Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.38. Du siehst mit Augen nur und hörest nur mit Ohren; Geht Sehn und Hören drum mit Aug' und Ohr verloren? Nein, nur die Art zu sehn, zu hören, nicht die Kraft Zu sehn, zu hören, die der Seel' ist wesenhaft; Die Kraft, in der sie schwebt, in der sie ruht und fließt, Sich ausgießt, in sich selbst sich schließt und sich genießt; Die Kraft, die denkt im Haupt und dir im Herzen fühlt, Die auch mit Hirn und Blut nicht ist hinweggespült; Die, ist ihr jeder Weg der Aeußrung abgeschnitten, Ganz in sich selber ruht in ihrer eignen Mitten; Und eben, wann sie sich nicht außen thätig zeigt, In sich hinein, hinab, hinauf zur Gottheit steigt. Wie wann die Blume Nachts sich schließt, sie nun in sich Gesammelt hat den Duft, der Tags im Wind entwich. 38. Du ſiehſt mit Augen nur und hoͤreſt nur mit Ohren; Geht Sehn und Hoͤren drum mit Aug' und Ohr verloren? Nein, nur die Art zu ſehn, zu hoͤren, nicht die Kraft Zu ſehn, zu hoͤren, die der Seel' iſt weſenhaft; Die Kraft, in der ſie ſchwebt, in der ſie ruht und fließt, Sich ausgießt, in ſich ſelbſt ſich ſchließt und ſich genießt; Die Kraft, die denkt im Haupt und dir im Herzen fuͤhlt, Die auch mit Hirn und Blut nicht iſt hinweggeſpuͤlt; Die, iſt ihr jeder Weg der Aeußrung abgeſchnitten, Ganz in ſich ſelber ruht in ihrer eignen Mitten; Und eben, wann ſie ſich nicht außen thaͤtig zeigt, In ſich hinein, hinab, hinauf zur Gottheit ſteigt. Wie wann die Blume Nachts ſich ſchließt, ſie nun in ſich Geſammelt hat den Duft, der Tags im Wind entwich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0152" n="142"/> <div n="2"> <head>38.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du ſiehſt mit Augen nur und hoͤreſt nur mit Ohren;</l><lb/> <l>Geht Sehn und Hoͤren drum mit Aug' und Ohr verloren?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Nein, nur die Art zu ſehn, zu hoͤren, nicht die Kraft</l><lb/> <l>Zu ſehn, zu hoͤren, die der Seel' iſt weſenhaft;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Kraft, in der ſie ſchwebt, in der ſie ruht und fließt,</l><lb/> <l>Sich ausgießt, in ſich ſelbſt ſich ſchließt und ſich genießt;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Kraft, die denkt im Haupt und dir im Herzen fuͤhlt,</l><lb/> <l>Die auch mit Hirn und Blut nicht iſt hinweggeſpuͤlt;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Die, iſt ihr jeder Weg der Aeußrung abgeſchnitten,</l><lb/> <l>Ganz in ſich ſelber ruht in ihrer eignen Mitten;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Und eben, wann ſie ſich nicht außen thaͤtig zeigt,</l><lb/> <l>In ſich hinein, hinab, hinauf zur Gottheit ſteigt.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wie wann die Blume Nachts ſich ſchließt, ſie nun in ſich</l><lb/> <l>Geſammelt hat den Duft, der Tags im Wind entwich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0152]
38.
Du ſiehſt mit Augen nur und hoͤreſt nur mit Ohren;
Geht Sehn und Hoͤren drum mit Aug' und Ohr verloren?
Nein, nur die Art zu ſehn, zu hoͤren, nicht die Kraft
Zu ſehn, zu hoͤren, die der Seel' iſt weſenhaft;
Die Kraft, in der ſie ſchwebt, in der ſie ruht und fließt,
Sich ausgießt, in ſich ſelbſt ſich ſchließt und ſich genießt;
Die Kraft, die denkt im Haupt und dir im Herzen fuͤhlt,
Die auch mit Hirn und Blut nicht iſt hinweggeſpuͤlt;
Die, iſt ihr jeder Weg der Aeußrung abgeſchnitten,
Ganz in ſich ſelber ruht in ihrer eignen Mitten;
Und eben, wann ſie ſich nicht außen thaͤtig zeigt,
In ſich hinein, hinab, hinauf zur Gottheit ſteigt.
Wie wann die Blume Nachts ſich ſchließt, ſie nun in ſich
Geſammelt hat den Duft, der Tags im Wind entwich.
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