Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.32. Jemehr die Liebe gibt, jemehr empfängt sie wieder; Darum versiegen nie des echten Dichters Lieder. Wie sich der Erdschooß nie erschöpft an Lust und Glück; Denn alles was er gibt, fließt auch in ihn zurück. 33. Was deine Seele denkt, was dein Gemüt empfindet, Wenn nun das rechte Wort dazu die Sprache findet; Wie schwankend ist das Wort, wie schillerig vieldeutig, Und eben dadurch auch wie reich und vielausbeutig! Das allereinfachste, in welchem nur Ein Sinn Liegen zu können scheint, vielfachster liegt darinn. Das merkest du zumeist, wenn du dir zum Ergetzen
In deine Sprache willst aus fremder übersetzen. 32. Jemehr die Liebe gibt, jemehr empfaͤngt ſie wieder; Darum verſiegen nie des echten Dichters Lieder. Wie ſich der Erdſchooß nie erſchoͤpft an Luſt und Gluͤck; Denn alles was er gibt, fließt auch in ihn zuruͤck. 33. Was deine Seele denkt, was dein Gemuͤt empfindet, Wenn nun das rechte Wort dazu die Sprache findet; Wie ſchwankend iſt das Wort, wie ſchillerig vieldeutig, Und eben dadurch auch wie reich und vielausbeutig! Das allereinfachſte, in welchem nur Ein Sinn Liegen zu koͤnnen ſcheint, vielfachſter liegt darinn. Das merkeſt du zumeiſt, wenn du dir zum Ergetzen
In deine Sprache willſt aus fremder uͤberſetzen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0260" n="250"/> <div n="2"> <head>32.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Jemehr die Liebe gibt, jemehr empfaͤngt ſie wieder;</l><lb/> <l>Darum verſiegen nie des echten Dichters Lieder.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie ſich der Erdſchooß nie erſchoͤpft an Luſt und Gluͤck;</l><lb/> <l>Denn alles was er gibt, fließt auch in ihn zuruͤck.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>33.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Was deine Seele denkt, was dein Gemuͤt empfindet,</l><lb/> <l>Wenn nun das rechte Wort dazu die Sprache findet;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie ſchwankend iſt das Wort, wie ſchillerig vieldeutig,</l><lb/> <l>Und eben dadurch auch wie reich und vielausbeutig!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Das allereinfachſte, in welchem nur Ein Sinn</l><lb/> <l>Liegen zu koͤnnen ſcheint, vielfachſter liegt darinn.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Das merkeſt du zumeiſt, wenn du dir zum Ergetzen</l><lb/> <l>In deine Sprache willſt aus fremder uͤberſetzen.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [250/0260]
32.
Jemehr die Liebe gibt, jemehr empfaͤngt ſie wieder;
Darum verſiegen nie des echten Dichters Lieder.
Wie ſich der Erdſchooß nie erſchoͤpft an Luſt und Gluͤck;
Denn alles was er gibt, fließt auch in ihn zuruͤck.
33.
Was deine Seele denkt, was dein Gemuͤt empfindet,
Wenn nun das rechte Wort dazu die Sprache findet;
Wie ſchwankend iſt das Wort, wie ſchillerig vieldeutig,
Und eben dadurch auch wie reich und vielausbeutig!
Das allereinfachſte, in welchem nur Ein Sinn
Liegen zu koͤnnen ſcheint, vielfachſter liegt darinn.
Das merkeſt du zumeiſt, wenn du dir zum Ergetzen
In deine Sprache willſt aus fremder uͤberſetzen.
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