Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.97. Wie gegen Morgen, wann die Nacht die Macht verlor, Allmählich dünner um die Sinne wird der Flor Des Schlummers, der dir hat die Außenwelt verhängt, Daß sie nun ein zu dir sich durch die Ritzen drängt; Und heller hinterm Flor schon das Bewußtseyn dämmert Von dem was gegen Ohr und Auge dumpf dir hämmert; Des Wachens Bildertanz dem Traumgestaltenchor Sich mischt, bis dieser ganz in jenem sich verlor: So gegen's Ende, wann die Macht verliert das Leben, Und sich der Schleier will von einem Jenseits heben, Tritt in dies Traumgewirr, das schon verworrner kreist, Von höhrem Wachen auch ein halbverhüllter Geist; Daß mit dem Seelenaug' und mit dem Herzensohr Du siehest, hörst, was du nicht hörtest, sahst zuvor. 97. Wie gegen Morgen, wann die Nacht die Macht verlor, Allmaͤhlich duͤnner um die Sinne wird der Flor Des Schlummers, der dir hat die Außenwelt verhaͤngt, Daß ſie nun ein zu dir ſich durch die Ritzen draͤngt; Und heller hinterm Flor ſchon das Bewußtſeyn daͤmmert Von dem was gegen Ohr und Auge dumpf dir haͤmmert; Des Wachens Bildertanz dem Traumgeſtaltenchor Sich miſcht, bis dieſer ganz in jenem ſich verlor: So gegen's Ende, wann die Macht verliert das Leben, Und ſich der Schleier will von einem Jenſeits heben, Tritt in dies Traumgewirr, das ſchon verworrner kreiſt, Von hoͤhrem Wachen auch ein halbverhuͤllter Geiſt; Daß mit dem Seelenaug' und mit dem Herzensohr Du ſieheſt, hoͤrſt, was du nicht hoͤrteſt, ſahſt zuvor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0110" n="100"/> <div n="2"> <head>97.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie gegen Morgen, wann die Nacht die Macht verlor,</l><lb/> <l>Allmaͤhlich duͤnner um die Sinne wird der Flor</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Des Schlummers, der dir hat die Außenwelt verhaͤngt,</l><lb/> <l>Daß ſie nun ein zu dir ſich durch die Ritzen draͤngt;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und heller hinterm Flor ſchon das Bewußtſeyn daͤmmert</l><lb/> <l>Von dem was gegen Ohr und Auge dumpf dir haͤmmert;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Des Wachens Bildertanz dem Traumgeſtaltenchor</l><lb/> <l>Sich miſcht, bis dieſer ganz in jenem ſich verlor:</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>So gegen's Ende, wann die Macht verliert das Leben,</l><lb/> <l>Und ſich der Schleier will von einem Jenſeits heben,</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Tritt in dies Traumgewirr, das ſchon verworrner kreiſt,</l><lb/> <l>Von hoͤhrem Wachen auch ein halbverhuͤllter Geiſt;</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Daß mit dem Seelenaug' und mit dem Herzensohr</l><lb/> <l>Du ſieheſt, hoͤrſt, was du nicht hoͤrteſt, ſahſt zuvor.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0110]
97.
Wie gegen Morgen, wann die Nacht die Macht verlor,
Allmaͤhlich duͤnner um die Sinne wird der Flor
Des Schlummers, der dir hat die Außenwelt verhaͤngt,
Daß ſie nun ein zu dir ſich durch die Ritzen draͤngt;
Und heller hinterm Flor ſchon das Bewußtſeyn daͤmmert
Von dem was gegen Ohr und Auge dumpf dir haͤmmert;
Des Wachens Bildertanz dem Traumgeſtaltenchor
Sich miſcht, bis dieſer ganz in jenem ſich verlor:
So gegen's Ende, wann die Macht verliert das Leben,
Und ſich der Schleier will von einem Jenſeits heben,
Tritt in dies Traumgewirr, das ſchon verworrner kreiſt,
Von hoͤhrem Wachen auch ein halbverhuͤllter Geiſt;
Daß mit dem Seelenaug' und mit dem Herzensohr
Du ſieheſt, hoͤrſt, was du nicht hoͤrteſt, ſahſt zuvor.
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