Ein Vorzug indeß
blieb den Griechen hoͤchſt wahrſcheinlich auch in dieſer Kunſt-
art zu eigen; Zierlichkeit nemlich und Nettigkeit der Arbeit.
Dieſe wenigſtens fand ich bisher an allen bildneriſch gezierten
Altartafeln, Buͤcherdeckeln, Diptychen, welche aus verſchiedenen
Epochen des griechiſchen Mittelalters auf Bibliotheken und in
Sammlungen bewahrt werden. Als beſonders zierlich geſchnitzt
erſchien mir unter dieſen jenes mehr beachtete Triptychum des
chriſtlichen Muſei der Vaticana, welches in Anſehung der In-
ſchriften in reinen, unverzogenen, nicht accentuirten Buchſtaben
einem aͤlteren Abſchnitte der neugriechiſchen Kunſthiſtorie bey-
zumeſſen iſt. Im Hauptfelde dieſes kleinen Werkes, deſſen
Stoff gutes Elfenbein mit mancherley Vergoldung, ſieht man

*) Heyne, serioris ant. opp. sub Imp. Byz. (Comm. Goett.
Vol. XI.) Sect. l. p. 44 ss.
**) Ib. Sect. II.
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[300/0318] gen Kunſtwerthes der byzantiniſchen Arbeiten die Bildnerey, vornehmlich aber einige die Mitte haltende Metallarbeiten, das Niello und den Schmelz, von der Malerey unterſcheiden muͤſ- ſen, welche um dieſe Zeit ſich guͤnſtiger zeigt als jene. Aller- dings ſcheint die Bildnerey im oͤſtlichen Reiche minder ſchnell zum Unbedeutenden und Rohen geſunken zu ſeyn, als in Ita- lien, wo wir ſie bereits ſeit dem vierten Jahrhundert erloͤſchend geſehen. In Conſtantinopel wurden bis in ſehr ſpaͤte Zeiten herab den Herrſchern *) und anderen hervorleuchtenden Men- ſchen **) an oͤffentlichen Plaͤtzen Statuen errichtet, uͤber deren Werth oder Unwerth allerdings nicht mehr zu entſcheiden iſt; doch erwecken die Muͤnzen derſelben Zeit, deren Gepraͤge be- kanntlich hoͤchſt barbariſch iſt, keine ganz vortheilhafte Mei- nung von ihrer Schoͤnheit und Ausbildung. Ein Vorzug indeß blieb den Griechen hoͤchſt wahrſcheinlich auch in dieſer Kunſt- art zu eigen; Zierlichkeit nemlich und Nettigkeit der Arbeit. Dieſe wenigſtens fand ich bisher an allen bildneriſch gezierten Altartafeln, Buͤcherdeckeln, Diptychen, welche aus verſchiedenen Epochen des griechiſchen Mittelalters auf Bibliotheken und in Sammlungen bewahrt werden. Als beſonders zierlich geſchnitzt erſchien mir unter dieſen jenes mehr beachtete Triptychum des chriſtlichen Muſei der Vaticana, welches in Anſehung der In- ſchriften in reinen, unverzogenen, nicht accentuirten Buchſtaben einem aͤlteren Abſchnitte der neugriechiſchen Kunſthiſtorie bey- zumeſſen iſt. Im Hauptfelde dieſes kleinen Werkes, deſſen Stoff gutes Elfenbein mit mancherley Vergoldung, ſieht man *) Heyne, serioris ant. opp. sub Imp. Byz. (Comm. Goett. Vol. XI.) Sect. l. p. 44 ss. **) Ib. Sect. II.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/318>, abgerufen am 15.05.2024.