Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.18. Zwölf Jahre war ich alt, da hatt' ich ohne Fleiß Fast alles und noch mehr gelernt, als ich nun weiß. Ich hatte schon die Frucht, wovon den Ruhm nun haben Manch andre, die zuerst ans Licht der Welt sie gaben. Und rühm' ich dessen mich? Ich rühme nur die Zeit, Durch deren neuen Trieb das Neu' allein gedeiht. Gedanken kommen wie des Frühlings goldner Duft, Sie sind nicht mein noch dein, sie schwimmen in der Luft. Sei dankbar, daß die Welt so reich dir dargeboten Des besten Wissens Schatz von Lebenden und Todten. Du hast ihn nicht gesucht, du hast ihn nur gefunden; Nun spend' ihn liebend aus und sei der Welt verbunden. 18. Zwoͤlf Jahre war ich alt, da hatt' ich ohne Fleiß Faſt alles und noch mehr gelernt, als ich nun weiß. Ich hatte ſchon die Frucht, wovon den Ruhm nun haben Manch andre, die zuerſt ans Licht der Welt ſie gaben. Und ruͤhm' ich deſſen mich? Ich ruͤhme nur die Zeit, Durch deren neuen Trieb das Neu' allein gedeiht. Gedanken kommen wie des Fruͤhlings goldner Duft, Sie ſind nicht mein noch dein, ſie ſchwimmen in der Luft. Sei dankbar, daß die Welt ſo reich dir dargeboten Des beſten Wiſſens Schatz von Lebenden und Todten. Du haſt ihn nicht geſucht, du haſt ihn nur gefunden; Nun ſpend' ihn liebend aus und ſei der Welt verbunden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0027" n="17"/> <div n="2"> <head>18.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zwoͤlf Jahre war ich alt, da hatt' ich ohne Fleiß</l><lb/> <l>Faſt alles und noch mehr gelernt, als ich nun weiß.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ich hatte ſchon die Frucht, wovon den Ruhm nun haben</l><lb/> <l>Manch andre, die zuerſt ans Licht der Welt ſie gaben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und ruͤhm' ich deſſen mich? Ich ruͤhme nur die Zeit,</l><lb/> <l>Durch deren neuen Trieb das Neu' allein gedeiht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Gedanken kommen wie des Fruͤhlings goldner Duft,</l><lb/> <l>Sie ſind nicht mein noch dein, ſie ſchwimmen in der Luft.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Sei dankbar, daß die Welt ſo reich dir dargeboten</l><lb/> <l>Des beſten Wiſſens Schatz von Lebenden und Todten.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Du haſt ihn nicht geſucht, du haſt ihn nur gefunden;</l><lb/> <l>Nun ſpend' ihn liebend aus und ſei der Welt verbunden.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [17/0027]
18.
Zwoͤlf Jahre war ich alt, da hatt' ich ohne Fleiß
Faſt alles und noch mehr gelernt, als ich nun weiß.
Ich hatte ſchon die Frucht, wovon den Ruhm nun haben
Manch andre, die zuerſt ans Licht der Welt ſie gaben.
Und ruͤhm' ich deſſen mich? Ich ruͤhme nur die Zeit,
Durch deren neuen Trieb das Neu' allein gedeiht.
Gedanken kommen wie des Fruͤhlings goldner Duft,
Sie ſind nicht mein noch dein, ſie ſchwimmen in der Luft.
Sei dankbar, daß die Welt ſo reich dir dargeboten
Des beſten Wiſſens Schatz von Lebenden und Todten.
Du haſt ihn nicht geſucht, du haſt ihn nur gefunden;
Nun ſpend' ihn liebend aus und ſei der Welt verbunden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/27 |
Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/27>, abgerufen am 16.02.2025. |