Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Denn deine Kraft muß sich stets auf ein Aeußres lenken, Und nie beruhigts dich, in Ruh dich zu versenken. Ja selbst die Ruh, die du entathmet schöpfst im Nu, Spornt dich der Thätigkeit mit neuem Athem zu. Und willst du auf dir selbst nur ausruhn augenblicklich, Gleich wirst du selbst dich abarbeiten unerquicklich. Wie eine Mühle sich zermalmet und zerrüttet, Wenn man dem leeren Gang nicht neues Korn aufschüttet. 130. Des Lebens Sorge läßt dir wenig Zeit zu denken An dich, und deinen Sinn aufs Ewige zu lenken. Lang sorgst du, sorgenlos zu haben eine Stunde; Dann wird, der Sorgen los, zu lang dir die Sekunde. Du gehst auf Zeitvertreib, auf Unterhaltung aus, Und statt der Sammlung suchst du der Zerstreuung Braus. Du findest wol nach Wunsch dein Innres nicht bestellt, Und wünschest lieber nicht zu sehn was dir misfällt. Denn deine Kraft muß ſich ſtets auf ein Aeußres lenken, Und nie beruhigts dich, in Ruh dich zu verſenken. Ja ſelbſt die Ruh, die du entathmet ſchoͤpfſt im Nu, Spornt dich der Thaͤtigkeit mit neuem Athem zu. Und willſt du auf dir ſelbſt nur ausruhn augenblicklich, Gleich wirſt du ſelbſt dich abarbeiten unerquicklich. Wie eine Muͤhle ſich zermalmet und zerruͤttet, Wenn man dem leeren Gang nicht neues Korn aufſchuͤttet. 130. Des Lebens Sorge laͤßt dir wenig Zeit zu denken An dich, und deinen Sinn aufs Ewige zu lenken. Lang ſorgſt du, ſorgenlos zu haben eine Stunde; Dann wird, der Sorgen los, zu lang dir die Sekunde. Du gehſt auf Zeitvertreib, auf Unterhaltung aus, Und ſtatt der Sammlung ſuchſt du der Zerſtreuung Braus. Du findeſt wol nach Wunſch dein Innres nicht beſtellt, Und wuͤnſcheſt lieber nicht zu ſehn was dir misfaͤllt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0232" n="222"/> <lg n="4"> <l>Denn deine Kraft muß ſich ſtets auf ein Aeußres lenken,</l><lb/> <l>Und nie beruhigts dich, in Ruh dich zu verſenken.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ja ſelbſt die Ruh, die du entathmet ſchoͤpfſt im Nu,</l><lb/> <l>Spornt dich der Thaͤtigkeit mit neuem Athem zu.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Und willſt du auf dir ſelbſt nur ausruhn augenblicklich,</l><lb/> <l>Gleich wirſt du ſelbſt dich abarbeiten unerquicklich.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Wie eine Muͤhle ſich zermalmet und zerruͤttet,</l><lb/> <l>Wenn man dem leeren Gang nicht neues Korn aufſchuͤttet.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>130.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Des Lebens Sorge laͤßt dir wenig Zeit zu denken</l><lb/> <l>An dich, und deinen Sinn aufs Ewige zu lenken.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Lang ſorgſt du, ſorgenlos zu haben eine Stunde;</l><lb/> <l>Dann wird, der Sorgen los, zu lang dir die Sekunde.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Du gehſt auf Zeitvertreib, auf Unterhaltung aus,</l><lb/> <l>Und ſtatt der Sammlung ſuchſt du der Zerſtreuung Braus.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Du findeſt wol nach Wunſch dein Innres nicht beſtellt,</l><lb/> <l>Und wuͤnſcheſt lieber nicht zu ſehn was dir misfaͤllt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0232]
Denn deine Kraft muß ſich ſtets auf ein Aeußres lenken,
Und nie beruhigts dich, in Ruh dich zu verſenken.
Ja ſelbſt die Ruh, die du entathmet ſchoͤpfſt im Nu,
Spornt dich der Thaͤtigkeit mit neuem Athem zu.
Und willſt du auf dir ſelbſt nur ausruhn augenblicklich,
Gleich wirſt du ſelbſt dich abarbeiten unerquicklich.
Wie eine Muͤhle ſich zermalmet und zerruͤttet,
Wenn man dem leeren Gang nicht neues Korn aufſchuͤttet.
130.
Des Lebens Sorge laͤßt dir wenig Zeit zu denken
An dich, und deinen Sinn aufs Ewige zu lenken.
Lang ſorgſt du, ſorgenlos zu haben eine Stunde;
Dann wird, der Sorgen los, zu lang dir die Sekunde.
Du gehſt auf Zeitvertreib, auf Unterhaltung aus,
Und ſtatt der Sammlung ſuchſt du der Zerſtreuung Braus.
Du findeſt wol nach Wunſch dein Innres nicht beſtellt,
Und wuͤnſcheſt lieber nicht zu ſehn was dir misfaͤllt.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/232>, abgerufen am 25.07.2024. |