Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.81. Bewiesen hat ein Freund von Geisterseherei, Daß jeder Dichter auch ein Geisterseher sei. Für einen Dichter hab' ich mich bisher gehalten, Und wohl hab' ich geseh'n auch geistige Gestalten. Doch Geister, was die Herrn mit ihren Geistern meinen, Nie sah ich einen Geist, und will auch nie seh'n einen. Entweder bin ich denn kein Dichter, seh' ich ein, Oder ein Dichter muß kein Geisterseher seyn. 82. Umsonst ereiferst du dich gegen etwas heftig, Das todt für dich, doch für die Welt ist zauberkräftig. Ein Wirkliches ist da, das Wirkungen verkünden, Nicht läugnen magst du es, nur suchen zu ergründen. Ob es ein weißer nun, ob schwarzer Zauber sei, Begreifen mußt du ihn, so bist du zauberfrei. 81. Bewieſen hat ein Freund von Geiſterſeherei, Daß jeder Dichter auch ein Geiſterſeher ſei. Fuͤr einen Dichter hab' ich mich bisher gehalten, Und wohl hab' ich geſeh'n auch geiſtige Geſtalten. Doch Geiſter, was die Herrn mit ihren Geiſtern meinen, Nie ſah ich einen Geiſt, und will auch nie ſeh'n einen. Entweder bin ich denn kein Dichter, ſeh' ich ein, Oder ein Dichter muß kein Geiſterſeher ſeyn. 82. Umſonſt ereiferſt du dich gegen etwas heftig, Das todt fuͤr dich, doch fuͤr die Welt iſt zauberkraͤftig. Ein Wirkliches iſt da, das Wirkungen verkuͤnden, Nicht laͤugnen magſt du es, nur ſuchen zu ergruͤnden. Ob es ein weißer nun, ob ſchwarzer Zauber ſei, Begreifen mußt du ihn, ſo biſt du zauberfrei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0332" n="322"/> <div n="2"> <head>81.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Bewieſen hat ein Freund von Geiſterſeherei,</l><lb/> <l>Daß jeder Dichter auch ein Geiſterſeher ſei.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Fuͤr einen Dichter hab' ich mich bisher gehalten,</l><lb/> <l>Und wohl hab' ich geſeh'n auch geiſtige Geſtalten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch Geiſter, was die Herrn mit ihren Geiſtern meinen,</l><lb/> <l>Nie ſah ich einen Geiſt, und will auch nie ſeh'n einen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Entweder bin ich denn kein Dichter, ſeh' ich ein,</l><lb/> <l>Oder ein Dichter muß kein Geiſterſeher ſeyn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>82.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Umſonſt ereiferſt du dich gegen etwas heftig,</l><lb/> <l>Das todt fuͤr dich, doch fuͤr die Welt iſt zauberkraͤftig.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ein Wirkliches iſt da, das Wirkungen verkuͤnden,</l><lb/> <l>Nicht laͤugnen magſt du es, nur ſuchen zu ergruͤnden.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ob es ein weißer nun, ob ſchwarzer Zauber ſei,</l><lb/> <l>Begreifen mußt du ihn, ſo biſt du zauberfrei.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [322/0332]
81.
Bewieſen hat ein Freund von Geiſterſeherei,
Daß jeder Dichter auch ein Geiſterſeher ſei.
Fuͤr einen Dichter hab' ich mich bisher gehalten,
Und wohl hab' ich geſeh'n auch geiſtige Geſtalten.
Doch Geiſter, was die Herrn mit ihren Geiſtern meinen,
Nie ſah ich einen Geiſt, und will auch nie ſeh'n einen.
Entweder bin ich denn kein Dichter, ſeh' ich ein,
Oder ein Dichter muß kein Geiſterſeher ſeyn.
82.
Umſonſt ereiferſt du dich gegen etwas heftig,
Das todt fuͤr dich, doch fuͤr die Welt iſt zauberkraͤftig.
Ein Wirkliches iſt da, das Wirkungen verkuͤnden,
Nicht laͤugnen magſt du es, nur ſuchen zu ergruͤnden.
Ob es ein weißer nun, ob ſchwarzer Zauber ſei,
Begreifen mußt du ihn, ſo biſt du zauberfrei.
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