Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.81. Schwer ist im Wechselnden zu sehn ein Bleibendes, Im Umgetriebenen ein ruhig Treibendes. Von außen ist es schwer, und schwerer noch von innen, Wo Bild in Bild wie Wog' in Woge scheint zu rinnen. Liegts an den Dingen, liegt an dir nur das Gebrechen, Daß immer anders dich die äußern Ding' ansprechen? Sie geben Antwort, wie du fragst, und anders nicht; Drum liegt es wol am Geist, wie er die Ding' anspricht. Darum ists Noth, in dir dich selber zu vereinen, Um nicht in jedem Nu ein andrer dir zu scheinen; Kein Spiegel und kein Wachs, darein sich wechselnd drückt Dies Bild und jenes, das verunziert oder schmückt; In der Vorstellungen, in der Eindrücke Schwanken Zu fühlen einen Kern feststehender Gedanken; Daß du derselbe heut, in andrer Form verborgen, Bist, der du gestern warst, und der du seyn wirst morgen. 81. Schwer iſt im Wechſelnden zu ſehn ein Bleibendes, Im Umgetriebenen ein ruhig Treibendes. Von außen iſt es ſchwer, und ſchwerer noch von innen, Wo Bild in Bild wie Wog' in Woge ſcheint zu rinnen. Liegts an den Dingen, liegt an dir nur das Gebrechen, Daß immer anders dich die aͤußern Ding' anſprechen? Sie geben Antwort, wie du fragſt, und anders nicht; Drum liegt es wol am Geiſt, wie er die Ding' anſpricht. Darum iſts Noth, in dir dich ſelber zu vereinen, Um nicht in jedem Nu ein andrer dir zu ſcheinen; Kein Spiegel und kein Wachs, darein ſich wechſelnd druͤckt Dies Bild und jenes, das verunziert oder ſchmuͤckt; In der Vorſtellungen, in der Eindruͤcke Schwanken Zu fuͤhlen einen Kern feſtſtehender Gedanken; Daß du derſelbe heut, in andrer Form verborgen, Biſt, der du geſtern warſt, und der du ſeyn wirſt morgen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0292" n="282"/> <div n="2"> <head>81.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Schwer iſt im Wechſelnden zu ſehn ein Bleibendes,</l><lb/> <l>Im Umgetriebenen ein ruhig Treibendes.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Von außen iſt es ſchwer, und ſchwerer noch von innen,</l><lb/> <l>Wo Bild in Bild wie Wog' in Woge ſcheint zu rinnen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Liegts an den Dingen, liegt an dir nur das Gebrechen,</l><lb/> <l>Daß immer anders dich die aͤußern Ding' anſprechen?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sie geben Antwort, wie du fragſt, und anders nicht;</l><lb/> <l>Drum liegt es wol am Geiſt, wie er die Ding' anſpricht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Darum iſts Noth, in dir dich ſelber zu vereinen,</l><lb/> <l>Um nicht in jedem Nu ein andrer dir zu ſcheinen;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Kein Spiegel und kein Wachs, darein ſich wechſelnd druͤckt</l><lb/> <l>Dies Bild und jenes, das verunziert oder ſchmuͤckt;</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>In der Vorſtellungen, in der Eindruͤcke Schwanken</l><lb/> <l>Zu fuͤhlen einen Kern feſtſtehender Gedanken;</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Daß du derſelbe heut, in andrer Form verborgen,</l><lb/> <l>Biſt, der du geſtern warſt, und der du ſeyn wirſt morgen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [282/0292]
81.
Schwer iſt im Wechſelnden zu ſehn ein Bleibendes,
Im Umgetriebenen ein ruhig Treibendes.
Von außen iſt es ſchwer, und ſchwerer noch von innen,
Wo Bild in Bild wie Wog' in Woge ſcheint zu rinnen.
Liegts an den Dingen, liegt an dir nur das Gebrechen,
Daß immer anders dich die aͤußern Ding' anſprechen?
Sie geben Antwort, wie du fragſt, und anders nicht;
Drum liegt es wol am Geiſt, wie er die Ding' anſpricht.
Darum iſts Noth, in dir dich ſelber zu vereinen,
Um nicht in jedem Nu ein andrer dir zu ſcheinen;
Kein Spiegel und kein Wachs, darein ſich wechſelnd druͤckt
Dies Bild und jenes, das verunziert oder ſchmuͤckt;
In der Vorſtellungen, in der Eindruͤcke Schwanken
Zu fuͤhlen einen Kern feſtſtehender Gedanken;
Daß du derſelbe heut, in andrer Form verborgen,
Biſt, der du geſtern warſt, und der du ſeyn wirſt morgen.
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