Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.20. Nicht gnug ists, selber nicht zu hassen noch zu neiden; Du mußt den Neid, den Haß von andern auch vermeiden. Des Hasses Blick ist Frost, des Neides Blick ist Glut; O Liebespflanze, dir ist Glut und Frost nicht gut. Gott geb' ein Plätzchen dir, wo rein du könntest sprossen, Von Liebesstral besonnt, von Freundschaftsthau begossen; Wo dich kein Blick erreicht, wo dich kein Hauch berührt, Von dem nicht Geist geweckt, und Andacht wird geschürt. 21. Der Weise ward befragt: Was wünschest du für Gaben? Er sprach: Nichts wünsch' ich als zu wünschen nichts zu haben. Und noch einmal befragt: Was also wünschest du? Sprach er: Mein einz'ger Wunsch ist meiner Wünsche Ruh. 20. Nicht gnug iſts, ſelber nicht zu haſſen noch zu neiden; Du mußt den Neid, den Haß von andern auch vermeiden. Des Haſſes Blick iſt Froſt, des Neides Blick iſt Glut; O Liebespflanze, dir iſt Glut und Froſt nicht gut. Gott geb' ein Plaͤtzchen dir, wo rein du koͤnnteſt ſproſſen, Von Liebesſtral beſonnt, von Freundſchaftsthau begoſſen; Wo dich kein Blick erreicht, wo dich kein Hauch beruͤhrt, Von dem nicht Geiſt geweckt, und Andacht wird geſchuͤrt. 21. Der Weiſe ward befragt: Was wuͤnſcheſt du fuͤr Gaben? Er ſprach: Nichts wuͤnſch' ich als zu wuͤnſchen nichts zu haben. Und noch einmal befragt: Was alſo wuͤnſcheſt du? Sprach er: Mein einz'ger Wunſch iſt meiner Wuͤnſche Ruh. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0130" n="120"/> <div n="2"> <head>20.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Nicht gnug iſts, ſelber nicht zu haſſen noch zu neiden;</l><lb/> <l>Du mußt den Neid, den Haß von andern auch vermeiden.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Des Haſſes Blick iſt Froſt, des Neides Blick iſt Glut;</l><lb/> <l>O Liebespflanze, dir iſt Glut und Froſt nicht gut.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Gott geb' ein Plaͤtzchen dir, wo rein du koͤnnteſt ſproſſen,</l><lb/> <l>Von Liebesſtral beſonnt, von Freundſchaftsthau begoſſen;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wo dich kein Blick erreicht, wo dich kein Hauch beruͤhrt,</l><lb/> <l>Von dem nicht Geiſt geweckt, und Andacht wird geſchuͤrt.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>21.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Der Weiſe ward befragt: Was wuͤnſcheſt du fuͤr Gaben?</l><lb/> <l>Er ſprach: Nichts wuͤnſch' ich als zu wuͤnſchen nichts zu haben.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und noch einmal befragt: Was alſo wuͤnſcheſt du?</l><lb/> <l>Sprach er: Mein einz'ger Wunſch iſt meiner Wuͤnſche Ruh.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [120/0130]
20.
Nicht gnug iſts, ſelber nicht zu haſſen noch zu neiden;
Du mußt den Neid, den Haß von andern auch vermeiden.
Des Haſſes Blick iſt Froſt, des Neides Blick iſt Glut;
O Liebespflanze, dir iſt Glut und Froſt nicht gut.
Gott geb' ein Plaͤtzchen dir, wo rein du koͤnnteſt ſproſſen,
Von Liebesſtral beſonnt, von Freundſchaftsthau begoſſen;
Wo dich kein Blick erreicht, wo dich kein Hauch beruͤhrt,
Von dem nicht Geiſt geweckt, und Andacht wird geſchuͤrt.
21.
Der Weiſe ward befragt: Was wuͤnſcheſt du fuͤr Gaben?
Er ſprach: Nichts wuͤnſch' ich als zu wuͤnſchen nichts zu haben.
Und noch einmal befragt: Was alſo wuͤnſcheſt du?
Sprach er: Mein einz'ger Wunſch iſt meiner Wuͤnſche Ruh.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/130>, abgerufen am 25.07.2024. |