Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.134. Am letzten Tag des Jahrs blick' ich zurück aufs ganze, Und leuchten seh' ich es gleich einem Gottesglanze. Es war nicht lauter Licht, nicht lauter reines Glück, Doch nicht ein Schatten blieb in meinem Sinn zurück. Die Freuden blühn mir noch, die Leiden sind erblichen, Und ins Gefühl des Danks ist alles ausgeglichen. Ich gab mit Lust der Welt das beste was ich hatte, Und freute mich zu sehn, daß sie's mit Dank erstatte. Nichts beßres wünsch' ich mir, als daß so hell und klar, Wie das vergangne, mir sei jedes künft'ge Jahr. 135. Am Neujahrsmorgen merkt man wol auf Schicksalszeichen; Glaubt' ich den meinigen, so müßt' ich schon erbleichen. Ich schlüpft', als ich aufstand, verkehrt in mein Gewand;
Als ich die Uhr nahm, fand ich daß sie stille stand. 134. Am letzten Tag des Jahrs blick' ich zuruͤck aufs ganze, Und leuchten ſeh' ich es gleich einem Gottesglanze. Es war nicht lauter Licht, nicht lauter reines Gluͤck, Doch nicht ein Schatten blieb in meinem Sinn zuruͤck. Die Freuden bluͤhn mir noch, die Leiden ſind erblichen, Und ins Gefuͤhl des Danks iſt alles ausgeglichen. Ich gab mit Luſt der Welt das beſte was ich hatte, Und freute mich zu ſehn, daß ſie's mit Dank erſtatte. Nichts beßres wuͤnſch' ich mir, als daß ſo hell und klar, Wie das vergangne, mir ſei jedes kuͤnft'ge Jahr. 135. Am Neujahrsmorgen merkt man wol auf Schickſalszeichen; Glaubt' ich den meinigen, ſo muͤßt' ich ſchon erbleichen. Ich ſchluͤpft', als ich aufſtand, verkehrt in mein Gewand;
Als ich die Uhr nahm, fand ich daß ſie ſtille ſtand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0356" n="346"/> <div n="2"> <head>134.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Am letzten Tag des Jahrs blick' ich zuruͤck aufs ganze,</l><lb/> <l>Und leuchten ſeh' ich es gleich einem Gottesglanze.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Es war nicht lauter Licht, nicht lauter reines Gluͤck,</l><lb/> <l>Doch nicht ein Schatten blieb in meinem Sinn zuruͤck.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Freuden bluͤhn mir noch, die Leiden ſind erblichen,</l><lb/> <l>Und ins Gefuͤhl des Danks iſt alles ausgeglichen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ich gab mit Luſt der Welt das beſte was ich hatte,</l><lb/> <l>Und freute mich zu ſehn, daß ſie's mit Dank erſtatte.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Nichts beßres wuͤnſch' ich mir, als daß ſo hell und klar,</l><lb/> <l>Wie das vergangne, mir ſei jedes kuͤnft'ge Jahr.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>135.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Am Neujahrsmorgen merkt man wol auf Schickſalszeichen;</l><lb/> <l>Glaubt' ich den meinigen, ſo muͤßt' ich ſchon erbleichen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ich ſchluͤpft', als ich aufſtand, verkehrt in mein Gewand;</l><lb/> <l>Als ich die Uhr nahm, fand ich daß ſie ſtille ſtand.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [346/0356]
134.
Am letzten Tag des Jahrs blick' ich zuruͤck aufs ganze,
Und leuchten ſeh' ich es gleich einem Gottesglanze.
Es war nicht lauter Licht, nicht lauter reines Gluͤck,
Doch nicht ein Schatten blieb in meinem Sinn zuruͤck.
Die Freuden bluͤhn mir noch, die Leiden ſind erblichen,
Und ins Gefuͤhl des Danks iſt alles ausgeglichen.
Ich gab mit Luſt der Welt das beſte was ich hatte,
Und freute mich zu ſehn, daß ſie's mit Dank erſtatte.
Nichts beßres wuͤnſch' ich mir, als daß ſo hell und klar,
Wie das vergangne, mir ſei jedes kuͤnft'ge Jahr.
135.
Am Neujahrsmorgen merkt man wol auf Schickſalszeichen;
Glaubt' ich den meinigen, ſo muͤßt' ich ſchon erbleichen.
Ich ſchluͤpft', als ich aufſtand, verkehrt in mein Gewand;
Als ich die Uhr nahm, fand ich daß ſie ſtille ſtand.
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