Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.65. Ein hohes Räthsel ists, wie alle sind berufen Zum Höchsten, keiner doch ersteiget alle Stufen; Wie mancher auch vorlieb mit einer untern nimmt, Und unbescheiden den wol nennt, der höher klimmt. Doch weislich hats gefügt, der höher sitzt als alle, Daß jeder, wo er steht und stehn kann, sich gefalle; Daß jeder gleich entfernt von sich das Höchste sieht, Und es in seiner Weis' heran, herunter, zieht. Und wen hinan es zieht, der zieht ihm nach, und sieht, Je höher hin er folgt, je höher hin es flieht. Hoch hebe deinen Geist zum Ew'gen ein Verlangen, Doch fühle dich mit Lust von Endlichkeit umfangen. Alles ist gar zu viel, und gar zu wenig Nichts; Die Malerei bedarf der Schatten und des Lichts. 65. Ein hohes Raͤthſel iſts, wie alle ſind berufen Zum Hoͤchſten, keiner doch erſteiget alle Stufen; Wie mancher auch vorlieb mit einer untern nimmt, Und unbeſcheiden den wol nennt, der hoͤher klimmt. Doch weislich hats gefuͤgt, der hoͤher ſitzt als alle, Daß jeder, wo er ſteht und ſtehn kann, ſich gefalle; Daß jeder gleich entfernt von ſich das Hoͤchſte ſieht, Und es in ſeiner Weiſ' heran, herunter, zieht. Und wen hinan es zieht, der zieht ihm nach, und ſieht, Je hoͤher hin er folgt, je hoͤher hin es flieht. Hoch hebe deinen Geiſt zum Ew'gen ein Verlangen, Doch fuͤhle dich mit Luſt von Endlichkeit umfangen. Alles iſt gar zu viel, und gar zu wenig Nichts; Die Malerei bedarf der Schatten und des Lichts. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0074" n="64"/> <div n="2"> <head>65.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ein hohes Raͤthſel iſts, wie alle ſind berufen</l><lb/> <l>Zum Hoͤchſten, keiner doch erſteiget alle Stufen;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie mancher auch vorlieb mit einer untern nimmt,</l><lb/> <l>Und unbeſcheiden den wol nennt, der hoͤher klimmt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch weislich hats gefuͤgt, der hoͤher ſitzt als alle,</l><lb/> <l>Daß jeder, wo er ſteht und ſtehn kann, ſich gefalle;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Daß jeder gleich entfernt von ſich das Hoͤchſte ſieht,</l><lb/> <l>Und es in ſeiner Weiſ' heran, herunter, zieht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und wen hinan es zieht, der zieht ihm nach, und ſieht,</l><lb/> <l>Je hoͤher hin er folgt, je hoͤher hin es flieht.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Hoch hebe deinen Geiſt zum Ew'gen ein Verlangen,</l><lb/> <l>Doch fuͤhle dich mit Luſt von Endlichkeit umfangen.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Alles iſt gar zu viel, und gar zu wenig Nichts;</l><lb/> <l>Die Malerei bedarf der Schatten und des Lichts.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [64/0074]
65.
Ein hohes Raͤthſel iſts, wie alle ſind berufen
Zum Hoͤchſten, keiner doch erſteiget alle Stufen;
Wie mancher auch vorlieb mit einer untern nimmt,
Und unbeſcheiden den wol nennt, der hoͤher klimmt.
Doch weislich hats gefuͤgt, der hoͤher ſitzt als alle,
Daß jeder, wo er ſteht und ſtehn kann, ſich gefalle;
Daß jeder gleich entfernt von ſich das Hoͤchſte ſieht,
Und es in ſeiner Weiſ' heran, herunter, zieht.
Und wen hinan es zieht, der zieht ihm nach, und ſieht,
Je hoͤher hin er folgt, je hoͤher hin es flieht.
Hoch hebe deinen Geiſt zum Ew'gen ein Verlangen,
Doch fuͤhle dich mit Luſt von Endlichkeit umfangen.
Alles iſt gar zu viel, und gar zu wenig Nichts;
Die Malerei bedarf der Schatten und des Lichts.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |