Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.61. Der Welt Anschauungen, der Dinge Sinnabdrücke, Sind schön daß sich damit das Haus der Seele schmücke. Je künstlerischer sie anordnet und verklärt Die Seele, je mehr Wonn' ihr Wohnhaus ihr gewährt. Doch keins der Bilder dient zu gründlicher Erbauung Wie das Altarbild nur geweihter Gottanschauung. Jeweiter seinen Glanz ergießt dis Mittelbild, Erfüllend immermehr das innere Gefild; Jeweiter tritt zurück das zeitliche Gewühl, Und geht beseligt auf in Ewigkeitsgefühl. Gedächtniswissenschaft, Dichtkunsteinbildungskraft, Sind vor der Seele Gottbewußtseyn kummerhaft. In ihm wird ihr, die sich gefühlt nach außen endlich, Ihr eigenst-innerstes Unsterbliches verständlich. 61. Der Welt Anſchauungen, der Dinge Sinnabdruͤcke, Sind ſchoͤn daß ſich damit das Haus der Seele ſchmuͤcke. Je kuͤnſtleriſcher ſie anordnet und verklaͤrt Die Seele, je mehr Wonn' ihr Wohnhaus ihr gewaͤhrt. Doch keins der Bilder dient zu gruͤndlicher Erbauung Wie das Altarbild nur geweihter Gottanſchauung. Jeweiter ſeinen Glanz ergießt dis Mittelbild, Erfuͤllend immermehr das innere Gefild; Jeweiter tritt zuruͤck das zeitliche Gewuͤhl, Und geht beſeligt auf in Ewigkeitsgefuͤhl. Gedaͤchtniswiſſenſchaft, Dichtkunſteinbildungskraft, Sind vor der Seele Gottbewußtſeyn kummerhaft. In ihm wird ihr, die ſich gefuͤhlt nach außen endlich, Ihr eigenſt-innerſtes Unſterbliches verſtaͤndlich. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0174" n="164"/> <div n="2"> <head>61.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Welt Anſchauungen, der Dinge Sinnabdruͤcke,</l><lb/> <l>Sind ſchoͤn daß ſich damit das Haus der Seele ſchmuͤcke.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Je kuͤnſtleriſcher ſie anordnet und verklaͤrt</l><lb/> <l>Die Seele, je mehr Wonn' ihr Wohnhaus ihr gewaͤhrt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch keins der Bilder dient zu gruͤndlicher Erbauung</l><lb/> <l>Wie das Altarbild nur geweihter Gottanſchauung.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Jeweiter ſeinen Glanz ergießt dis Mittelbild,</l><lb/> <l>Erfuͤllend immermehr das innere Gefild;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Jeweiter tritt zuruͤck das zeitliche Gewuͤhl,</l><lb/> <l>Und geht beſeligt auf in Ewigkeitsgefuͤhl.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Gedaͤchtniswiſſenſchaft, Dichtkunſteinbildungskraft,</l><lb/> <l>Sind vor der Seele Gottbewußtſeyn kummerhaft.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>In ihm wird ihr, die ſich gefuͤhlt nach außen endlich,</l><lb/> <l>Ihr eigenſt-innerſtes Unſterbliches verſtaͤndlich.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [164/0174]
61.
Der Welt Anſchauungen, der Dinge Sinnabdruͤcke,
Sind ſchoͤn daß ſich damit das Haus der Seele ſchmuͤcke.
Je kuͤnſtleriſcher ſie anordnet und verklaͤrt
Die Seele, je mehr Wonn' ihr Wohnhaus ihr gewaͤhrt.
Doch keins der Bilder dient zu gruͤndlicher Erbauung
Wie das Altarbild nur geweihter Gottanſchauung.
Jeweiter ſeinen Glanz ergießt dis Mittelbild,
Erfuͤllend immermehr das innere Gefild;
Jeweiter tritt zuruͤck das zeitliche Gewuͤhl,
Und geht beſeligt auf in Ewigkeitsgefuͤhl.
Gedaͤchtniswiſſenſchaft, Dichtkunſteinbildungskraft,
Sind vor der Seele Gottbewußtſeyn kummerhaft.
In ihm wird ihr, die ſich gefuͤhlt nach außen endlich,
Ihr eigenſt-innerſtes Unſterbliches verſtaͤndlich.
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