Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.145. Auf hoher Alpe steht die Pflanze fest im Bodem, Und in die freie Luft haucht sie den Blütenodem. Du siehst sie farbig blühn und duftig, doch das Grün Des Blätterwuchses muß erliegen dem Bemühn. Die Pflanze gibt die Wucht der Blätter auf, und sucht Die Blüt' entgegen nur zu retten ihrer Frucht. Gib auf den Blätterschwall! du kannst ihn nicht erhalten; Und laß die Blüte sich in Himmelsluft entfalten! 146. Ist Geben seliger als Nehmen, wie man spricht; Warum die Seligkeit gibst du dir selber nicht? Sag nicht, daß du genug nicht habest um zu geben; Brauchs zum Wohlleben nicht! ein andrer brauchts zum Leben. 145. Auf hoher Alpe ſteht die Pflanze feſt im Bodem, Und in die freie Luft haucht ſie den Bluͤtenodem. Du ſiehſt ſie farbig bluͤhn und duftig, doch das Gruͤn Des Blaͤtterwuchſes muß erliegen dem Bemuͤhn. Die Pflanze gibt die Wucht der Blaͤtter auf, und ſucht Die Bluͤt' entgegen nur zu retten ihrer Frucht. Gib auf den Blaͤtterſchwall! du kannſt ihn nicht erhalten; Und laß die Bluͤte ſich in Himmelsluft entfalten! 146. Iſt Geben ſeliger als Nehmen, wie man ſpricht; Warum die Seligkeit gibſt du dir ſelber nicht? Sag nicht, daß du genug nicht habeſt um zu geben; Brauchs zum Wohlleben nicht! ein andrer brauchts zum Leben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0361" n="351"/> <div n="2"> <head>145.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Auf hoher Alpe ſteht die Pflanze feſt im Bodem,</l><lb/> <l>Und in die freie Luft haucht ſie den Bluͤtenodem.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Du ſiehſt ſie farbig bluͤhn und duftig, doch das Gruͤn</l><lb/> <l>Des Blaͤtterwuchſes muß erliegen dem Bemuͤhn.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Pflanze gibt die Wucht der Blaͤtter auf, und ſucht</l><lb/> <l>Die Bluͤt' entgegen nur zu retten ihrer Frucht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Gib auf den Blaͤtterſchwall! du kannſt ihn nicht erhalten;</l><lb/> <l>Und laß die Bluͤte ſich in Himmelsluft entfalten!</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>146.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Iſt Geben ſeliger als Nehmen, wie man ſpricht;</l><lb/> <l>Warum die Seligkeit gibſt du dir ſelber nicht?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Sag nicht, daß du genug nicht habeſt um zu geben;</l><lb/> <l>Brauchs zum Wohlleben nicht! ein andrer brauchts zum Leben.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [351/0361]
145.
Auf hoher Alpe ſteht die Pflanze feſt im Bodem,
Und in die freie Luft haucht ſie den Bluͤtenodem.
Du ſiehſt ſie farbig bluͤhn und duftig, doch das Gruͤn
Des Blaͤtterwuchſes muß erliegen dem Bemuͤhn.
Die Pflanze gibt die Wucht der Blaͤtter auf, und ſucht
Die Bluͤt' entgegen nur zu retten ihrer Frucht.
Gib auf den Blaͤtterſchwall! du kannſt ihn nicht erhalten;
Und laß die Bluͤte ſich in Himmelsluft entfalten!
146.
Iſt Geben ſeliger als Nehmen, wie man ſpricht;
Warum die Seligkeit gibſt du dir ſelber nicht?
Sag nicht, daß du genug nicht habeſt um zu geben;
Brauchs zum Wohlleben nicht! ein andrer brauchts zum Leben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |