Von einem anderen Gebäude dieser Zeit, der Vorhalle des Klosters zu Lorsch, findet sich die Abbildung im ersten Hefte von Georg Mollers Denkmälern der deutschen Bau- kunst *); und gewiß dürfen wir diesem verdienstvollen Bau- künstler Dank wissen, unsere Kunde von der Baukunst der ka- rolingischen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verschiedener Bestimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier läßt das Ganze, wie das Untergeordnete, sich überall aus der rö- mischen Baukunst ableiten. Denn, wie fremdartig dieses Bau- werk auf den ersten Blick erscheinen möge, so ergeben sich doch, wenn wir es in seine Theile zerlegen, lauter römische Elemente, deren willkührliche Verknüpfung Niemand befrem- den wird, dem aus den italienischen Denkmalen dieser und früherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit und durch allmähliche Uebergänge mancher wesentliche Theil zur bloßen Verzierung eingeschmolzen, manche Verzierung ihre Stelle gewechselt, oder benachbarte Glieder eingebüßt hat.
Schwerlich nun hatte die Bauart des späten und christ- lichen Roms unter den Merowingern sich in der Reinheit und Ausbildung erhalten, welche wir in den angeführten Bauwer- ken Karl des Großen wahrgenommen haben. Denn es kommt, außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieses in Be- trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut- sche Lebenssitten in ihre Eroberungen eingeführt. Ueberall aber, wo die germanischen Völker den Römern bekannt gewor-
ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptisterien von acht- und sechseckigem Grundriß, so wie einige ganz runde aufgezählt.
*)Darmstadt. 1815.
Von einem anderen Gebaͤude dieſer Zeit, der Vorhalle des Kloſters zu Lorſch, findet ſich die Abbildung im erſten Hefte von Georg Mollers Denkmaͤlern der deutſchen Bau- kunſt *); und gewiß duͤrfen wir dieſem verdienſtvollen Bau- kuͤnſtler Dank wiſſen, unſere Kunde von der Baukunſt der ka- rolingiſchen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verſchiedener Beſtimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier laͤßt das Ganze, wie das Untergeordnete, ſich uͤberall aus der roͤ- miſchen Baukunſt ableiten. Denn, wie fremdartig dieſes Bau- werk auf den erſten Blick erſcheinen moͤge, ſo ergeben ſich doch, wenn wir es in ſeine Theile zerlegen, lauter roͤmiſche Elemente, deren willkuͤhrliche Verknuͤpfung Niemand befrem- den wird, dem aus den italieniſchen Denkmalen dieſer und fruͤherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit und durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mancher weſentliche Theil zur bloßen Verzierung eingeſchmolzen, manche Verzierung ihre Stelle gewechſelt, oder benachbarte Glieder eingebuͤßt hat.
Schwerlich nun hatte die Bauart des ſpaͤten und chriſt- lichen Roms unter den Merowingern ſich in der Reinheit und Ausbildung erhalten, welche wir in den angefuͤhrten Bauwer- ken Karl des Großen wahrgenommen haben. Denn es kommt, außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieſes in Be- trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut- ſche Lebensſitten in ihre Eroberungen eingefuͤhrt. Ueberall aber, wo die germaniſchen Voͤlker den Roͤmern bekannt gewor-
ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptiſterien von acht- und ſechseckigem Grundriß, ſo wie einige ganz runde aufgezaͤhlt.
*)Darmſtadt. 1815.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0231"n="213"/><p>Von einem anderen Gebaͤude dieſer Zeit, der Vorhalle<lb/>
des Kloſters zu <placeName>Lorſch</placeName>, findet ſich die Abbildung im erſten<lb/>
Hefte von <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118734563">Georg <hirendition="#g">Mollers</hi></persName> Denkmaͤlern der deutſchen Bau-<lb/>
kunſt <noteplace="foot"n="*)"><placeName>Darmſtadt</placeName>. 1815.</note>; und gewiß duͤrfen wir dieſem verdienſtvollen Bau-<lb/>
kuͤnſtler Dank wiſſen, unſere Kunde von der Baukunſt der ka-<lb/>
rolingiſchen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verſchiedener<lb/>
Beſtimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier laͤßt<lb/>
das Ganze, wie das Untergeordnete, ſich uͤberall aus der roͤ-<lb/>
miſchen Baukunſt ableiten. Denn, wie fremdartig dieſes Bau-<lb/>
werk auf den erſten Blick erſcheinen moͤge, ſo ergeben ſich<lb/>
doch, wenn wir es in ſeine Theile zerlegen, lauter roͤmiſche<lb/>
Elemente, deren willkuͤhrliche Verknuͤpfung Niemand befrem-<lb/>
den wird, dem aus den italieniſchen Denkmalen dieſer und<lb/>
fruͤherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit<lb/>
und durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mancher weſentliche Theil<lb/>
zur bloßen Verzierung eingeſchmolzen, manche Verzierung ihre<lb/>
Stelle gewechſelt, oder benachbarte Glieder eingebuͤßt hat.</p><lb/><p>Schwerlich nun hatte die Bauart des ſpaͤten und chriſt-<lb/>
lichen <placeName>Roms</placeName> unter den Merowingern ſich in der Reinheit und<lb/>
Ausbildung erhalten, welche wir in den angefuͤhrten Bauwer-<lb/>
ken <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118560034">Karl des Großen</persName> wahrgenommen haben. Denn es kommt,<lb/>
außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieſes in Be-<lb/>
trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut-<lb/>ſche Lebensſitten in ihre Eroberungen eingefuͤhrt. Ueberall<lb/>
aber, wo die germaniſchen Voͤlker den Roͤmern bekannt gewor-<lb/><notexml:id="fn34b"prev="#fn34a"place="foot"n="†)">ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptiſterien<lb/>
von acht- und ſechseckigem Grundriß, ſo wie einige ganz runde<lb/>
aufgezaͤhlt.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[213/0231]
Von einem anderen Gebaͤude dieſer Zeit, der Vorhalle
des Kloſters zu Lorſch, findet ſich die Abbildung im erſten
Hefte von Georg Mollers Denkmaͤlern der deutſchen Bau-
kunſt *); und gewiß duͤrfen wir dieſem verdienſtvollen Bau-
kuͤnſtler Dank wiſſen, unſere Kunde von der Baukunſt der ka-
rolingiſchen Zeiten durch ein Denkmal von ganz verſchiedener
Beſtimmung und Anlage erweitert zu haben. Auch hier laͤßt
das Ganze, wie das Untergeordnete, ſich uͤberall aus der roͤ-
miſchen Baukunſt ableiten. Denn, wie fremdartig dieſes Bau-
werk auf den erſten Blick erſcheinen moͤge, ſo ergeben ſich
doch, wenn wir es in ſeine Theile zerlegen, lauter roͤmiſche
Elemente, deren willkuͤhrliche Verknuͤpfung Niemand befrem-
den wird, dem aus den italieniſchen Denkmalen dieſer und
fruͤherer Zeiten deutlich geworden, wie im Verlaufe der Zeit
und durch allmaͤhliche Uebergaͤnge mancher weſentliche Theil
zur bloßen Verzierung eingeſchmolzen, manche Verzierung ihre
Stelle gewechſelt, oder benachbarte Glieder eingebuͤßt hat.
Schwerlich nun hatte die Bauart des ſpaͤten und chriſt-
lichen Roms unter den Merowingern ſich in der Reinheit und
Ausbildung erhalten, welche wir in den angefuͤhrten Bauwer-
ken Karl des Großen wahrgenommen haben. Denn es kommt,
außer dem bereits Bemerkten, hier auch noch dieſes in Be-
trachtung, daß die Franken, eben wie die Longobarden, deut-
ſche Lebensſitten in ihre Eroberungen eingefuͤhrt. Ueberall
aber, wo die germaniſchen Voͤlker den Roͤmern bekannt gewor-
†)
*) Darmſtadt. 1815.
†) ten Aufl.). Dort werden viele, obwohl nicht alle, Baptiſterien
von acht- und ſechseckigem Grundriß, ſo wie einige ganz runde
aufgezaͤhlt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/231>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.