Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
49.
Wann ist ein Gleichniß gut? Wenn man soweit es führt,
Als sein Vermögen reicht, und man die Wirkung spürt.
Wenn es zu früh stehn bleibt, erscheint es schwach und zahm;
Und wenn zuweit mans treibt, wird es bekanntlich lahm.
Die Näh zerstört den Schein, von fern ist alles gleich,
In rechter Mitte nur ist es beziehungsreich.

50.
Mit Worten malt man auch; mal' immer aus den Schalen
Der Fantasie, was sich nur läßt durch Worte malen!
Sei es ein Herzgefühl, ein Sinnengegenstand;
Je schwieriger, je mehr zeigt er die Künstlerhand.
Doch ganz unkünstlerisch ist es, ein Wort an Sachen
Verlieren, die nicht kann das Wort anschaulich machen.

49.
Wann iſt ein Gleichniß gut? Wenn man ſoweit es fuͤhrt,
Als ſein Vermoͤgen reicht, und man die Wirkung ſpuͤrt.
Wenn es zu fruͤh ſtehn bleibt, erſcheint es ſchwach und zahm;
Und wenn zuweit mans treibt, wird es bekanntlich lahm.
Die Naͤh zerſtoͤrt den Schein, von fern iſt alles gleich,
In rechter Mitte nur iſt es beziehungsreich.

50.
Mit Worten malt man auch; mal' immer aus den Schalen
Der Fantaſie, was ſich nur laͤßt durch Worte malen!
Sei es ein Herzgefuͤhl, ein Sinnengegenſtand;
Je ſchwieriger, je mehr zeigt er die Kuͤnſtlerhand.
Doch ganz unkuͤnſtleriſch iſt es, ein Wort an Sachen
Verlieren, die nicht kann das Wort anſchaulich machen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0272" n="262"/>
        <div n="2">
          <head>49.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Wann i&#x017F;t ein Gleichniß gut? Wenn man &#x017F;oweit es fu&#x0364;hrt,</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;ein Vermo&#x0364;gen reicht, und man die Wirkung &#x017F;pu&#x0364;rt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Wenn es zu fru&#x0364;h &#x017F;tehn bleibt, er&#x017F;cheint es &#x017F;chwach und zahm;</l><lb/>
              <l>Und wenn zuweit mans treibt, wird es bekanntlich lahm.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Die Na&#x0364;h zer&#x017F;to&#x0364;rt den Schein, von fern i&#x017F;t alles gleich,</l><lb/>
              <l>In rechter Mitte nur i&#x017F;t es beziehungsreich.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>50.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Mit Worten malt man auch; mal' immer aus den Schalen</l><lb/>
              <l>Der Fanta&#x017F;ie, was &#x017F;ich nur la&#x0364;ßt durch Worte malen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Sei es ein Herzgefu&#x0364;hl, ein Sinnengegen&#x017F;tand;</l><lb/>
              <l>Je &#x017F;chwieriger, je mehr zeigt er die Ku&#x0364;n&#x017F;tlerhand.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Doch ganz unku&#x0364;n&#x017F;tleri&#x017F;ch i&#x017F;t es, ein Wort an Sachen</l><lb/>
              <l>Verlieren, die nicht kann das Wort an&#x017F;chaulich machen.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0272] 49. Wann iſt ein Gleichniß gut? Wenn man ſoweit es fuͤhrt, Als ſein Vermoͤgen reicht, und man die Wirkung ſpuͤrt. Wenn es zu fruͤh ſtehn bleibt, erſcheint es ſchwach und zahm; Und wenn zuweit mans treibt, wird es bekanntlich lahm. Die Naͤh zerſtoͤrt den Schein, von fern iſt alles gleich, In rechter Mitte nur iſt es beziehungsreich. 50. Mit Worten malt man auch; mal' immer aus den Schalen Der Fantaſie, was ſich nur laͤßt durch Worte malen! Sei es ein Herzgefuͤhl, ein Sinnengegenſtand; Je ſchwieriger, je mehr zeigt er die Kuͤnſtlerhand. Doch ganz unkuͤnſtleriſch iſt es, ein Wort an Sachen Verlieren, die nicht kann das Wort anſchaulich machen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/272
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/272>, abgerufen am 21.11.2024.